Bochum. 134.000 Glasfaseranschlüsse sollen in Bochum entstehen. Die Stadt baut eine neue Infrastruktur auf. So kommen Kunden ans schnelle Internet.

Als Gigabitcity wollte Bochum in den vergangenen Jahren für Furore sorgen. Dabei ging es - gemeinsam mit Kupferkabelnetz-Betreiber Unitymedia (Vodafone) darum, flächendeckend in der Stadt schnelles Internet anzubieten. Da diese Struktur aber „an ihre Grenzen gekommen ist“, so Oberbürgermeister Thomas Eiskirch, baue Bochum jetzt die Infrastruktur von morgen: Glasfaser.

Glasfaser Ruhr investiert 185 Millionen Euro

Bis 2032 wird die Glasfaser Ruhr GmbH, ein Tochterunternehmen der Stadtwerke Bochum, bis zu 134.000 Glasfaseranschlüsse in der Stadt schaffen und dafür 185 Millionen Euro investieren. Insgesamt 1400 Kilometer Kabel, eine Strecke, die so lang ist wie die Entfernung zwischen Bochum und Barcelona, sollen verlegt werden. Rentieren soll sich diese Investition durch eine Vermietung über mindestens 30 Jahre an die Telekom. „Außerdem bietet das Netz weiteres Potenzial, das wir in Zukunft nutzen können“, so Glasfaser-Geschäftsführer Patrick Helmes.

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Bochums Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD), Telekom-Vorstandsmitglied Srini Gopalan sowie die beiden Glasfaser-Ruhr-Geschäftsführer Patrick Helmes und Christian Graumann (von links) haben die Pläne zum Aufbau der Glasfaser-Infrastruktur in Bochum im Starlight-Express-Musiktheater vorgestellt.
Bochums Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD), Telekom-Vorstandsmitglied Srini Gopalan sowie die beiden Glasfaser-Ruhr-Geschäftsführer Patrick Helmes und Christian Graumann (von links) haben die Pläne zum Aufbau der Glasfaser-Infrastruktur in Bochum im Starlight-Express-Musiktheater vorgestellt. © Glasfaser Ruhr | Thomas Klerx

Die Telekom spricht derweil von einer „Win-Win-Situation!“, so Vorstand Srini Gopalan bei der Vorstellung der Kooperation im Starlight-Express-Musicaltheater: „Niemand kann Deutschland alleine digitalisieren.“ Der Telekommunikationskonzern will bis 2024 bereits zehn Millionen Anschlüsse schaffen und hat, so Gopalan, einen Ausbauplan für die 25 größten deutschen Städte. An vielen Orten baut die Telekom das Netz selbst, in Bochum mietet sie es.

Kunden können Anbieter frei wählen

Wer künftig auf Glasfaser setzen will, ob Unternehmen oder Privathaushalt, ist damit aber nicht von der Telekom abhängig. Sie wird das Netz allen Anbietern zur Verfügung stellen und dafür selbst Nutzungsentgelte einnehmen. „Die Kunden können den Anbieter frei wählen“, so das Telekom-Vorstandsmitglied. Auch der Netzeigentümer, die Glasfaser Ruhr, wird als „Untermieter“, seinen Kunden Glasfaser-Leistungen anbieten. Die Kosten dafür hängen von der gebuchten Leistung ab: Sie liegen etwa in den ersten sechs Monaten bei 19,95 Euro monatlich für eine 250 Megabit Download- und eine 50-Megabit-Upload-Rate und steigen dann auf 44,95 Euro. Für 1000/200 Mbit sind erst 39,95 Euro und dann 79,95 Euro fällig.

