Bochum. Das Abitur in Bochum wird immer besser, das belegen Zahlen. Der Anteil der 1,0er-Abschlüsse hat sich seit 2002 verzehnfacht. Woran das liegt.
2002 haben gerade einmal vier Schülerinnen und Schüler in Bochum ihr Abitur mit 1,0 abgeschlossen. Zwanzig Jahre später hat sich die Zahl vervielfacht– auf 53. Das belegen Zahlen, die das Schulministerium auf Anfrage der WAZ nennt. Auch insgesamt ist das durchschnittliche Abitur in den vergangenen Jahren deutlich besser geworden.
Haben Abiturientinnen und Abiturienten ihren Abschluss vor 20 Jahren im Schnitt mit der Note 2,72 gemacht, lag dieser 2021 und 2022 jeweils bei 2,43. Betrachtet man die Zahlen im Zeitverlauf, wird eine kontinuierliche Verbesserung deutlich.
Bessere Abiturnoten in Bochum: Wird das Abitur immer einfacher?
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Doch woran liegt das – wird das Abitur insgesamt einfacher? Die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die sogenannte „Allgemeine Hochschulreife“ erreichen, ist jedenfalls angestiegen, um ein Drittel: Haben 2002 noch 1059 ihr Abitur gemacht, waren es vergangenes Jahr 1580. Auch der Anteil derer, die die Bestnote – 1,0 – erhalten haben, ist gewachsen. Er hat sich von 0,3 auf 3 Prozent verzehnfacht.
Aus dem Schulministerium heißt es: „Die Einführung des Zentralabiturs 2007 hat dafür gesorgt, dass für Schülerinnen und Schüler mehr Chancengerechtigkeit bei der Erlangung der allgemeinen Hochschulreife gegeben ist.“ Seitdem seien die Mittelwerte der Abiturgesamtnote relativ konstant auf einem guten Niveau geblieben. „Dabei lässt sich eine geringe positive Verschiebung des Mittelwertes beobachten.“
Deutscher Philologenverband: Abiturnoten müssen aussagekräftiger werden
Für die Prüfungsjahre 2021, 2022 und 2023 habe die Kultusministerkonferenz aufgrund von Corona Maßnahmen verabschiedet, die die Länder ergreifen konnten. Das sollte einerseits der Ausnahmesituation Rechnung tragen und anderseits das Niveau der Abiturprüfung aufrecht erhalten. Das und weitere Faktoren könne dazu beitragen, „dass es einen überschaubaren Zuwachs an Bestnoten gegeben hat“, so das Schulministerium weiter.
Bereits 2019, vor Beginn der Pandemie, hieß es vom Deutschen Philologenverband, dass das Abitur in Deutschland nicht streng genug sei. Abiturnoten müssten aussagekräftiger sein, „wenn wir wollen, dass die jungen Menschen gut auf das Arbeitsleben oder ein Studium vorbereitet werden“, sagte die Vorsitzende des Verbands, Susanne Lin-Klitzing.
Bochumer Schülervertreter fordern dezentrale Abi-Prüfungen
Etwas anders schätzt die „BezirksschülerInnenvertretung Bochum“ (BSV) die Situation ein: „Alle, die in einem Jahrgang ihr Abitur machen, haben dieselben Voraussetzungen. Wenn sie mit Gleichaltrigen konkurrieren und alle ein bisschen besser sind, ist es kein Nachteil“, so der Vorstandsvorsitzende Matteo Pohlmann. Zwar erkenne man beim Blick auf die durchschnittlichen Abiturnoten eine Verbesserung, gerade bundesweit gebe es aber keinen eklatanten Anstieg.
Sorge bereitet der Bochumer Schülervertretung vielmehr, dass auch die Durchfallquoten steigen. „Es gibt eine Kluft zwischen Gut und Schlecht“, so Pohlmann.
Grundsätzlich stelle sich die Frage, ob die Chancengleichheit durch das zentrale Abitur wirklich steigt „Wir glauben, dass die zentralen Prüfungen nicht sinnvoll sind, da sie die Vergleichbarkeit nicht richtig darstellen“, meint der BSV-Vorsitzende und bezieht sich auf unterschiedliche Grundvoraussetzungen, angefangen bei den Elternhäusern bis hin zu Lernressourcen.
Bessere Abi-Noten: So wirkt sich das bei der Ruhr-Universität aus
Wie gut der Abiturschnitt ist, hat einen Einfluss darauf, welche Fächer nach der Schule studiert werden können. In der mit Abstand größten Hochschule in Bochum, der Ruhr-Universität, habe es in den vergangenen Jahren aber keine Fächer gegeben, in denen der sogenannte Numerus clausus (NC) besonders stark gestiegen ist, teilt Sprecher Jens Wylkop auf Anfrage mit.
Er verdeutlicht allerdings: Der Abi-Schnitt sei ein Faktor unter mehreren. „Die Studierenden heute sind so intelligent wie eh und je. Die Bedingungen, unter denen sie sich auf die Universität vorbereitet haben, sind aber ungünstiger als früher.“ Mit der Corona-Pandemie habe sich ein erschwerender Faktor zu ohnehin erschwerten Bedingungen in den Schulen gesellt – aufgrund von Lehrkräftemangel und verschiedenen Kehrtwenden in der Schulpolitik, wie das Abitur nach zwölf statt 13 Jahren.
„Dies führt nicht nur zu weniger soliden Vorkenntnissen und Kompetenzen, sondern auch zu einer weniger zielgerichteten Vorbereitung auf universitäres, das heißt selbstgesteuertes und selbstverantwortetes Studieren.“ Gerade dabei sei seit vielen Jahren ein Rückgang zu bemerken.