Bochum-Mitte. Mit dem Lehrer Klaus Otterbach geht an dem Bochumer Gymnasium der langjährige Leiter des französischen Theaters in Rente. Wie es nun weitergeht.
Am Pariser "Théatre de la Huchette" liegen zwischen den Aufführungen von "Die kahle Sängerin" und "Die Unterrichtsstunde" stets nur wenige Stunden, seit Jahren gibt es die Doppelaufführung dort ununterbrochen zu sehen. Beide Einakter stammen aus dem Jahr 1950, beide geschrieben vom französisch-rumänischen Autor Eugene Ionesco.
An der Bochumer Hildegardis-Schule lagen zwischen den Aufführungen hingegen mehr als 20 Jahre. Im Jahr 1999 ging das französische Schülertheater mit "La cantatrice chauve" an den Start, in diesem Jahr verabschiedete sich Theaterleiter Klaus Otterbach mit "La leçon" in den Ruhestand. Dazwischen? Jährliche Produktionen verschiedener französischer Schriftsteller.
Molière bis Kundera
Neben Ionesco gab es beispielsweise auch Jean Anouilh, Milan Kundera und Molière zu sehen. "Mit Ionesco schließt sich der Kreis nun", sagt Otterbach. Die Idee, Schülertheater zu machen hegte der Französisch- und Musiklehrer schon seit seiner Referendarszeit. Doch an seiner ersten beruflichen Station war das Theater bereits in festen Händen.
Am Hildegardis-Gymnasium bot sich ihm dann die Chance, etwas eigenes auf die Beine zu stellen. "Ich dachte zunächst an ein deutschsprachiges Theater, aber angesichts des bilingualen Zweigs an unserer Schule gab es genug Interesse für ein französisches Schülertheater", erinnert sich der Bochumer.
Jahrgangsübergreifendes Theater
Von Anfang an war für ihn klar: Anspruchsvolle Stücke sollen es sein und kein Boulevard-Theater. "Ionesco hat zum Beispiel eine ganz einfache Sprache, aber sehr viel zu sagen", erklärt Otterbach. Bei den Schülerinnen und Schülern kam das gut an: "Ich habe einen Aushang gemacht und schnell Mitstreiter gefunden", erinnert sich der Lehrer.
Die Produktionen seien stets jahrgangsstufenübergreifend entwickelt worden. "Manche waren jahrelang ab der 9. Klasse dabei", sagt Otterbach. Es habe ihn stets begeistert zu sehen, wie die Kinder und Jugendlichen über sich hinausgewachsen seien. "Das ist ein riesiger Schritt in der Persönlichkeitsentwicklung", ist er sich sicher.
Preisgekrönte Produktionen
Teilweise habe er ganz neue Seiten an den Schülerinnen und Schülern erlebt, die auf der Bühne eine ganz andere Präsenz entwickelt hätten als im Klassenzimmer. Eine Lieblingsproduktion kann Otterbach nicht nennen. "Ich habe immer mein Herzblut reingesteckt", sagt er. Das ist belohnt worden: Zweimal räume die Truppe den Preis der Vereinigung deutsch-französischer Gesellschaften ab.
Das erste Mal 2013 für ihre Produktion "Palace" mit Texten von Jean-Michel Ribes, nun den 2020 bundesweit ausgeschriebenen Theaterpreis für zwei eingereichte Szenen aus unterschiedlichen Produktionen. Beide Stücke - "Abdeckerei für alle" von Boris Vian und "Reisender ohne Gepäck" von Jean Anouilh thematisieren die Folgen der Weltkriege für die Zivilbevölkerung beziehungsweise für einen Wehrpflichtigen.
Nachfolge noch ungeklärt
"Ein Preis ist ein tolles Lob und Ansporn, auch Muttersprachler unter den Besuchern haben oft gestaunt", freut sich der Lehrer. Noch in diesem Jahr geht der 65-Jährige in den Ruhestand. Dass es mit dem französischen Theater dann an der Hildegardis-Schule vorbei sein könnte, will er sich nicht vorstellen.
"Was wir bis jetzt geschafft haben, das kann uns jedenfalls keiner mehr nehmen", sagt Otterbach. Er hofft, dass es eine Nachfolge geben wird. Geklärt ist diese allerdings noch nicht. Was aber feststeht ist, dass Theater für Otterbach auch im Ruhestand weiter eine wichtige Rolle spielen wird.
Pläne für den Ruhestand
"Ich bin selbst ein aktiver Theatergänger und habe auch in der Vergangenheit schon selbst Stücke geschrieben, aufgeführt und mitgespielt", sagt er. Seine Theaterliebe weckte einst "König Lear" von William Shakespeare. "Ich bin ein totaler Shakespeare-Fan", gibt Otterbach zu.
Als Französischlehrer habe er aber stets französische Schriftsteller ausgewählt. Vielleicht ist also nun die Zeit für einen englischen Dramatiker gekommen.
Bilingualer Zweig
Die Hildegardis-Schule bietet seit über 40 Jahren einen deutsch-französischen Zweig an. Durch Austauschbegegnungen ab Klasse 7 sowie zweisprachigen Unterricht in den Fächern Erdkunde und Geschichte ab Klasse 8 knüpfen bilinguale Schülerinnen und Schüler intensive Kontakte zum Nachbarland.
In der Oberstufe kann der bilinguale Zweig fortgeführt und mit dem gleichzeitigen Erwerb von deutschem Abitur und französischem Baccalauréat abgeschlossen werden.