Bochum. Je nach Fachbereich sind die Professorinnen an Bochums Hochschulen in der absoluten Unterzahl. Woran das liegt und was dagegen getan wird.
Wie kann es sein, dass die Abiturientinnen, weiblichen Erstsemester und Studienabsolventinnen in der Mehrzahl sind, die Quote der Professorinnen aber doch so weit davon abweicht? Auf Anfrage haben die fünf großen Bochumer Hochschulen ihre Statistiken offen gelegt. Der Frauenanteil bei Professuren, in Dekanaten und unter wissenschaftlichen Mitarbeitenden variiert stark von Fakultät zu Fakultät.
Frauenanteil an der RUB, THGA, HS Gesundheit, Evangelischen Hochschule und Hochschule BO
Es klingt nach einer guten Nachricht, mit der sich Ruhr-Universität Bochum (RUB) dieser Tage schmücken kann. Eine Analyse des Verbraucherschutzvereins VSVBB unter den 40 größten deutschen Hochschulen bescheinigt der RUB eine „vergleichsweise hohe Frauenquote“. 34,6 Prozent der Professuren seien mit Frauen besetzt, damit lande die RUB auf Platz 7 des Rankings. Nun ja: Ein Blick auf die aktuellen Zahlen zeigt tatsächlich nur einen Frauenanteil von 31,1 Prozent bei den Professuren.
Wenig weibliche Vorbilder an der Uni
Und: Allgemein liest sich die Analyse sehr ernüchternd: „Junge Frauen (treffen) bereits in ihrer akademischen Ausbildung auf vergleichsweise wenige weibliche Vorbilder“. Auch an der Ruhr-Uni sind Frauen in Führungspositionen – je nach Fakultät – rar gesät. Während Senat und Rektorat geschlechtergerecht besetzt sind, werden nur drei der 21 Fakultäten von Dekaninnen geleitet.
Während gut die Hälfte aller Geschichts-Professuren von Frauen besetzt sind, sind es an der juristischen Fakultät nur ein Viertel, im Bereich Mathematik sogar nur 9,5 Prozent (siehe Grafik). Zu den männerdominierten Fakultäten zählen neben Natur- und Ingenieurwissenschaften auch die katholische Theologie (15,4 Prozent) oder die Wirtschaftswissenschaft (13 Prozent). Hier kommen auf 23 Wirtschaftsprofessoren nur drei -professorinnen.
RUB lockt mit Anreizprogramm Professorinnen
Zu den Gleichstellungszielen der RUB gehört eine drei Jahre geltende Gleichstellungsquote, die die Hochschulleitung für bestimmte Bereiche gemäß dem Landes-Hochschulgesetz bestimmt. Zudem gibt es an der Ruhr-Uni auch ein Anreizprogramm zur Neuberufung von Frauen (20.000 Euro pro Professorin) und eine Uni-Kita.
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Einen hohen Frauenanteil kann die Evangelische Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe (EvH RWL) vorweisen. Dort studieren mehrheitlich Frauen im Sozial- und Gesundheitsbereich sowie der kirchlichen Bildungsarbeit. „Die Evangelische Hochschule leistet somit einen wichtigen Beitrag zu Akademisierungsprozessen in diesen Berufen insgesamt, aber auch auf individueller Ebene, indem sie wissenschaftliche Karrieren von Frauen fördern“, gibt die EvH RWL an.
Die Professuren sind dort zu 47,5 Prozent mit Frauen besetzt, bei den wissenschaftlichen Mitarbeitenden sogar 81,8 Prozent. Auch die Dekanate, Studiengangsleitungen und das Rektorat sind geschlechtergerecht besetzt. „Um insbesondere auf professoraler Ebene Diversität und Geschlechtergerechtigkeit zu fördern, ist ein Umdenken in der Wissenschaftskultur notwendig“, betont Gleichstellungsbeauftragte Elke Hemminger. Man müsse wegkommen, vom allzeit verfügbaren Wissenschaftler hin zu „flexiblen, ausgewogenen Arbeitsmodellen“.
Quotenregelung nach dem Kaskadenmodell
An der Hochschule für Gesundheit (HS Gesundheit) sind es sogar mehr als die Hälfte der Professuren, die durch Frauen besetzt sind. Bei den Vertretungsprofessuren, anderen Lehrkräften, wissenschaftlichen Mitarbeitenden und Hilfskräften liegt die Frauenquote bei um die 80 Prozent. Auch hier geht die hohe Zahl an Frauen in Leitungspositionen mit einer überwiegend weiblichen Studierendenschaft einher.
Zur „gendergerechten Besetzung von Führungspositionen“ soll dort eine Quotenregelung nach dem Kaskadenmodell eingeführt werden. Dieses Modell sieht vor, dass man bei der Besetzung von Positionen sich an dem Frauenanteil in der nächstunteren Stufe orientiert. Bei den Professuren der HS Gesundheit gilt diese Regelung bereits und „entsprechende Quotenregelungen für alle weiteren (Führungs-) Ebenen der Hochschule werden derzeit erarbeitet und eingeführt“.
Wenige Professorinnen an der THGA und Hochschule Bochum
An der Technischen Hochschule Georg Agricola (THGA) liegt der Frauenanteil bei wissenschaftlichen Mitarbeitenden bei 36,9 Prozent. Hier kommen allerdings auf 35 Professoren nur vier Professorinnen (10,3 Prozent) – eine Tatsache, die die neue Hochschulpräsidentin Prof. Susanne Lengyel so erklärt: „Eine Hochschule wie unsere – mit einer klaren Fokussierung auf technisch-ingenieurwissenschaftliche Bereiche – zieht deshalb immer noch mehr Studenten an als Studentinnen, dadurch sind auch mehr Männer im akademischen Mittelbau und später in den Professuren vertreten.“ (Lesen Sie hier das komplette Interview)
Einen geringen Professorinnen-Anteil weist auch die Hochschule Bochum auf: 17,8 Prozent. Laut einer Sprecherin hängt das mit der geringen Zahl weiblicher Bewerbungen in technischen Fächern zusammen. „Viele Bewerberinnen weisen nicht genügend Jahre in der Berufspraxis auf, was Voraussetzung für die Berufung auf eine Professur an einer Hochschule für Angewandte Wissenschaft ist“, so die Sprecherin.
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„Professor*innen: Kinderlos qualifiziert – mit Kindern abgehängt?“ lautet daher ein Forschungsprojekt an der Hochschule von Prof. Susanne Stark. „Die anspruchsvolle Qualifizierungsphase für eine Fachhochschulprofessur fällt zumeist in die Lebensphase zwischen 26 und 37 Jahren – eine Zeitspanne, in die üblicherweise auch die Familienplanung bzw. Familiengründung von Akademiker*innen fällt“. Stark will in ihrer Forschung die Hindernisse für Frauen aufschlüsseln und Lösungsansätze entwickeln – damit angehende Professoren und Professorinnen mit und ohne Kinder die gleichen Chancen haben.