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Nicht alle Glasfasern eines Kabels werden an die Telekom vermietet. Investor Glasfaser Ruhr kann einen Teil der Kapazitäten selbst vermarkten – unter Umständen auch für künftige Technologien.
Nicht alle Glasfasern eines Kabels werden an die Telekom vermietet. Investor Glasfaser Ruhr kann einen Teil der Kapazitäten selbst vermarkten – unter Umständen auch für künftige Technologien. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Bei der Telekom sieht das Preisgefüge etwas anders aus. Es reicht von erst 19,95 Euro und dann 39,95 Euro für 50 Mbit bis 79,95 für 1000/200 Mbit. Wer vom Kupferkabel auf das Glasfasernetz umsteigen möchte, müsse bei gleichbleibender Leistung keine höheren Kosten fürchten, versicherte Telekom-Vorstand Gopalan.

Glasfaserausbau beginnt Anfang 2023

Glasfaser Ruhr und Telekom verfügen in Bochum bereits über eigene Glasfasernetze. So wird die Stadtwerke-Tochter wird bis Ende 2022 bereits etwa 33.000 Anschlüsse in den Stadtteilen Altenbochum, Querenburg, Ehrenfeld, Steinkuhl, Werne, Grumme, Langendreer und Wiemelhausen angeschlossen haben. Vom kommenden Jahr an soll dieses Netz ausgebaut werden.

Stadtwerke arbeiten am Konzernumbau

Die Stadtwerke Bochum als Muttergesellschaft der Glasfaser Ruhr GmbH setzt mit dem Infrastrukturausbau auch ein deutliches Zeichen für einen sukzessiven Umbau im Konzern.

„Wir können nicht davon ausgehen, dass unser bisheriges Geschäftsmodell auch noch in 30, 40 Jahren funktioniert“, hatte Stadtwerke-Geschäftsführer Frank Thiel bereits 2017 bei der Vorstellung der Serviceoffensive seines Hauses gesagt. Wie viele andere Stadtwerke hofft auch Bochum auf Erträge aus den neuen Geschäftsfeldern Energiedienstleistungen, Telekommunikation und Erneuerbare Energien.

Zu Beginn der Ausbauphase werden nach derzeitiger Planung die Stadtteile Gerthe, Grumme, Langendreer, Linden, Steinkuhl und Stiepel ans Glasfasernetz angebunden. Die Stadtteile werden nach Auskunft des Investors in mehreren Bauabschnitten ausgebaut.

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Hausanschluss ist „in der Regel“ kostenlos

„Für den Hauseigentümer ist das in der Regel kostenlos“, so Patrick Helmes – wenn der Anschluss im Rahmen der Ersterschließung gelegt wird. Nur wenn der Weg vom Bürgersteig zum Haus ungewöhnlich lang oder hindernisreich sein sollte, könnten Kosten anfallen. In einem ersten Schritt werden Gehwege und Straßen geöffnet, um dort die Leitungen zu verlegen. Für den Hausanschluss ist die Erlaubnis des oder der Eigentümer Voraussetzung. „Wir hoffen natürlich, dass sich möglichst viele Eigentümer dazu entschließen, ihre Erlaubnis zu geben“, so OB Eiskirch. An einen Vertragsabschluss sei diese Einwilligung nicht gebunden, versichern Glasfaser und Telekom.

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Fördergelder für „weiße Flecken“ stehen noch aus

Bleibt die Frage, ob alle Bochumerinnen und Bochumer von dem Glasfaserausbau profitieren könnten. Geplant ist, dass bis 2032 mehr als 90 Prozent der Haushalte und Unternehmen über einen Gigabit-Glasfaseranschluss verfügen können. Da die „weiße Flecken“ an den entlegenen Ecken des 145,5 Quadratkilometer großen Stadtgebiets nicht zu wirtschaftlich vertretbaren Konditionen erschlossen werden können, soll dies mit Hilfe von Fördergeldern geschehen. 11,1 Millionen Euro hat die Stadt dafür beantragt. Und sie sei zuversichtlich, so der Oberbürgermeister, dass das Geld bald zur Verfügung steht. Bei den „weißen Flecken“ geht es um 3000 Haushalte und 800 Gewerbebetriebe; insgesamt 1250 Adressen, die über das gesamte Stadtgebiet verteilt sind.