Bochum. Bochums städtische Senioreneinrichtungen SBO sollten saniert werden. Nun stecken sie wieder in einem tiefen Minus. Das soll Konsequenzen haben.
Der Optimismus war groß. „Wir brauchen keine Zuschüsse von der Stadt mehr“, verkündete Frank Drolshagen Ende 2020. Die Senioreneinrichtungen Bochum (SBO), deren Geschäftsführer Drolshagen ist, schienen sich nach jahrelangen Verlusten selbst tragen zu können. Nun steckt das städtische Tochterunternehmen mit seinen sechs Seniorenheimen und 611 Plätzen, darunter 43 für die Kurzzeitpflege, aber doch wieder in einer prekären Lage. Das Geschäftsjahr 2021 hat es mit einem Minus von 2,9 Millionen Euro abgeschlossen – und könnte neuerliche Hilfe der Stadt gut gebrauchen.
Sechs Millionen Euro vom Planergebnis entfernt
Das negative Wirtschaftsergebnis ist noch ernüchternder, wenn es verglichen wird mit den Plänen für 2021. Eigentlich wollte die Stadttochter das Jahr mit einem Plus von etwa 3,1 Millionen Euro abschließen. Das Ergebnis hat sie um sechs Millionen Euro verfehlt.
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Nach Darstellung des Unternehmens gibt es mehrere Gründe für die roten Zahlen: Eine geringere Auslastung, gesunkene Pflegegrade bei den Bewohnern, gestiegene Kosten für Leihbeschäftigte und Anfangsverluste der neuen Häuser sind, so SBO-Chef Drolshagen in seinem Bericht an die Verwaltung, dafür verantwortlich.
Auslastung ist um 6,7 Prozent gesunken
Die Auslastung der Häuser sei gegenüber 2020 um 6,7 Prozent gesunken – dabei ist der Bedarf an Pflegeplätzen immens. Es seien vor allem Kurzzeitpflegeplätze für längere Zeit freigeblieben, wenn Häuser Corona-Fälle hatten und Interessenten sich lieber anderweitig orientiert haben. Eine große Belastung, so Drolshagen, sind Leasingkosten für Personal, das derzeit nur schwer auf dem Markt zu finden ist. „Wir sind jetzt dazu übergegangen, Mitarbeiter gleich fest anzustellen“, so der Geschäftsführer. Das steigere die Chancen, überhaupt Mitarbeiter zu bekommen.
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Anfangsverluste haben allein die Ergebnisse in den neuen Einrichtungen an der Krachtstraße (minus knapp 1,1 Millionen Euro) und am Beisenkamp (minus 0,94 Millionen Euro) negativ beeinflusst. Wegen der Schließung des Hauses an der Grabelohstraße fehlte etwa der städtische Mietzuschuss in Höhe von 460.000 Euro. Insgesamt habe der verzögerte Bezug mehrerer Häuser 2,7 Millionen Euro gekostet.
Corona, Energiekosten und Inflation wiegen schwer
Negativ ausgewirkt haben sich auch der verzögerte Verkauf von Teilgrundstücken am Glockengarten. Mit Einnahmen von 3,6 Millionen Euro wird dafür in diesem Jahr gerechnet. Indes: Auch für 2022 könnte das Ergebnis wenig rosig ausfallen. „Es ist ja nicht nur Corona alleine“, so Drolshagen. Inflation und gestiegene Energiekosten machten den SBO schwer zu schaffen.
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Wenn am Donnerstag im Ausschuss für Beteiligung und Controlling der Jahresabschluss auf den Tisch kommt, könnte es einige kritische Stimmen geben. Vor einigen Jahren hatte schon die Frage im Raum gestanden, ob die Stadt überhaupt in der Lage sei, Senioreneinrichtungen wirtschaftlich zu führen. Diese Frage dürfte nun wieder aufkommen.
Lob für Geschäftsführung und Aufsichtsrats-Chef
„Ich denke, dass die eine oder andere Frage in dieser Richtung aufploppen wird. Sie ist ja auch berechtigt“, so der Geschäftsführer. Er stellt daher das bisherige Sanierungskonzept auf den Prüfstand „mit dem Ziel notwendigen Nachjustierungen zu erörtern, um die Gesellschaft wieder auf den ursprünglichen Sanierungspfad zu bringen.“
Stimmen, die einen Verkauf der SBO fordern, gibt es mittlerweile. Aber es gibt auch einen großen Kreis derer, die die bisherige Sanierung positiv beurteilen. „Wir waren auf einem guten Weg“, sagt etwa Marcus Stawars, CDU-Ratsmitglied und Mitglied im SBO-Aufsichtsrat. Er attestiert Geschäftsführer Drolshagen und auch Aufsichtsratschef Ernst Steinbach (SPD) gute Arbeit, nicht zuletzt weil in schwierigen Zeiten auch noch mehrere Bauvorhaben gestemmt wurden und im Kostenrahmen geblieben sind. Und: „Mit den neuen Häusern haben wir die Pflege in Bochum auf ein neues Niveau gehoben gehoben“, so Stawars.
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CDU und Grünen plädieren für sorgfältige Analyse
Dennoch müssen die finanzielle Schieflage natürlich in Angriff genommen, womöglich auch mit „externer Hilfe“, wie er sagt. „Wir müssen schauen an welchen Stellschrauben wir drehen können und an welchen nicht. Wenn ich eine Situation habe, in der es heißt, wir werden defizitär bleiben und haben keine Stellschrauben, an denen wir drehen können, dann muss man tatsächlich über eine Veräußerung der SBO nachdenken. Da sind wir aber noch nicht.“
Ähnlich äußern sich die Grünen als Teil der Rathaus-Koalition. „Überprüfung ja.“ Aber ohne eine Entscheidung noch vor der Analyse. „Angesichts gerade der demografischen Entwicklung gibt es die Notwendigkeit, dass die pflegerische Versorgung in Bochum beibehalten wird“, sagt Anna di Bari, die Vorsitzende des Gesundheitsausschusses. Die SBO-Plätze seien eine wichtige Säule des ganzen Systems.