Bochum. Olena Bardakova und Alina Henova sind aus der Ukraine nach Bochum geflohen, bauen sich dort ein neues Leben auf. Wie eine bereits einen Job fand.

Es ist März 2022. Zwei Wochen zuvor hat Russland begonnen, die Ukraine anzugreifen. Olena Bardakova und Alina Henova treten unabhängig voneinander ihre Flucht nach Deutschland an, verlassen die Heimat, in der nun Krieg herrscht. Gut ein halbes Jahr danach hat sich vieles verändert. Eine der beiden Ukrainerinnen hat einen Job in Bochum. Die andere ist auf einem guten Weg, spricht mittlerweile gutes Deutsch.

Olena Bardakova flieht aus Ukraine nach Bochum – sie spricht bereits fließend Deutsch

Olena Bardakova lebt seit dem 13. März in Bochum, zuerst in einem Hotel, dann in einer Flüchtlingsunterkunft, schließlich findet sie eine Wohnung in Hamme – mit Hilfe der Stadt. Als in der Heimat im Februar der Krieg beginnt, entscheidet sich Bardakova nach Bochum reisen. Hier lebt ihre Tochter bereits, sie studiert an der Ruhr-Universität.

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Die 42-Jährige spricht fließend Deutsch und Englisch. In der Ukraine arbeitet sie bis zum Beginn des Krieges als Dozentin an einer Universität, am Institut für Fremdsprachen. In Bochum angekommen, wendet sie sich an die Ruhr-Universität. Dort zu arbeiten ist aber nicht möglich, ihr fehlt ein Zertifikat, das ihre Sprachkenntnisse nachweist. „Das brauchte ich bisher nicht“, sagt Bardakova. Allerdings bekommt sie die Chance, ab Juni bis zum Ende des Sommersemesters Gasthörerin zu sein, geht zu Vorlesungen.

Ukrainerin Olena Bardakova hat in Bochum bereits einen Job gefunden, im Sprach- und Qualifizierungszentrum für Zugewanderte (Quaz).
Ukrainerin Olena Bardakova hat in Bochum bereits einen Job gefunden, im Sprach- und Qualifizierungszentrum für Zugewanderte (Quaz). © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Schließlich wendet sie sich an das Sprach- und Qualifizierungszentrum für Zugewanderte (Quaz). Zuerst unterstützt sie die pädagogischen Kräfte vor Ort, hilft bei der Erstaufnahme. Seit dem 1. September arbeitet sie fest im Quaz, ist angestellt bei dem Träger Gewerkstatt. Olena Bardakova leitet vor Ort unter anderem Sprachkurse. Unterstützung hat sie in den vergangenen Wochen vom Jobcenter bekommen.

Jobcenter Bochum betreut derzeit 2000 Ukrainer

Sie und Alina Henova gehören zu den insgesamt mehr als 2000 Ukrainerinnen und Ukrainern, die vor dem Krieg in der Heimat nach Bochum geflohen sind. Seit dem 1. Juni haben die Jobcenter die Betreuung der Menschen übernommen, sie erhalten Geld nicht länger über das Asylbewerberleistungsgesetz. Eine sehr plötzliche und herausfordernde Umstellung, die Jobcenter erfahren auch erst Ende April von den Plänen. „Das haben wir zusammen mit der Stadt toll gemeistert“, sagt Johannes Rohleder, Sprecher des Jobcenters.

Noch immer unterstützt das Jobcenter in Bochum im Schnitt etwa 2000 Menschen aus der Ukraine, die in rund 1000 Haushalten im Stadtgebiet leben. „Die Zahlen haben sich seit Juni kaum verändert“, so Rohleder. Circa 20 Neuanträge gebe es derzeit pro Woche – allerdings auch eine ähnliche Zahl an Abmeldungen. Meist sei der Grund, dass die Menschen zurück in ihre Heimat gehen.

Mehr als die Hälfte der Ukrainer haben einen Berufsabschluss

Mehr als die Hälfte der sogenannten erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beim Jobcenter – insgesamt sind es 1600 – verfügen über einen Berufsabschluss. „Hinzu kommen weitere rund 180 junge Erwachsene zwischen 15 und 25 Jahren in Schule, Ausbildung oder Studium“, sagt Rohleder. 700 Ukrainerinnen und Ukrainer machen derzeit Sprach- und Integrationskurse, ein Viertel der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten verfügt bereits über gute Deutschkenntnisse.

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So auch Alina Henova (40). Mit ihrer Mutter und den beiden Kindern flüchtet sie aus der Ukraine nach Bochum, kommt am 9. März hier an. Die Familie kommt zuerst in einem Hotel unter, findet etwa zwei Monate später eine Wohnung in Höntrop. Direkt nebenan geht der Sohn (9) zur Schule. Seit Kurzem hat auch die Tochter (5) einen Platz im Kindergarten. Henova macht seit fünf Monaten Sprachkurse, lernt zusätzlich Zuhause Deutsch, zum Beispiel mit Youtube. Sie hat ein Ziel: „Ich möchte arbeiten“, sagt die 40-Jährige in einem schon gut verständlichen Deutsch.

Die Ukrainerin Alina Hernova lebt seit März in Bochum. Sie ist Anästhesie-Ärztin, lernt derzeit die deutsche Sprache.
Die Ukrainerin Alina Hernova lebt seit März in Bochum. Sie ist Anästhesie-Ärztin, lernt derzeit die deutsche Sprache. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Sie ist Anästhesie-Ärztin, hat in der Ukraine zwölf Jahre in dem Beruf gearbeitet: „Ich liebe die Medizin und dass ich so anderen Menschen helfen kann.“ Doch als Ärztin arbeiten kann sie in Deutschland noch nicht, sie muss ihre Sprachkenntnisse weiter verbessern, braucht ein Sprachniveau von C 1 oder C 2. „Das ist eine Voraussetzung“, bestätigt auch ihre Arbeitsvermittlerin Julia Burghardt.

„Ich bin dankbar, dass wir hier so gut empfangen wurden“

Ob Alina Henova mit ihrer Familie dauerhaft in Deutschland bleiben möchte, weiß sie zu diesem Zeitpunkt nicht. „Ich liebe die Ukraine, aber ich habe zwei kleine Kinder und man weiß nicht, was passiert.“ Auch in Bochum gefällt es Henova gut. „Ich bin dankbar, dass wir hier so gut empfangen wurden“, sagt sie.

Das geht auch Olena Bardakova so, die zudem ihrer Arbeitsvermittlerin beim Jobcenter dankt. Für die 42-Jährige gibt es gute Nachrichten. Durch ihren festen Job beim Quaz kommt sie aus der Hilfebedürftigkeit heraus. Sie kann künftig selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen.