Bochum. Laura Link aus Bochum hat mit Ende 20 ihr Abitur nachgeholt – neben Arbeit und Kind schaffte sie die Traumnote 1,0. Hier erzählt sie, wie.
Anmerkung der Redaktion: Dieser Artikel ist erstmals im Juni 2023 erschienen. Zum Jahresende haben wir ihn noch einmal hervorgeholt.
Später einmal Medizin studieren, diesen Traum hat Laura Link schon in der fünften Klasse. Doch lange hindert die 28-Jährige ihr fehlendes Abitur daran. „Möchte ich das wirklich noch nachholen?“, fragt sich die Bochumerin vor etwa zwei Jahren. Sie entscheidet sich dafür – und hat nun mit einem Schnitt von 1,0 gute Chancen, ihren Traum zu verwirklichen.
Bereits 2012 macht Link ihren Schulabschluss, sie lebt damals in Herne und besucht ein Gymnasium in Recklinghausen. Sie geht ein Jahr früher von der Schule ab, macht das berufliche Fach-Abitur: „Mit einem Schnitt von 1,1, mich hat damals schon gewurmt, dass es nicht die 1,0 war.“
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Bochumerin wird mit 18 Mutter – und holt ihr Abitur mit 1,0 nach
Laura Link wird früh Mutter, mit gerade einmal 18 Jahren. Sie entscheidet sich kurz nach der Geburt, Wirtschaftsingenieur an der Hochschule in Bochum zu studieren. „Zu dem Zeitpunkt war ich alleinerziehend. Meine Tochter war von morgens 6 Uhr bis abends in der Betreuung.“ Ein Grund dafür, dass sie ihr Studium schließlich abbricht. Sie macht eine Ausbildung zur Medizinisch-technischen Radiologieassistentin im Bergmannsheil, die sie wegen eines Bandscheibenvorfalls nicht abschließen kann.
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Es folgt ein weiteres Studium, obwohl Link zu diesem Zeitpunkt bereits gerne mit „Medizin“ anfangen würde. „Doch das war mit dem Fachabitur nicht möglich. Das Bewusstsein, dass ich das Vollabi nachmachen kann, hatte ich damals aber noch nicht. Ich dachte, das würde drei Jahre dauern“, erzählt Link.
Auch das zweite Studium beendet sie nicht, arbeitet stattdessen im Einzelhandel, wo sie auch vorher gejobbt hat. „Vor zwei Jahren habe ich mir dann gesagt: Ich versuche es jetzt noch einmal.“ Durch Freunde erfährt sie zu dem Zeitpunkt, dass es in Bochum am Ottilie-Schoenewald-Weiterbildungskolleg die Möglichkeit gibt, das Abitur im Bildungsgang Abendgymnasium zu machen. Genannt wird das „Abitur-online“ und dauert zwei Jahre. „Es wird mit einem Mix von Präsenz- und Distanzunterricht angeboten“, erklärt Schulleiter Carsten Beeker.
Abi nachgeholt: Unterricht und Prüfungen am Nachmittag und Abend
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Für die Bochumerin, die in Weitmar lebt, beginnt eine herausfordernde Zeit. Sie arbeitet 20 Stunden pro Woche – meist am Vormittag. Gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten kümmert sie sich um die mittlerweile zehnjährige Tochter, abends und wenn Zeit da ist, legt sie den Fokus auf die Schule.
„Jeden Dienstag und Mittwoch hatte ich von 17 bis 22 Uhr Unterricht“, erzählt Link. Die Klausuren waren – abgesehen von den Abschlussprüfungen – immer freitagabends. „Ich wusste, wenn ich das Abitur mit einem 1,0er-Schnitt schaffen will, muss ich viel Zeit investieren. Denn auch das, was andere Schülerinnen und Schüler am Vormittag in der Schule machen, musste ich nacharbeiten.“
Abitur nachholen in Bochum
Zweimal pro Schuljahr ist es möglich, am Ottilie-Schoenewald-Weiterbildungskolleg das Abitur, Fachabitur oder auch andere Schulabschlüsse nachzuholen. Es gibt keine Anmeldefristen.
„Schulbeginn ist zweimal jährlich im August und Februar. Interessierte können sich auch auch noch zu Schuljahresbeginn im August anmelden“, so Leiter Carsten Beeker.
Die Aufnahmebedingungen für die Bildungsgänge Abendgymnasium und Kolleg sind folgende: Das Mindestalter liegt bei 18 Jahren, ferner sind entweder eine Berufsausbildung oder eine Berufstätigkeit von zwei Jahren nachzuweisen. Als Berufstätigkeit werden auch Arbeitslosigkeit, Haushaltsführung und ähnliches angerechnet.
Der Aufwand hat sich gelohnt, sie ist
die beste Abiturientin ihres Jahrgangs.
847 von 900 Punkten stehen auf ihrem Zeugnis, streng genommen lautet ihr Schnitt sogar 0,9. Laura Link ist stolz, diesen Weg gegangen zu sein. Dass sie ihr Abitur jetzt erst gemacht hat, habe auch Vorteile. „Ich hatte mein Ziel klarer vor Augen. In meiner Jugend und jungen Erwachsenenzeit hatte ich diesen Fokus noch nicht.“
Die 28-Jährige hat sich für ein Medizinstudium an der Ruhr-Universität sowie an der Universität Duisburg-Essen beworben. „Bochum ist aber meine erste Wahl.“ Wegziehen würde sie wegen des Studiums nicht, auch weil ihre Tochter hier verwurzelt ist. Besonders interessiert die Bochumerin übrigens der Bereich Rechtsmedizin. „Das finde ich super faszinierend“, meint Laura Link.