Bochum. An der Ruhr-Universität-Bochum studiert Leon Fischer neben der Schule Betriebswirtschaftslehre. Welche Erfahrungen er gesammelt hat.
Nach der Schule noch in die Uni: Das ist für Leon Fischer seit rund vier Jahren Standard. Der 16-Jährige ist Schüler der elften Klasse und studiert nebenbei an der Ruhr-Universität-Bochum. Dort besucht er vor allem Veranstaltungen im Bereich Betriebswirtschaftslehre. Wie oft der Schülerstudent auf dem Campus ist, variiere je nach Semester. Oftmals besuche er circa ein- bis zweimal in der Woche einen Kurs.
In seiner Stufe wissen gar nicht alle von Leons Doppelleben. „Eigentlich rede ich da gar nicht so viel drüber, nur mal mit meinen Freunden“, sagt der 16-Jährige. Wenn jemand davon erfahren hat, dass Leon neben der Schule studiert, seien die Mitschüler oftmals irritiert. „Ich versuche, das aber auch möglichst so auszurichten, dass die Schule durch die Uni nicht beeinträchtigt wird.“ Das sei auch im Interesse der Koordinatorin der Schüleruni: „Die Schule hat oberste Priorität“, sagt Tiziana Gillmann.
16-jähriger Bochumer studiert: Reguläre Studierende zunächst überrascht
Auch die regulären Studierenden seien überrascht, wenn Leon den Hörsaal betritt. „Einige haben mich angesprochen, ob ich der Sohn des Professors bin“, erinnert sich Leon an seinen Beginn des Schülerstudiums. Mit den Professoren habe der Schüler bisher nur gute Erfahrungen gemacht. Oftmals würden die Dozenten erzählen, dass die Schülerstudierenden teilweise mehr Interesse zeigen als die regulären Studierenden, die die Veranstaltung als Pflicht ansehen, berichtet Gillmann.
An der Universität konnte der Schülerstudent aber nicht nur fachlich etwas dazulernen. Vor allem die Förderung seiner Individualität schätze Leon. Zwar konnte der 16-Jährige in der Oberstufe Kurse wählen, für ihn sei das aber eher eine „Pro-forma-Wahl“ gewesen. Durch das Schülerstudium werde vor allem die Selbstständigkeit gefördert, meint Leon: „An der Uni habe ich die Möglichkeit über mich hinauszuwachsen.“
Interesse für BWL wurde bei dem Schüler schon früh geweckt
Das Angebot der Universitätsbibliothek nutze Leon ebenfalls gerne – er sei ein begeisterter Leser. So habe auch sein Interesse für die Betriebswirtschaftslehre begonnen. Schon circa zwei Jahre vor dem Schülerstudium habe er ein Fachbuch besessen: „Da hat mir dann aber die Praxis gefehlt, die ich durch die Vorlesungen jetzt habe.“
Dass Leon nach dem Abitur im kommenden Jahr ein reguläres Studium aufnehmen möchte, sei ihm klar. Wo, stehe aber noch nicht fest. Vielleicht kehrt der 16-Jährige dann für ein Studium an die Ruhr-Universität-Bochum zurück.
Zahlen der Schüleruni konstant: Auch Schülerstudierende aus Georgien und Mallorca
Zum Wintersemester 2002/2003 hat das Angebot der Schüleruni begonnen. Die Zahlen der Schülerstudierenden seien seit dem Beginn relativ konstant, so Gillmann. Durchschnittlich seien es 100 bis 140 Schüler, die die Universität jedes Semester besuchen. Einen Einbruch habe die Koordinatorin während der Umstellung der Schulen auf G8 gemerkt. „Das hat sich aber ganz schnell wieder erholt“, sagt die Mitarbeiterin der Universität.
Die Corona-Pandemie habe kaum Auswirkungen auf die Anzahl der jungen Studierenden gehabt. Eher im Gegenteil: Durch die Vorlesungen und Kurse, die digital stattgefunden haben, konnten auch Interessierte aus anderen Regionen an Veranstaltungen der Bochumer Universität teilnehmen. Ein Schülerstudent habe sich aus Georgien dazu geschaltet. „Auch eine Schülerin, die auf Mallorca wohnt, hat digital teilgenommen“, erinnert sich Gillmann. Jetzt, wo wieder Präsenzunterricht stattfindet, sei das nicht mehr möglich.
Voraussetzungen für Schülerstudierende in Bochum
Die Schüleruni ist ein Angebot unter der Dachmarke „Junge Uni“, das im Wintersemester 2002/2003 Premiere an der Ruhr-Universität Bochum feierte. Eigentlich sei es ein Angebot an Oberstufenschüler, um schon vor dem Abitur erste Erfahrungen an einer Hochschule sammeln zu können. „Aber auch achte und neunte Klassen sind bei uns willkommen“, sagt Tiziana Gillmann vom Team der „Jungen Uni“. Bei jüngeren Schülern finde dann aber ein Beratungsgespräch mit den Eltern statt. Es gebe nur eine Voraussetzung, um das Schülerstudium aufzunehmen: Das Einverständnis der Schule.
Auch Klausuren können die jungen Studierenden an der Universität schreiben. Das sei aber keine Pflicht, sondern lediglich eine Möglichkeit. „Wir legen den Fokus darauf, dass die jungen Menschen die Ruhr-Universität kennenlernen“, erklärt Gillmann. Sollte ein Schülerstudent aber Klausuren mitschreiben, kann er sich diese später im regulären Studium anrechnen lassen. In zwei Fächern, können trotz des Schülerstudiums in diesem Bereich keine Klausuren geschrieben werden: Medizin und Psychologie.