Bochum. Die Workshop-Reihe der Ruhr-Universität Bochum und des Fraunhofer-Instituts starten. Zum Auftakt: Wo kann Plastik bleiben, wo muss es weg?

Im Supermarkt ärgert sich Ines Bürger häufig: Beim Einkaufen beobachtet sie, wie viele verschiedene Obstsorten in Plastik verpackt sind – obwohl die Natur in Form einer Schale eine Verpackung frei Haus mitgeliefert hat.

„Das ist doch unnötig. Ich versuche Plastik zu vermeiden, indem ich eigene Tüten mitbringe“, sagte Bürger beim Projekt „PlastikBudget“, das das Geographische Institut der Ruhr-Universität und Fraunhofer-Institut „Umsicht“ aus Oberhausen gemeinsam ausrichten.

Forderung: Mehr Sachverstand in die Debatte

Bei der ersten von vier Veranstaltungen konnten Bürger und Experten ihre Ideen zur Plastikvermeidung einbringen. Ingenieur Daniel Maga vom Fraunhofer Institut räumte zu Beginn mit Mythen auf. „Wir müssen dringend mehr Sachverstand in die Debatte bringen“, forderte er. Wenn es um den Klimaschutz gehe, dann gäbe es eine Reihe an Maßnahmen, die diskutiert würden: Verzicht auf Plastiktüten, Flüge reduzieren, Beheizung und Isolierung verbessern, regionale Lebensmittel kaufen, effizientes Fahren, Fleischkonsum reduzieren oder den Stand-By-Modus vermeiden.

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Frage man die Deutschen, welche dieser Maßnahmen die effektivste für den Klimaschutz sei, dann antworteten 22 Prozent der Befragten: „Keine Plastiktüten mehr verwenden“. Tatsächlich lande das Vermeiden von Plastiktüten mit einer Ersparnis von drei Kilogramm CO2 pro Kopf auf dem letzten Platz. „Viel schädlicher sind der Fleischkonsum (790 kg), die falsche Beheizung und Isolierung (770 kg) sowie Flugreisen (680 kg)“, löste Maga auf.

Alternativen nicht immer besser

Auch Geograph Stefan Schweiger (Ruhr-Uni) gab den anwesenden Bürgern und Experten mit auf den Weg: „Kunststoff ist nicht generell schlecht für die Umwelt oder die Gesundheit. Es kommt auf die Nutzung und Schadstoffe, das Recycling und die Entsorgung an.“ Ein Umstieg auf Alternativen sei außerdem nicht immer klimafreundlicher: „Ein Auto nur aus Eisen, Stahl und Holz wäre viel schwerer und würde mehr CO2 emittieren“, gab Schweiger zu bedenken.

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Daniel Maga vom Fraunhofer Umsicht beim Workshop an der Ruhr-Uni.
Daniel Maga vom Fraunhofer Umsicht beim Workshop an der Ruhr-Uni. © FUNKE Foto Services | Carsten Klein

Auch der Umstieg auf Bambusbecher müsse nicht die bessere Wahl sein: „Bei 100 Grad heißem Wasser löst sich gesundheitsschädlicher Formaldehyd“, informierte der Wissenschaftler. Gleichzeitig stellte er klar: „Es gibt toxikologische Gefahren durch Kunststoff und Tiere, die Plastik verschlucken, schadet es.“

Doch wo soll Plastik nun bleiben, wo muss es weg? Welche Menge an Kunststoff ist in der Umwelt gerade noch akzeptabel und wie kann ein daraus abgeleitetes Globalbudget auf ein nationales Pro-Kopf-Budget gerecht verteilt werden?

Konsum reduzieren

Maike Bannick vom Bund für Umwelt und Naturschutz (Bund) sagte: „Im medizinischen Bereich ist es schwierig, ohne Plastik auszukommen. Wir sollte aber generell nicht nur darüber sprechen, wo wir Plastik ersetzen können, sondern müssen unseren Konsum reduzieren.“ Das gelte etwa für Kleidung oder Lebensmittel. Physik-Student Steffen Schüttler ergänzte: „Die Plastikvermeidung ist meiner Meinung nach am wichtigsten. Ich setze mich für unverpacktes Einkaufen ein. Dafür gibt es extra Läden.“

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