Bochum. 1,76 Milliarden Euro Schulden hat Bochum. Allein 2022 muss es 30 Millionen Euro Zinsen bezahlen. Ein Altschuldenerlass könnte helfen.

Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg. Zwei internationale Krisen verlangen den Kommunen alles ab – und drohen eine weitere große Herausforderung zu überlagen: die Altenschuldenfalle. Auch Bochum ist davon betroffen. 1,76 Milliarden Euro beträgt die Verschuldung der Stadt. Schulden, die schwer zu schultern sind.

Bochum und andere Städte fürchten Zinsanstieg

Etwa 30 Millionen Euro Zinsen muss Bochum dafür allein in diesem Jahr aufbringen - trotz der seit langem anhaltenden Niedrigzinsphase. Sollte diese Phase enden, und das deutet sich an, würde die Zinsbelastung spätestens mittelfristig um ein Vielfaches steigen und damit den Haushalt und die Investitionsfähigkeit der Stadt belasten.

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Bochum und mehrere Dutzend weitere Städte in ganz Deutschland, die sich zum Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ zusammengeschlossen haben, hoffen daher auf eine, aus ihrer Sicht längst fällige Lösung für Altschulden durch Bund und Land. Dabei geht es ausschließlich um die Kassenkredite, die für die Finanzierung laufender Kosten aufgenommen werden und mit denen anders als bei den Investitionskrediten keine Werte geschaffen werden.

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Kassenkredite von 650 Millionen Euro

Sie machen in Bochum knapp ein Drittel der Gesamtverschuldung von 1,76 Milliarden Euro (Stand Ende 2021) aus. Der durchschnittliche Zinssatz für diese „Verbrauchskredite“, die den Überziehungskrediten im privaten Sektor ähneln, lagen 2021 bei 0,72 Prozent. Bei knapp 650 Millionen Euro Kassenkrediten lag die Zinslast bei etwa 4,7 Millionen Euro. Diese Last und das Risiko noch höherer Belastungen wäre Bochum gerne los.

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Kämmerin Eva Hubbert verweist auf große eigene Anstrengungen in den vergangenen Jahren. „Wir haben die Liquiditätskredite seit 2018 deutlich abgebaut.“ Tatsächlich lagen diese sogenannten Kassenkredite Ende 2018 bei 753,6 Millionen Euro. Drei Jahre später, Ende 2021, waren es 646,6 Millionen Euro. Das ist nach Auskunft der Stadt der niedrigste Stand seit 2013. Zum Vergleich: Ende 2016 waren es noch 878 Millionen Euro.

OB Eiskirch im Gespräch mit dem Kanzler

Diese alten Kassenkredite, für die die überschuldeten Städte die Sozialstruktur ihrer Einwohner, eine strukturelle Unterfinanzierung und immer höhere Belastungen durch die vom Bund auferlegten, aber nicht ausreichenden finanzierten Ausgaben verantwortlich machen, sollen von Bund und Land übernehmen werden. So die Forderung der Kommunen. Denn: „Wenn die Europäische Zentralbank die Zinsen anhebt, werden wir als Kommunen nicht mehr handlungsfähig sein“, unkt Burkhard Mast-Weisz, Oberbürgermeister von Remscheid und einer der Sprecher des Aktionsbündnisses „Für die Würde unserer Städte“.

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Kämmerer und Bürgermeister haben vor einigen Tagen in Berlin erneut bei zwei Besuchen auf die Nöte der verschuldeten Städte aufmerksam gemacht. Auch Bochums Oberbürgerbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD) gehörte zu der Delegation, die sich u.a. mit Bundeskanzler Olaf Scholz traf. „Wir haben von allen Gesprächspartnern hier positive Signale erhalten“, so Eiskirch. Der Spielball liege nun aber bei der NRW-Landesregierung.

Kämmerin hofft auf eine baldige Regelung

Denn: Anders als andere Bundesländer hat Nordrhein-Westfalen noch keine Lösung für seine verschuldeten Kommunen vorgelegt. An der Hilfe des Bundes soll das offenbar nicht mehr liegen. So habe Kanzleramts-Chef Wolfgang Schmidt mit Blick auf eine Altschuldenlösung für finanzschwache Kommunen, den Vertretern des Aktionsbündnisses versichert: „Sie rennen bei uns sehr offenen Türen ein.“

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Bochums Kämmerin setzt darauf, dass auch dem Bund und der künftigen Landesregierung, am 15. Mai wird in NRW gewählt, an einer schnellen Lösung liegt – nicht zuletzt im eigenen Interesse. Denn: Jeder Prozentpunkt, um den die Zinsen demnächst womöglich steigen, würde eine größere Belastung für sie bedeuten, sollten sie die Altschulden übernehmen.