Bochum. . Nach nur 13 Monaten im Amt ist der Leiter der JVA Bochum, Friedhelm Ritter von Meißner, mit sofortiger Wirkung suspendiert worden. Hintergrund sind die zahlreichen Ausbruchsaktionen in den vergangenen Monaten und Wochen.

Nach der Serie von teils spektakulären Ausbruchsaktionen rund um die Krümmede hat Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) am Freitag den Leiter der JVA Bochum, Friedhelm Ritter von Meißner (64), mit sofortiger Wirkung suspendiert - „aus Gründen der Sicherheit“. Er kreidet ihm schwere Fehler bei der Organisation und Information an. Nachdem von Meißner um 9.05 Uhr im Minister in Düsseldorf von seiner Demission erfahren hatte, erreichte ihn die WAZ am Telefon: „Das Mäßigungsgebot, das für Beamte gilt, gebietet es mir, mich zurückzuhalten. Ich verweise auf die Pressemitteilung des Ministeriums. Weiteres werde ich nach interner Beratung erklären.“

Vor allem drei Vorfälle kreidete der Minister dem JVA-Leiter an

Aus Sicht des Ministers hatte die JVA-Leitung Fehler vor allem bei diesen drei Vorfällen gemacht:

- Am 29. Januar war ein Häftling (47) durch ein stümperhaft montiertes Panzerglas-Oberlicht geflüchtet. Er war zur Tatzeit in einer Reinigungskolonne eingesetzt. Das hätte nicht sein dürfen, weil der Häftling noch mehrere Jahre in seiner Heimat Polen vor sich hatte.

- Am Mittag des 17. Februar war ein Häftling (31) wegen einer schweren Kopfverletzung von der JVA ins Knappschaftskrankenhaus Langendreer gebracht. Dort konnte er sich ohne Bewachung behandeln lassen. Das nutzte er zur Flucht. Der Verzicht auf die Bewachung sei „grob fehlerhaft“ gewesen.

- Obwohl dieser Häftling am Nachmittag desselben Tages wieder eingefangen wurde, informierte die JVA nicht das Ministerium darüber. Folge: Während der Mann bereits wieder in der Zelle saß, verbreitete das Ministerium am Abend die Meldung über die Flucht - aber ohne die Wiederergreifung.

„In Teilen unzutreffend, unvollständig, zum Teil sogar irreführend“ informiert

Der Minister hatte nach der Häufung der Ausbruchsaktionen in Bochum bereits vor einigen Wochen eine „Expertenkommission“ in die Krümmede entsandt. Sie habe, sagte er, „erhebliche Mängel im Betrieb der Anstalt“ aufgedeckt. Außerdem erklärte er: „Mit großer Enttäuschung musste ich zur Kenntnis nehmen, dass die Berichterstattung des Leiters der Justizvollzugsanstalt gegenüber meinem Haus in Teilen unzutreffend, unvollständig, zum Teil sogar irreführend gewesen ist.“

Seit Januar 2011 hatten fünf in Bochum inhaftierte Häftlinge fliehen wollen, darunter ein gefährlicher Schwerverbrecher (50). Drei scheiterten oder wurden relativ schnell wieder gefasst. Zwei jedoch sind bis heute verschwunden - einer (26) gelangte nach einer halsbrechischen Kletteraktion in die Freiheit (21. Januar 2011), ein anderer (35) nutzte bei einem bewachten Familienbesuch eine Gelegenheit zur Flucht (August).

Jetzt erst einmal eine kommissarische Leitung

Von Meißner, vordem Leiter der JVA Hagen, hatte sein Amt erst am 31. Januar 2011 angetreten. Er wollte wohl, sagte er damals der WAZ, bis zum 67. Geburtstag hier bleiben. Der Minister war dagegen.

Kommissarisch geleitet wird die Krümmede zunächst vom Leiter der JVA Bielefeld-Senne, Uwe Nelle-Cornelsen (48).