Bochum. Nicht alle ukrainischen Kinder, die derzeit in Bochum leben, haben auch einen Schulplatz. Schulleiter erzählen, wie die Lage vor Ort derzeit ist.

Seit März hat die Stadt Bochum 867 Schülerinnen und Schüler registriert, die aus der Ukraine geflohen sind. 719 davon besuchen eine Schule im Stadtgebiet. Der Rest ist entweder zurück- und weitergereist – oder aber noch ohne Platz.

Ukrainische Kinder in Bochum: Nicht alle haben einen Schulplatz

„Da im Kommunalen Integrationszentrum täglich neue Meldungen ankommen, was Zuzüge und Abmeldungen von und nach Bochum betrifft, und neue Vermittlungen vorgenommen werden, gibt es derzeit keine abschließenden Zahlen, sondern Momentaufnahmen“, erklärt Nina Klein, Sprecherin der Stadt Bochum.

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Viele ukrainische Familien würden eine hohe Mobilität und Umzugsbereitschaft aufweisen. Aus diesen Gründen sei die Erreichbarkeit der Familien manchmal schwierig, selten unmöglich. Klein: „Dies kann neben den vorgenannten Gründen zu ungewollt zeitintensiven Vermittlungsdauern führen.“ Klar ist aber: Nicht alle Kinder haben einen Platz an einer Schule bekommen, auch wenn keine exakten Zahlen bekannt sind. Ein Grund: Sie seien noch im Vermittlungs- und Beratungsprozess.

Kommunales Integrationszentrum vermittelt die Kinder und Jugendlichen

Dafür ist in Bochum das Kommunale Integrationszentrum zuständig. Die Verteilung geschehe gleichmäßig über das ganze Stadtgebiet verteilt. In der Grundschule sei die Wohnortnähe ausschlaggebend, in der weiterführenden Schule die bedarfsgerechte Beschulung und die Kapazität der Schulen, so die Stadt. Allerdings: Ein Schulleiter teilt mit, dass manche Schulen nicht einen einzigen Flüchtling aus der Ukraine aufgenommen hätten – das habe eine informelle Umfrage ergeben.

Genauen Zahlen, wie viele ukrainische Kinder auf welche Schule im Stadtgebiet gehen, nennt die Stadt nicht. Aber: Die meisten Kinder und Jugendlichen seien in die Bochumer Gymnasien, die Sekundarschulen und die Berufskollegs vermittelt worden. 316 geflüchtete Kinder besuchen aktuell eine Grundschule in Bochum, 403 eine weiterführende Schule.

„Wir erleben eine unglaublich hohe Motivation seites der Schülerinnen und Schüler“

An der Lina-Morgenstern-Schule sind es zum Beispiel fünf Kinder. „Die Zusammenarbeit mit dem Kommunalen Integrationsbüro und dem Schulamt klappt aus meiner Sicht ebenfalls recht gut“, berichtet Schulleiter Paul Roos. Das sei in anderen Kommunen anders.

Auch Kerstin Guse-Becker, Leiterin der Märkischen Schule, bestätigt, dass die Zusammenarbeit mit dem Kommunalen Integrationszentrum gut laufe. „Sodass in der Regel eine passende Zuweisung zu unseren freien Plätzen erfolgt. Diese werden nun aber knapp, über weitere Schaffung von Schulplätzen muss daher nachgedacht werden“, sagt sie.

Kerstin Guse-Becker ist Leiterin der Märkische Schule Wattenscheid.
Kerstin Guse-Becker ist Leiterin der Märkische Schule Wattenscheid. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Die Integration der ukrainischen Schülerinnen und Schüler klappe durch langjährige Erfahrung problemlos. Auch andere Schulen schildern diese Erfahrung. Insgesamt bietet das Gymnasium in Wattenscheid 37 Plätze in drei Sprachfördergruppen an – auf unterschiedlichen Niveaus. Die Gruppen gibt es bereits seit der Flüchtlingswelle 2015/16.

Knapp 100 Schülerinnen und Schüler aus der Ukraine besuchen die Berufskollegs in Bochum. Alle jungen Menschen, die vom Kommunalen Integrationszentrum zugewiesen wurden, konnten aufgenommen werden. „Wir erleben eine unglaublich hohe Motivation seites der Schülerinnen und Schüler“, so Claudia Hagedorn stellvertretend für die fünf Schulen.

Probleme würden zwei Aspekte bereiten: zum einen, dass die ukrainischen Zeugnisse im Original vorliegen müssen, was nachvollziehbarer Weise nicht immer der Fall sei. Zum anderen, dass ein Berufskolleg gerne eine Lehrkraft aus der Ukraine einstellen würde – das aber an bürokratischen Hürden scheitere.

Schulen in Bochum können nicht allen Anfragen nachgehen

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Nicht allen Anfragen konnte in den vergangenen Monaten die Schiller-Schule nachkommen. „Da wir nicht über genügend Räume und Personal verfügen“, so der stellvertretende Schulleiter Eike Völker. „Derzeit sind 19 ukrainische Kinder bei uns an der Schule.“ Sie gehen in internationale Klassen, um eine spezielle Deutsch-Förderung zu erhalten. Gleichzeitig sind sie den Klassen nach Alter fest zugeordnet.

Oliver Bauer, Leiter des Neuen Gymnasiums, teilt mit: „Alle Kapazitäten sind erschöpft. Fast täglich werden weitere Anfragen hinsichtlich einer Beschulung gestellt, die leider abschlägig beschieden werden müssen.“ 31 ukrainische Kinder werden hier derzeit unterrichtet.

719 Schülerinnen und Schüler aus der Ukraine wurden an eine Schule in Bochum vermittelt.
719 Schülerinnen und Schüler aus der Ukraine wurden an eine Schule in Bochum vermittelt. © dpa | Robert Michael

„18 Kinder haben wir bisher aufgenommen“, sagt Ludger Jonischeit, Leiter der Erich-Kästner-Schule. Hinzu kommen Schülerinnen und Schüler, die von anderen Schulformen auf die Gesamtschule gekommen sind. „Nun sind wir randvoll!“, so der Schulleiter weiter. „Die Integration klappt insgesamt gut.“ Allerdings gebe es einzelne Schülerinnen und Schüler, die das Lesen und Schreiben noch lernen müssen. Jonischeit: „Hier brauchen alle Schulen Unterstützung.“

Förderschulen dürfen keine Flüchtlingskinder aufnehmen

An den Förderschulen in Bochum werden keine Ukrainer unterrichtet. „Dort werden die Kinder durch ein Gutachten zugewiesen. Eine direkte Anmeldung geht nicht“, heißt es aus der Brüder-Grimm-Schule. Sascha Uszball, Leiter der Cruismannschule, ergänzt: „Unmittelbar nach Kriegsbeginn haben wir unsere Bereitschaft erklärt, Kinder aufzunehmen und zu betreuen. Unser Schulrat ist der Meinung, dass Kinder an einer Förderschule stigmatisiert werden und hat uns die Aufnahme untersagt.“

867 Schülerinnen und Schüler wurden bisher insgesamt in Bochum registriert – doch wie wird sich die Lage entwickeln? „Die derzeitigen Zahlen zeigen keine hohen Steigerungen“, sagt Stadtsprecherin Nina Klein abschließend.