Bochum. Aus bisher unbekanntem Grund ist ein Baum plötzlich auf einem Spielplatz quer über eine Straße gestürzt. Was bisher über die Ursache bekannt ist.
Nachdem am Donnerstagabend (11. Mai) ein rund 40 Jahre alter, mächtiger Ahornbaum auf dem Spielplatz „Diekamp-Dschungel“ in der Innenstadt plötzlich ohne offen erkennbaren Grund auf Straße und Gehweg gestürzt ist, läuft bei der Stadt die Ursachenforschung. „Fest steht, dass der Stamm in rund 50 Zentimeter Tiefe im Erdreich ausgebrochen ist. Noch wissen wir nicht, was genau der Grund war“, sagt der städtische Baum-Manager Marcus Kamplade, der sich vor Ort die Situation angeschaut hat.
Dass es nur bei einem beschädigten Auto und einem völlig zerstörten Anhänger geblieben ist, beruhigt kaum. Zeugen hatten am Donnerstag beobachtet, dass der Baum plötzlich umstürzte, und noch eine Passantin gewarnt. Nur wenige Meter von der Frau entfernt krachte der bereits dicht belaubte Baum gegen 19.50 Uhr zu Boden. Sie kam mit dem Schrecken davon.
Bochum: Solche Fälle kommen nur sehr selten vor
Mittlerweile ist der Stamm zersägt. Die Stadt hat den unteren Teil sichergestellt. „Es finden noch einige Untersuchungen statt, um den Grund für den plötzlichen Bruch zu finden“, erläutert Kamplade. Obwohl die Straßenbäume und Bäume auf öffentlichem Gelände wie etwa Spielplätzen und Grünanlagen im Schnitt einmal pro Jahr von Baumkontrolleuren auf ihre Standsicherheit hin untersucht würden, könne es eine 100-prozentige-Sicherheit nicht geben.
„So etwas kommt extrem selten vor“, sagt Kamplade. Bei den rund 32.000 Straßenbäumen und rund 250.000 Bäumen in Parks, auf Spielplätzen und sonstigen Grünanlagen im städtischen Besitz stürzt außerhalb von Naturereignissen wie Sturm oder Blitzschlag kaum ein so großer Baum um. „Aber es ist nun mal so, dass Natur auch gefährlich ist. In diesem konkreten Fall war es nicht vorhersehbar“, so der Baum-Manager.
Das bestätigt auch Marcos Walzberg, der in Bochum einen privaten Baumpflegebetrieb betreibt und auch als Gutachter auftritt. „Von außen sah man diesem Baum das Problem tatsächlich nicht an.“ Zwar gebe es Möglichkeiten, mittels technischer Hilfsmittel, wie etwa einer Zugprobe die Standfestigkeit von Bäumen zu testen. Doch gewöhnlich kämen solche kostspieligen Verfahren – eine einzige fachmännische Zugprobe kostet rund 1500 Euro – nur zum Einsatz bei besonders wichtigen Bäumen, etwa Naturdenkmäler.
Alle Bäume regelmäßig so zu testen sei schlicht nicht zu finanzieren. Wollte man also beispielsweise alle rund 100.000 Bäume von der Größe des jetzt abgebrochenen Ahorns auf diese Weise testen, käme rein rechnerisch die gewaltige Summe von 150 Millionen Euro zusammen.
Zwölf Baumkontrolleure sind für die Stadt unterwegs
Thomas Dittert ist einer von zwölf Baumkontrolleuren, die regelmäßig in der Stadt unterwegs sind, um die Bäume mit der sogenannten „visuellen Baumkontrolle“ zu prüfen. „Nur bei konkreten Verdachtsfällen, etwa bei Pilzbefall, würde ich etwa gebohrt.“ Das habe einen nahe liegenden Grund, denn die Bohrung selbst ist für einen Baum nicht ungefährlich, denn durch das Bohrloch wird der Baum verwundet und es könnten Schädlinge eindringen.
Die Bäume am Diekamp-Dschungel wurden nach dem Vorfall vom Donnerstag allesamt auf diese Weise kontrolliert, diese Kontrolle sei jetzt ohnehin fällig gewesen. Die Stadt hat die Verkehrssicherungspflicht. In die Haftung ganz gleich, ob es sich um Sach- oder Personenschaden handelt, kommt die Kommune nur dann, wenn ihr nachgewiesen werden kann, dass die Krankheit oder mangelnde Standsicherheit des Baums hätte vorhergesehen werden können.
Generell zugenommen haben beim Baumbestand indes Schäden durch die Trockenheit. Bestimmte Bäume, so erklären Marcus Kamplade und Marcos Walzberg, werfen bei extremem Stress bei heißen Tagen komplette Äste ab, was sehr gefährlich sein kann. Fachleute sprechen in solchen Fällen von „Grünastbrüchen“. Eine mögliche Erklärung sei, dass der Baum dadurch sein Überleben sicherstellt.
Durch die Trockenheit waren in den letzten Dürreperioden etwa ältere Buchen besonders betroffen. Diese Baumart „lernt“ nicht dazu, wie sie mit weniger Niederschlag umgehen kann. Bei jüngeren, neu kultivierten Buchen sei dagegen schon eine deutlich höhere Widerstandskraft gegen Trockenheit festzustellen.
Der aktuelle Fall im Diekamp-Dschungel jedenfalls sei wohl nicht durch den Klimawandel zu erklären. Der Spielplatz sei wohl auch wegen seines alten Baumbestands in der Nachbarschaft besonders beliebt. Und: „Wir pflanzen gerade im Bereich von Spielplätzen gerne Bäume, weil sie dort als Schattenspender eine wichtige Funktion erfüllen“, sagt Kamplade.