Bochum. 11,1 Millionen Euro Fördermittel für schnelles Internet erwartet Bochum von der Bezirksregierung. Doch die hat Bedenken und hält das Geld zurück.

Vor 18 Monaten feierte sich Bochum als künftig schnellste Stadt Deutschlands. Spätestens Ende 2018 sollten alle Bochumer in der Gigabit-City mit Lichtgeschwindigkeit durchs Internet surfen können. Für 3000 Haushalte und 800 Gewerbebetriebe, insgesamt 1250 Adressen über das gesamte Stadtgebiet verteilt, klingt das mittlerweile wie ein Hohn.

Sie warten immer noch in den weißen, weil unversorgten Flecken auf einen schnellen Anschluss. Und die meisten von ihnen müssen jetzt noch mindestens ein weiteres Jahr warten. Der Grund: Die Stadt und die Bezirksregierung Arnsberg streiten über den korrekten Inhalt einer Ausschreibung für die Ausführung der Anschlussarbeiten. Arnsberg hat sich bislang geweigert, die in Aussicht gestellten Fördermittel in Höhe von 11,1 Millionen Euro auszuzahlen. Deshalb startet die Stadt die Ausschreibung neu und rechnet erst zum Jahresende mit einem Ergebnis. Bis dahin müssen sich fast alle Haushalte, Firmen und viele Schulen noch gedulden.

Bund hat seine Zusage schon gegeben

„Das ist sehr ärgerlich“, sagt Ralf Meyer, Geschäftsführer der Bochum Wirtschaftsentwicklung (Bowe), die die Ausschreibung im Auftrag der Stadt auf den Weg gebracht hat. Zumal der Bund seine Zusage für ebenfalls 11,1 Millionen Euro bereits gegeben hat. Dass Arnsberg dem nicht gefolgt ist, liegt an einer abweichenden rechtlichen Auffassung zu Teilen des Ausschreibungsverfahrens. Dabei gehe es, so die Bowe, u. a. darum, ob der Netzanschluss und -betrieb auch für Schulen förderwürdig ist. Beide Seiten haben mittlerweile Gutachten dazu beigebracht – und sich doch nicht einigen können. Deshalb ist es „zu erheblichen Zeitverzögerungen gekommen“, wie die Bowe einräumt.

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Ins Stocken gekommen ist der vollständige Ausbau Bochums mit schnellem Internet.
Ins Stocken gekommen ist der vollständige Ausbau Bochums mit schnellem Internet. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Sie zieht nun die Notbremse, bringt eine neue Ausschreibung auf den Weg und verzichtet auf eine gerichtliche Klärung. „Das würde den Prozess nur noch weiter verzögern“, so Ralf Meyer. Damit wenigstens etwas Bewegung in den Ausbau kommt, will Bochum den Gigabit-Ausbau an einigen Stellen selbst anschieben. So sollen 14 Schulen (Infobox) bis August an das schnelle Internet angeschlossen werden – so wie es der im Vorjahr verabschiedete Medienentwicklungsplan vorsieht.

200.000 Euro aus dem Haushalt

Der Nachteil dabei: Die Kosten dafür muss die Stadt selbst tragen oder aus einem anderen, bereits genehmigten Fördertopf finanzieren. Denn: „Bei einem vorzeitigen Maßnahmenbeginn sind die Leistungen nicht förderfähig“, so Chef-Wirtschaftsentwickler Ralf Meyer. Etwa 200.000 Euro wird es nach Schätzungen der Stadt kosten, die notwendigen Leitungen zu den 14 Schulen zu legen. „Wir wollen Tempo machen und nehmen selbst Geld in die Hand, was eigentlich schade ist, weil diese Leistungen über Fördermittel finanziert werden könnten“, sagt Kultur-Dezernent Dietmar Dieckmann. Und: „Möglicherweise kommen auch noch zwei weitere Schulen in Wattenscheid dazu.“ Weitere 250.000 Euro für Leitungen innerhalb der Schulen bis zu den Verteilerdosen werden aus dem Fördertopf „Gute Schule“ bezahlt.

Grünen-Fraktion übt scharfe Kritik

Glücklich ist niemand in der Stadt über die Verzögerung des Ausbaus, der zudem mehr städtisches Geld kostet. Die Fraktion der Grünen im Rat schießt sogar schon scharf in Richtung Bezirksregierung: „Es ist kaum zu glauben. Eine bereits zugesagte Förderung des Bundes über 11 Millionen Euro kann nicht abgerufen werden, weil die Bezirksregierung in Arnsberg bürokratische Hürden aufstellt und die in der Sache gänzlich unstrittige Kofinanzierung verweigert. Es scheint, als wolle man der von der Laschet-Regierung ausgerufenen Entfesselung wieder Fesseln anlegen.“

Rechtlich belastbare Entscheidung

In Arnsberg verweist man derweil auf „komplizierte vergaberechtliche Fragestellungen“, so Sprecher Christoph Söbbeler. Die Frage, ob die Vergabe des Ausbauauftrags an die Glasfaser Bochum GmbH, eine Tochter der Stadtwerke Bochum, der Grund für die Ablehnung der Förderung ist, beantwortet er mit dem Hinweis: „Es geht um eine rechtlich belastbare Entscheidung.“

Alle Schule bekommen schnelles Internet

An 14 Schulen im gesamten Stadtgebiet will die Stadt Bochum bis August Gigabit-Anschlüsse legen – auch ohne Landesförderung. Bei ihnen sind die technischen Voraussetzungen gut, weil sie in der Nähe einer Breitbandleitung liegen.

Dabei geht es um folgenden Schule: Alice-Salomon-Berufskolleg, Annette-von-Droste-Hülshoff-Schule (Realschule), Erich Kästner-Schule (Gesamtschule), Graf-Engelbert-Schule (Gymnasium), Heinrich-Böll-Gesamtschule, Hildegardis-Schule (Gymnasium), Liselotte-Rauner-Schule (Hauptschule), Nelson-Mandela-Schule (Sekundarschule), Ottilie-Schoenewald-Weiterbildungkolleg, Rupert-Neudeck-Schule (Sekundarschule), Schiller-Schule (Gymnasium), Technische Berufsschule 1, Theodor-Körner-Schule (Gymnasium), Willy-Brandt-Gesamtschule

In den nächsten Jahren sollen alle 70 Schulen mit schnellem Internet ausgestattet werden. Es gibt 42 Grundschulen mit 49 Standorten, zehn Gymnasien, ein Weiterbildungskolleg, fünf Gesamtschulen, zwei Sekundarschulen, zwei Hauptschulen, fünf Realschulen, sieben Förderschulen mit acht Standorten, eine Schule für Kranke sowie fünf Berufskollegs mit acht Standorten, deren Träger die Stadt Bochum ist.

Die sind im übrigen in vielen anderen Fällen im Regierungsbezirk möglich gewesen. Bis jetzt sind nach Angaben der Bezirksregierung 267 Millionen Euro Fördergelder für 76 Projekte im Rahmen des Breitbandausbaus aus Landesmitteln bereit gestellt worden.