Bochum. Der mit Millionen geförderte Makerspace an der Ruhr-Uni Bochum trägt offenbar erste Früchte. Die Zahl der Ausgründungen wächst.

Es gibt Shootingstars der Wirtschaft aus Bochum, die ihre Wurzeln an der Ruhr-Universität haben: Escrypt, Ingpuls, Physec. Start-ups, die zu Millionen-Unternehmen gewachsen sind. Die Zahl der Ausgründungen, also von Firmen, die von Studenten, Doktoranden oder Ingenieuren im Umfeld der Uni gegründet wurden, hielt sich insgesamt allerdings in Grenzen. Bis jetzt.

42 Uni-Ausgründungen allein im vergangenen Jahr

„Wir hatten 42 wissenschaftsbasierte Ausgründungen allein im vergangenen Jahr“, sagt Marc Seelbach, Leiter der Abteilung Transfer und Entrepreneurship an der Ruhr-Uni, mit einem Anflug von Stolz. Während Bochum im bundesweiten Gründungsradar lange weit hinten in der Rangliste zu finden war, 2018 gab es gerade einmal acht Ausgründungen, dürfte das für einen Top-Ten-Platz unter den 42 großen deutschen Hochschulen mit jeweils mehr als 15.000 Studierenden reichen. Und das, so der frühere Wirtschaftsförderer Seelbach, sollte auf Dauer auch der Anspruch der Ruhr-Uni sein.

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In der früheren Opel-Verwaltung, dem O-Werk auf Mark 51/7, ist der Makerspace der Ruhr-Universität eingerichtet.
In der früheren Opel-Verwaltung, dem O-Werk auf Mark 51/7, ist der Makerspace der Ruhr-Universität eingerichtet. © www.blossey.eu | Hans Blossey

Wir stehen mitten in dem Ort, der extra dafür geschaffen wurde: der Makerspace, eine 1800 Quadratmeter große offene Werkstatt, Lehr- und Experimentierort für Wissenschaftler und potenzielle Firmengründer – eine der größten ihrer Art in Deutschland und Teil der Worldfactory der Ruhr-Uni. Eingerichtet wurde sie an historischer Stätte, nämlich im früheren Verwaltungsgebäude im Opel-Werk I in Laer. Dort, wo einst ein Werk mit in Spitzenzeiten mehr als 20.000 Beschäftigten gelenkt wurde, wird heute an Unternehmen und Unternehmungen von morgen getüftelt. Start-ups.

Land fördert Makerspace mit 20,8 Millionen Euro für fünf Jahre

Und das nach diesem Prinzip: Hilfe zur Selbsthilfe. „Wir animieren die Leute zum Machen“, sagt Makerspace-Leiter Dirk W. Hansmeier. Sein Team berät, leitet und lernt an, etwa den Umgang mit den mehr als einem Dutzend 3D-Drucker, und schafft den Rahmen für Denker und Tüftler, die ihre Ideen für Produkte und Unternehmen umsetzen möchten, die Prototypen herstellen und zur Marktreife entwickeln können.

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20,8 Millionen Euro hat das Land NRW für die Gründer-Werkstätten bereitgestellt – für den Zeitraum von 2019 bis 2024. Bochum ist einer von sechs Standorten, die das Wirtschaftsministerium im Rahmen des „Exzellenz Start-up Center.NRW“ besonders fördert. Kernstück dieser Förderung ist an der Ruhr-Uni der Makerspace mit seinen fünf hochmodernen Werkstätten in den Bereichen Holz, Metallbau und Elektrotechnik.

Glänzende technische Ausstattung

Die „schwere Technik“ im Untergeschoss des O-Werks, wie die frühere Opel-Verwaltung mittlerweile heißt, wird allerdings derzeit erst wieder aufgebaut. 40.000 Liter Wasser waren vor einigen Monaten bei einem Unwetter in das Gebäude gelaufen und hatten den Startprozess der Einrichtung verzögert. Im Erdgeschoss aber wird längst gewerkelt, getüftelt und diskutiert.

