Bochum. Rot-Grün wünscht sich mehr gemeinsam genutzte Fuß- und Radwege in den Bochumer Parks. Nach Bürgerprotesten haben SPD und Grüne ein Problem.
Rücksichtslose Radler rasen an Stille suchenden Spaziergängern vorbei, Unfälle mit Verletzten sind vorprogrammiert. Dieses Schreckensszenario fürchten Kritiker der Idee, künftig in Parks und Grünanlagen in Bochum auf ausgewiesenen Wegen das Radfahren zu erlauben. Ist diese Angst berechtigt?
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Radfahrer-Fußgänger-Unfälle: 21 Verletzte im vergangenen Jahr
„Für das Jahr 2021 haben wir insgesamt 18 Verkehrsunfälle, bei denen jeweils Fahrradfahrer und zeitgleich Fußgänger beteiligt waren“, teilt die Polizei auf Anfrage mit. 21 Menschen seien dabei verletzt worden, drei schwer. Verursacht haben die Unfälle in 15 Fällen die Radfahrerinnen und Radfahrer. Wichtig: Wer einen Unfall verursacht, ist im rechtlichen Sinne nicht immer auch schuld. Beispiel: ein geplatzter Reifen.
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Schon heute begegnen sich an mehreren Stellen im Stadtgebiet Fußgänger und Radfahrer. Zum Beispiel im Südpark, im Westpark, am Kemnader See, auf der Erzbahntrasse, auf dem Rad- und Fußweg Springorum und auch in Bereichen der Innenstadt – erlaubter und unerlaubter Weise. Klar gebe es da mal Konflikte, „eine Eskalation aber ist nicht erkennbar“, sagt Stadtsprecher Peter van Dyk.
Der Kommunale Ordnungsdienst reagiere auf Konflikte und spreche Beteiligte auch an, Ordnungsgelder oder andere Sanktionen seien aber nicht vorgesehen. „Die Überwachung des fließenden Verkehrs ist Aufgabe der Polizei.“
Fußgänger beschweren sich bei Polizei Bochum über Radfahrer
Die Polizei indes berichtet von unregelmäßigen Beschwerden von Fußgängern über Radfahrer. „Diese haben ihre Ursache meist auf den gemeinsam genutzten Rad-/Fußwegen. Grundsätzlich dürfen Fußgänger hier weder behindert noch gefährdet werden“, heißt es. Rad- und Pedelecfahrer müssten entsprechend Rücksicht nehmen, falls nötig warten und mit Schrittgeschwindigkeit fahren.
Für Radfahrer gelten laut Polizei auf gemeinsamen Geh- und Radwegen „erhöhte Sorgfaltspflichten, sie haben keinen Vorrang. Fußgänger müssen ihrerseits Rad- und Pedelecfahrende vorbei fahrenlassen. Sie dürfen aber den gesamten Geh-/Radweg benutzen und dort gegebenenfalls auch stehenbleiben.“
Angesichts der klaren Regeln und Erfahrungen erscheint der Vorstoß von SPD und Grünen, das Radfahren in weiteren Parks und Grünanlagen zu erlauben, schlüssig. Im jüngsten Ausschuss für Umwelt-, Nachhaltigkeit und Ordnung beauftragte die Koalition dementsprechend die Verwaltung zu prüfen, auf welchen ausgewählten Strecken künftig Fahrradfahren erlaubt werden könnte.
SPD verspricht: Kein Radschnellweg im Stadtpark Bochum
Nicht nur das Echo in den Leserbriefspalten der WAZ war aber entsprechend, auch in der Koalition löste der Vorstoß prompt Diskussionen und Reaktionen aus. „Es steht außer Frage, dass wir schauen müssen, ob und in welchem Ausmaß es eventuell erlaubt sein könnte, mit dem Fahrrad durch Grün- und Parkanlagen zu fahren. Aber doch nicht überall, wie es jetzt geäußert wird“, teilte Martina Schmück-Glock (SPD) mit.
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Es könne nicht sein, dass in den Park- und Grünanlagen der Stadt, die dem primären Zweck der Erholung dienten, „die Leute, die zu Fuß unterwegs sind, eventuell mit Kind, Kegel, Kinderwagen und Rollator, Angst haben müssen. Der Stadtpark wird kaum ein neuer Radschnellweg werden, sondern weiterhin ein Idyll in zentraler Lage der Innenstadt“, so die Vorsitzende des Ausschusses.
Grüne: Asphaltierte Wege wären auch für Menschen mit Rollator gut
„Es ist wie immer beim Thema Radverkehr: Wenn es konkret wird, tritt die SPD auf die Bremse“, bewertet Sebastian Pewny, Vorsitzender der Grünen-Fraktion, die Reaktion der Genossen auf die Diskussion nach dem gemeinsamen Antrag. Pewny kann sich sehr wohl vorstellen, dass breite Wege am Rande des Stadtparks, im Wiesental oder im Stadtgarten Wattenscheid für den Radverkehr freigegeben werden. Auch eine Asphaltierung der Schotterwege sei denkbar. „Das wäre auch für Bürgerinnen und Bürger, die mit einem Rollator oder einem E-Rollstuhl unterwegs sind besser.“