Bochum-Gerthe. Maschinengeräusche aus einem Chemiewerk lassen Anwohner in Bochum-Gerthe nachts wach liegen. Die Behörden sind bereits eingeschaltet.

Frank Jansing hat in den letzten zwei Jahren dutzende Male die Polizei gerufen. Der Grund: immer derselbe. Schlafraubende metallische Geräusche, stundenlang, am Tag und vor allem nachts. „Es klingt, wie Hammer auf Hammer, ein nervtötendes metallisches Geräusch“, beschreibt er. Woher die kommen, weiß er genau: Kaum 850 m entfernt, an der Daimlerstraße, liegt die Firma Orm Bergold Chemie. „Wir können nachts nicht mehr mit offenem Fenster schlafen“, klagt auch Anwohner Franz Gocke und Nachbar Heinz Breuers sagt: „Die Ruhestörungen bestehen seit über zwei Jahren.“

Bochumer fühlen sich seit 2018 gestört

Anwohner Detlef Sawatzki erinnert sich noch genau: „Es fing im heißen Sommer 2018 an. Man wollte mit offenem Fenster schlafen und kam nicht zur Ruhe.“ So laut wie aktuell sei es davor nie gewesen: „Je nach Windlage mal leiser und mal lauter“, berichten die Anwohner.

Als Jansing 1991 seine Eigentumswohnung nahe des Gewerbegebiets kaufte, sei von Ruhestörungen dieser Art noch keine Spur gewesen. „Ich habe mir extra in einer ruhigen Sackgassenlage eine Wohnung gekauft - und jetzt das“, klagt Jansing. Für die Anwohner hat er die Beschwerdeführung übernommen und so viele Hebel wie möglich in Bewegung gesetzt: „Ich habe mich an die Stadt, die Bezirksregierung und die Polizei gewandt“, sagt er. Dutzende Visitenkarten, Protokolle und Aufzeichnungen haben sich inzwischen angestaut.

Fenster besser dicht: Anwohner Frank Jansing beschwert sich über Lärm einer Firma in der Nähe in Bochum-Gerthe.
Fenster besser dicht: Anwohner Frank Jansing beschwert sich über Lärm einer Firma in der Nähe in Bochum-Gerthe. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Angekündigte Reparatur blieb aus

Ergebnis seiner Bemühungen: Ein Messtechniker der Bezirksregierung rückte aus, suchte sogar den Betriebsleiter des Chemiewerkes auf. „Wir haben dann erfahren, dass die Geräusche von einer Maschine mit Lagerschaden stammen sollen“, sagt Anwohner Sawatzki. Eine Reparatur sei angekündigt worden, seitdem habe sich aber nichts getan. „Das ist schon über ein Jahr her“, klagen die Anwohner.

Firma sieht sich im Recht

Unsere Redaktion hat die zuständige Abteilung der Bezirksregierung Arnsberg für eine Stellungnahme angefragt. Innerhalb der erbetenen Frist lag jedoch keine Rückmeldung der Bezirksregierung vor.

Zu Wort meldet sich aber Aladin Muderizovic, Leiter der Produktion und Technik bei „Orm Bergold Chemie“, er sagt: „Es stimmt, dass die Bezirksregierung mehrere Messungen durchgeführt hat. Uns wurde mitgeteilt, dass sich alle Werte innerhalb der Genehmigung befinden.“ Aufzeichnungen über Polizeieinsätze wegen Ruhestörungen in den letzten Monaten liegen Orm Bergold nicht vor. „Ich habe zuletzt am 5. und 6. September angerufen - und könnte es eigentlich fast jede Nacht“, sagt Jansing.

Umwelt-Bundesamt macht Vorgaben

In der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm, kurz TA Lärm, des Umweltbundesamtes ist festgelegt, welche Immissionsrichtwerte in bestimmten Gebieten außerhalb von Gebäuden gelten. Mit 45 db(A) tagsüber und 35 db(A) nachts muss es in Kurgebieten und rund um Krankenhäuser und Pflegeanstalten am leisesten sein.

Lärmkarten online

Lärm ist für viele Menschen das größte Umweltproblem. Die meisten von ihnen fühlen sich durch den Straßen- und Schienenverkehr am stärksten beeinträchtigt. Aber auch Lärmbeeinträchtigungen durch Industrie und Gewerbe führen häufig zu Beschwerden.

Die Landesanstalt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz des Landes NRW hat für die Lärmquellen die Lärmpegel flächendeckend ermittelt. Lärmkarten unter: www.umgebungslaerm-kartierung.nrw.de

In urbanen Gebieten sind tagsüber bereits 63 db(A) und nachts 45 db(A) zulässig. Am lautesten darf es mit 70 db(A) nachts und tagsüber in Industriegebieten sein, Gewerbegebiete wie in Gerthe liegen mit 65 db(A) am Tag und 50 db(A) in der Nacht liegen etwas darunter. Zum Vergleich: Eine Kreissäge kommt auf 100 db(A), ein Staubsauger auf 70 db(A).

Wach ab 50 Dezibel

Zum Wachwerden reichen schon 50 Dezibel aus - das entspricht ungefähr der Lautstärke eines normalen Gespräches. Nachweislich führt Lärm auf Dauer zu chronischen Krankheiten wie zum Beispiel Bluthochdruck, Herzkreislauferkrankungen, Schwächung des Immunsystems, Allergien oder Tinnitus. „Ich leide bereits unter Schlafstörungen“, sagt Jansing.

Bei Orm Bergold Chemie, einer Firma für die Regenerierung gebrauchter Lösemittel, heißt es, man befinde sich in der Ursachenforschung bezüglich möglicher Geräusche, die Ruhestörungen hervorriefen. „Dazu arbeiten wir mit externen Partnern zusammen“, so Muderizovic. Zum angesprochenen Lagerschaden will er sich nicht äußern - die Ursachenforschung dauere.