Bochum. Die Tiemeyer-Gruppe aus Bochum peilt einen Milliarden-Jahresumsatz an. Für jedes verkaufte Auto wird ein Baum gepflanzt – 33.000 für 2020/21.
Für ein Unternehmen, das stramm auf einen Jahresumsatz von einer Milliarde Euro zusteuert, ist die Firmenadresse eher unspektakulär. In einem mit Waschbetonplatten verkleideten Flachbau in Bochum-Langendreer hat die Tiemeyer-Gruppe ihre Zentrale. Eigentlich sollte es bald eine neue, repräsentativere Adresse geben.
Tiemeyer entwickelt eine eigene Nachhaltigkeitsstrategie
Aber davon hat einer der 15 größten Autohändler in Deutschland erst einmal Abstand genommen – wegen der galoppierenden Baukosten und den enormen Veränderungen in der Branche. Dafür geht er etwas anderes Neues an: eine Nachhaltigkeitsstrategie. Dank dieser wird Tiemeyer für das erfolgreiche Geschäftsjahr 2020/21 insgesamt 33.000 Bäume pflanzen – einen für jedes verkaufte Auto.
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„Die Erde wird wärmer. Und wir wollen uns nicht nur grün waschen, wir wollen auch aktiv etwas tun“, sagt Vorstandsvorsitzender Heinz-Dieter Tiemeyer. Sein Unternehmen hat daher eine eigene Nachhaltigkeitsstrategie namens „Green Mobility“ entwickelt. Zu der gehört, dass für jeden verkauften Neu- und Gebrauchtwagen ein Baum gepflanzt wird – im Bergischen Land, aber auch an den Standorten seiner Autohäuser. 33.000 Bäume werden es für das abgelaufene Geschäftsjahr sein. Außerdem werden mittlerweile alle Betriebe mit Ökostrom versorgt. „Und wir sind Vorreiter beim Vertrieb elektrifizierter Fahrzeuge im Ruhrgebiet“, so Tiemeyer. 2020/21 hat seine Gruppe 1064 Neu- und 586 gebrauchte E-Autos verkauft. Im laufenden Geschäftsjahr, das im August endet, sind es bislang 2037 neue und 919 gebrauchte Elektrofahrzeuge.
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Jahresumsatz von 864 Millionen Euro soll weiter steigen
Der Haken bei diesem Geschäft: „Wir sind total ausverkauft.“ Mitunter müssen Kunden sehr lange auf ihre Fahrzeuge warten. Allen Widrigkeiten zum Trotz scheint der im Vorjahr auf 864 Millionen Euro gewachsene Jahresumsatz erneut zu steigen. Tiemeyer: „Wir streben erneut das erfolgreichste Geschäftsjahr an.“ Sein Ziel ist es, auf absehbare Zeit 2000 Mitarbeiter zu beschäftigen, derzeit sind etwa 1600, und die Umsatzgrenze von 1 Milliarde Euro zu erreichen.
Dies indes scheint nur noch eine sportive Zielmarke von begrenzter Lebensdauer zu sein. Denn: „Die Zukunft eines Autohändlers ist deutlich schlechter“, so Heinz-Dieter Tiemeyer. Weil die Autoproduzenten künftig den Handel von Neu- und Gebrauchtfahrzeugen selbst übernehmen wollen und das lukrative Werkstattgeschäft deutlich zurückgehen wird, da E-Fahrzeuge seltener gewartet und repariert werden müssen, sind Einbrüche vorprogrammiert. „In sechs Jahren wird der Umsatz des Werkstattgeschäfts um 25 Prozent gesunken sein und der Ertrag im Vertrieb 30 bis 40 Prozent geringer ausfallen.“
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Bau eines neues Verwaltungssitzes ist vorerst gestoppt
Eigentlich ist die Lage sogar dramatisch. „Ja, das ist schon existenzbedrohend“, so Tiemeyer mit Blick auf die Strategie der Volkswagen AG, die den Händlern künftig nur noch die Rolle des beauftragten Agenten mit Vermittlungspauschale zuweist. „Wir erklären den Kunden die Autos, liefern sie aus und nehmen sie zurück.“ Wer am Markt bleiben will, der muss also schon bald deutlich mehr tun als „nur“ Autos zu verkaufen. In Langendreer ist daher auch nicht die Rede von einem Wandel, sondern von einem Umbruch, nämlich der zu einem Mobilitätsdienstleister. Die Digitalisierung, die auch in der Wirtschaft als eine der großen Hürden gilt, „erscheint dagegen einfach zu gestalten zu sein“, so der 61-jährige Vorstandsvorsitzende.
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Seine Gruppe fasst in diesem Jahr alle Autohäuser zu einem Unternehmen zusammen, womit u.a. 20.000 interne Rechnungen künftig ebenso wegfallen wie Steuererklärungen für jeden einzelnen Betrieb. Alle Arbeitsabläufe werden optimiert, die Verwaltung für alle Standorte sollte daher in Bochum zentralisiert werden. Dazu sollte auf dem Firmengelände in Langendreer ein Neubau entstehen. „Aber das habe ich erst einmal gestoppt“, sagt Heinz-Dieter Tiemeyer. 40 Prozent teurer als ursprünglich geplant sollte der Bau werden.
Tiemeyer blickt mit Interesse auf Projekt des Mitbewerbers Lueg
Umdenken muss der Autohandelsriese vielleicht auch noch einmal bei einem anderen großen Projekt. In Hattingen entsteht auf dem Gelände des früheren Rewe-Zentallagers eine Logistikzentrale. Vielleicht entwickelt sich der Standort aber auch zu einem neuen Vertriebs- und Auslieferungsort.
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Mit großem Interesse betrachtet das eine große Bochumer Autohandelshaus, Tiemeyer, eine Neuerung beim anderen großen Bochumer Autohändler – Lueg. Der Mercedes-Partner gestaltet in Essen-Kray seinen Gebrauchtwagenverkauf neu und verzahnt den Onlinehandel mit dem klassischen Autohaus. Im Stadtteil Kray wurden sämtliche Gebrauchtfahrzeuge der Gruppe zusammengefasst. Die Kunden wählen online aus, fahren zum Gebrauchtwagencenter und können dort binnen 15 Minuten den kurzfristig aufbereiteten Wunschwagen sehen und probefahren – laut Lueg ein Novum in der Gebrauchtwagenbranche. „Das werden wir beobachten“, so Tiemeyer – und möglicherweise in Hattingen etwas Ähnliches aufbauen.