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Denn der Makerspace ist mehr als ein Ort mit glänzender technischer Ausstattung. „Er ist auch ein Ort des

Makerspace wird eine Dauereinrichtung

Die Ruhr-Uni wird den Makerspace auch über die bis 2024 dauernde Förderphase hinaus betreiben. Damit will sie auch ihren lange vernachlässigten, nach Forschung und Lehre dritten Auftrag, den Forschungstransfer, vorantreiben.

Das Start-up-Center der Ruhr hat nach Angaben von Marc Seelbach, jährlich etwa 400 Beratungsfälle. Und: 30 Prozent der Ruhr-Uni-Studenten, entscheiden sich bereits für Bochum „weil es hier auch ein Transfer-Angebot gibt“.

Große Hoffnung setzt die Uni in die schnelle Entwicklung von Mark 51/7, dem ehemaligen Opel-Werk in Laer, als lebendiges Quartier. Das werde die Sichtbarkeit, Erreichbarkeit und den Bekanntheitsgrad des Makerspace fördern.

Austauschs von Köpfen“, so Hansmeier. An diesem Mittwochmittag treffen sich hier zum Beispiel ein Dutzend Archäologie-Studenten, um über die Umsetzung eines Projekts zu beraten. Längst nicht nur Studierende technischer und naturwissenschaftlicher Richtungen kommen hier her. Archäologen etwa interessieren sich u. a. dafür, so Hansmeier, ihre wertvollen Funde in 3D-Modellen abzubilden, um die Originale zu schonen und zu schützen.

Autarke und nachhaltige Aufbereitung von Wasser

Zwei der drei Macher von „DrinkSea“: Marcel Schroller und Jonathan Heil rechnen sich gute Chancen aus, mit ihrer Trinkwasseraufbereitungsanlage einen Markt zu finden.
Zwei der drei Macher von „DrinkSea“: Marcel Schroller und Jonathan Heil rechnen sich gute Chancen aus, mit ihrer Trinkwasseraufbereitungsanlage einen Markt zu finden. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Andere haben eine Geschäftsidee mit einem ausgeprägten humanitären Ansatz im Kopf: Jonathan Heil (27), Marcel Schroller (29) und Jelko Seiboth (27) – Gründer und Macher des angehenden Start-up-Unternehmens „DrinkSea“. Sie haben ein System zur nachhaltigen Aufbereitung von Salz- und Schmutzwasser zu Trinkwasser entwickelt. Die Apparatur soll in Regionen der Welt eingesetzt werden, in denen die Versorgung mit sauberem Wasser schlecht und kostspielig ist, sowie dort, wo das Klima sehr warm und sonnenreich ist. In Krisengebieten kann so etwa nach Überschwemmungen den Menschen vor Ort geholfen werden.

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Das gibt es eigentlich schon. „Ja, aber nicht so kompakt, so einfach und vielseitig“, erklärt Jonathan Heil. Die multifunktionale Maschine von DrinkSea habe den Umfang einer Europalette und sei etwa 1,30 Meter hoch.

Bochumer haben wichtige Alleinstellungsmerkmale

„Unser größtes Alleinstellungsmerkmal ist, dass wir die Anlage energieautark betreiben“, sagt Marcel Schroller; nämlich mit einer integrierten Photovoltaikanlage. Außerdem sei sie geeignet, um Trinkwasser für täglich 30 bis 5000 Menschen zu produzieren, und sei damit optimal für kleine Kommunen. Internationale Programme förderten bislang nur Anlagen für größere Städte.

Das Trio ist daher guter Dinge, sich auf dem Markt behaupten zu können. So schnell wie möglich, hofft es, die Werkstatt im Makerspace nutzen und – auch mit Hilfe des Start-up-Centers – international die Einsatzmöglichkeiten des Systems vorstellen und beweisen zu können. „Das ist der nächste Schritt“, so Heil. Vom O-Werk in die Welt hinaus.