Bochum. Das Bürgerbegehren für mehr Radwege in Bochum ist gefährdet. Eine Einigung mit der SPD-Fraktion scheiterte. Nun sollen die Bürger entscheiden.
Das Bürgerbegehren „Radentscheid Bochum“, das deutlich mehr Radwege in der Stadt anstrebt, muss einen Rückschlag hinnehmen. Verhandlungen mit der SPD-Fraktion sind ergebnislos abgebrochen worden.
Das teilte die Fahrrad-Initiative am Dienstag mit.
„Es konnte kein Kompromiss bei den Ausbauzielen – dem Kernanliegen des Bürgerbegehrens – erreicht werden“, heißt es. Bei der Anzahl an Straßenkilometern, die in den nächsten neun Jahren für den Radverkehr ausgebaut werden sollten, hätten die Vorstellungen zu weit auseinandergelegen.
Ablehnung der Bochumer SPD-Fraktion könnte vorentscheidend sein
Radfahren in Parks? Rot-Grüner Vorschlag erhitzt die GemüterNoch im Dezember hatte der Radentscheid bei einer kleinen Feier 17.000 Unterschriften im Rathaus abgegeben. Ziel: Der Rat soll darüber entscheiden, ob die Forderungen der Rad-Initiative erfüllt werden. Im Vorfeld dieser Entscheidung gab es aber Verhandlungen mit der SPD-Fraktion, die stärkste Partei im Rat. Ihr Ausgang könnte vorentscheidend sein, denn die Forderungen des Radentscheides würden vom Rat nur umgesetzt, wenn er mehrheitlich zustimmt.
Der Radentscheid fordert den Ausbau von jährlich acht Straßenkilometern auf den großen Ausfallstraßen (Radialen), dem Innenring und weiteren Hauptverkehrsstraßen, außerdem jährlich zwölf Straßenkilometern auf allen übrigen Straßen. Die SPD-Fraktion wolle sich jedoch auf höchstens die Hälfte davon festlegen, heißt es.
Jetzt sollen die Bürgerinnen und Bürger in Bochum abstimmen
Die Radentscheid-Initiative setzt nun nicht mehr auf den Rat, sondern bereitet sich auf einen „Bürgerentscheid“ vor: Mindestens zehn Prozent der wahlberechtigten Bochumerinnen und Bochumer müssten den Forderungen zustimmen (ca. 29.000) und sie müssten die Mehrheit der Abstimmenden sein – ansonsten wäre der Bürgerentscheid gescheitert.
Sollte das Rechtsamt einen Bürgerentscheid für zulässig halten, müsste er spätestens drei Monate danach stattfinden. „Wir gehen fest von einer Zulässigkeit aus“, sagt Christoph Bast vom Radentscheid zur WAZ.
Der Rat tagt am Donnerstag (3. März), da steht diese Sache aber nicht auf der Tagesordnung. Die nächste Ratssitzung ist erst am 5. Mai.
Stadt Bochum veranschlagt Kosten in Höhe von 427,5 Millionen Euro
Radfahren in Parks- ADFC kritisiert „unsachliche“ DiskussionDer Ausgang eines Bürgerentscheides scheint völlig offen zu sein. Die Stadt schätzt, dass die Umsetzung der Forderungen nach neun Jahren voraussichtlich 427,5 Millionen Euro kostet. Davon müssten rund 77 Millionen Euro aus Anliegerbeiträgen der Bürgerinnen und Bürger finanziert werden.
Martina Schnell (SPD) will weiterhin einen Kompromiss und keine Bürgerwahl
Martina Schnell von der SPD sagte der WAZ, dass ihre Fraktion weiterhin einen Kompromiss anstrebt. „Wir wollen die Mobilitätswende, aber wir können nicht nur an die Radfahrer denken.“ Es könnten nicht 30 bis 40 Prozent der Stadt umgebaut werden, wenn gleichzeitig noch andere Aufgaben wie etwa Brückenbauten anstünden, das sei nicht umsetzbar. Zudem gebe es ein Definitionsproblem, was „Straßenkilometer“ seien: Für die SPD zählt jede Fahrtrichtung gesondert, für den Radentscheid nicht.
Grüne Ratsfraktion: Verhandlungen mit der SPD in Mobilitätsfragen schwierig
Bedauern zeigen Die Grünen über das Scheitern der Verhandlungen; sie hatten die Unterschriftenaktion aktiv unterstützt. Fraktionschef Sebastian Pewny: „Aus eigener Erfahrung wissen wir nur zu gut, wie schwierig Verhandlungen mit der SPD in Mobilitätsfragen sind, wenn es darum geht, den Straßenraum zugunsten des Umweltverbundes neu zu ordnen.“ Und weiter: „Wir wollen einen breit getragenen politischen Beschluss zum Radentscheid im Stadtrat, damit die 17.000 Unterschriften auch gewürdigt werden. Die meisten Punkte des Radentscheids sind im Stadtrat mehrheitsfähig.“
Linke in Bochum drücken dem Radentscheid die Daumen
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Auch Die Linke unterstützen den Radentscheid. Fraktionschef Horst Hohmeier: „Durch die Verweigerung der SPD-Fraktion, endlich beim Ausbau der Radinfrastruktur auf Vollgas zu schalten, liegt es jetzt an den Menschen in Bochum. Wir drücken dem Radentscheid beim anstehenden Bürgerentscheid die Daumen. Es ist gut, dass der Radentscheid kein zusammengekürztes Ausbauziel akzeptiert hat.“
CDU Bochum begrüßt nur einen Teil der Forderungen des Radentscheides
CDU-Fraktionschef Christian Haardt erklärte der WAZ: „Eine Reihe von Forderungen des Radentscheids entspricht grundsätzlich auch den Vorstellungen der CDU-Fraktion für die Weiterentwicklung der Radinfrastruktur in Bochum. Das gilt aber nicht für alle Forderungen, vor allem nicht für die zeitlichen Vorstellungen zur Umsetzung. Würde man die Vorstellungen des Radentscheides umsetzen, könnten wir in Bochum in den nächsten fünf Jahren keine Brücken, Straßen, Wege und Plätze sanieren. Wir würden nur noch Radwege bauen. Das ist mit uns nicht zu machen.“
FDP hält die Forderungen des Radentscheids nicht für finanzierbar
Léon Beck, stellvertretender Vorsitzender und verkehrspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, erklärte: „Es muss das Ziel einer jeden Verkehrspolitik sein, dass Bürgerinnen und Bürger möglichst freie Wahl haben, wie sie von A nach B kommen. Dazu gehört auch ein gutes Radverkehrsnetz. Der Radentscheid möchte jedoch zu schnell zu viel. Das ist weder finanzierbar, ohne dass andere notwendige Verkehrsinvestitionen auf der Strecke bleiben, noch wird auf diese Art und Weise ein breiter Konsens in der Stadt - etwa auch mit Blick auf Straßenausbaubeiträge - erzeugt. Wir sind für ein echtes Miteinander aller Verkehrsträger unter Berücksichtigung der Realität und damit in der Konsequenz gegen die unveränderte Übernahme des Forderungskatalogs des Radentscheids. Für einen Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur, aber etwa auch für gute Straßen und Brücken setzen wir uns weiterhin ein.“