Bochum. Seit Jahresbeginn sind Plastiktüten in Supermärkten verboten. Halten sich Händler in Bochum daran? Stichproben sprechen eine deutliche Sprache.

Die Einkäufe von Bianca, Judith und Isabell Lewiciki landen im Kofferraum: Nudeln und Hygieneprodukte, Milch und Gemüse. Für die abendliche Lasagne haben sie alles bekommen. Eingepackt wird das ganze in Stoffbeuteln und Taschen aus Mehrwegplastik. "Das machen wir schon lange so", sagen Mutter und Schwestern.

Dass in deutschen Supermärkten seit dem 1. Januar Plastiktüten verboten sind, ist den Bochumern deshalb gar nicht großartig aufgefallen. "Ich habe früher selbst als Kassiererin gearbeitet. Schon seit Jahren war der Trend zu alternativen Taschen spürbar", sagt Bianca Lewicki.

Stichproben in Bochum

Schwester Judith bringt auch seit Längerem ihre eigene Tasche mit in den Supermarkt. "Ich vergesse das allerdings viel zu häufig", sagt sie. Die Folge sei ein Wust an Tüten zu Hause. "Das ist aber nicht schlimm, man kann sie auch super für Altpapier oder zum Transport nutzen", sagt die Supermarktkundin. Sie begrüße das Verbot deshalb sehr.

Ein Blick in die Supermärkte zeigt: Viele Plastiktüten sind tatsächlich verschwunden. Fast bei allen Stichproben im Bochumer Stadtgebiet lagern an den Kassen von "Rewe", "Real", "Aldi", "Lidl" und Co nur die erlaubten Papier- und Mehrwegtüten.

Nicht alle Beutel verboten

Mit einer Ausnahme: Bei einem Discounter im Bochumer Kirchviertel sind auch die typischen Plastiktüten noch reichlich vorhanden. "Man blickt da gar nicht durch, ich glaube, wir brauchen nur noch die Restbestände auf", gibt der Kassierer zu. Wenn sich die Einzelhändler allerdings nicht an das Verbot halten, riskieren sie ein Bußgeld von bis zu 100.000 Euro.

Fakt ist: Verboten sind Plastiktüten nicht generell, sondern nur Beutel mit einer Wandstärke von 15 bis 50 Mikrometern. Die dünnen Obst- und Gemüsebeutel aus Kunststoff fallen somit nicht unter das Verbot, größere Plastikbeutel, die oftmals direkt an der Kasse angeboten werden, müssen auch nicht zwangsläufig unter das Verbot fallen. "Irgendwie eine Mogelpackung", finden die Lewickis.

Elan von Händlern gefordert

Die Familie hält das Plastiktütenverbot für nicht umfassend genug. "Meine Litischis musste ich trotzdem in Plastik verpacken und abwiegen", sagt Judith Lewicki und zeigt den dünnen Plastikbeutel aus der Obst- und Gemüseabteilung. "Mein Gemüsenetz habe ich bei spontanen Einkäufen nicht dabei, deshalb wünsche ich mir, dass die Supermärkte mehr Papiertüten in diesem Bereich anbieten", sagt sie.

Von den Herstellern fordern sie ebenfalls mehr Elan und eine Vorreiter-Rolle. "Wenn man sich anschaut, in wie viel Plastik manche Waren verpackt sind, ist das wahnsinnig", sagt die Familie. Als Kunde habe man darauf nur bedingt Einfluss.

Unverpackt einkaufen in Bochum

Ganz unverpackt kann man in Bochum beispielsweise bei "Bioku", dem Unverpacktladen an der Herner Straße, einkaufen. Durchgesetzt hat sich das "Prinzip Plastikfrei" im Stadtgebiet aber noch nicht - die Fahrt zum Unverpacktladen dürfte die größte Hürde sein. "Vermutlich ist Plastik einfach zu billig für die Hersteller und Märkte", sagt Isabell Lewicki. Das dürfe aber nicht auf Kosten der Umwelt gehen.

Eine Kassiererin aus Wiemelhausen berichtet: "Die Plastiktüten werden schon länger nicht mehr so wirklich nachgefragt, zumindest bei uns im Stadtteil". Sie glaubt deshalb, dass die restlichen Bochumer sich schnell umgewöhnen. "Das ist einfach nur ein Gewöhnungsprozess. Früher gab es nur Papiertüten und die Leute sind trotzdem klargekommen", erinnert sie.

Umgewöhnung nötig

Die Papier- und Mehrwegtüten stünden den anderen Beuteln in nichts nach. Umweltfreundlicher sind sie aber nicht zwangsläufig (siehe Infobox). Auch Margarete S., die am Wochenende bei "Real" im Hannibal-Center einkauft, findet: "Das Verbot war schon lange überfällig."

Sie selbst habe zuletzt vor drei Jahren eine Plastiktüte gekauft. "Und das auch nur, weil die anderen Tüten aus waren", sagt sie. Waltraud Steiner hat zuletzt ab und an noch Plastiktüten gekauft. "Dann nehme ich eben fortan einen Stoffbeutel", sagt sie. Mitgebracht für den jetzigen Wocheneinkauf hat sie ihn bereits.

Gewusst?

Je nach Kunststoff dauert es bis zu 500 Jahren, bis sich eine Plastiktüte zersetzt hat. In Deutschland werden jährlich etwa 6,1 Milliarden Plastiktüten verbraucht.

Die Herstellung von Papiertüten benötigt allerdings fast doppelt so viel Energie, auch Luft und Wasser sind durch Chemikalien, mit denen die Zellstofffasern behandelt werden müssen, stärker belastet. Ausschlaggebend sind Rohstoff und Art der Entsorgung. Tragetaschen aus Baumwolle sind erst nach vielfacher Verwendung umweltfreundlicher.