Bochum-Langendreer. Seit sechs Jahren ist die Kita Eislebener Straße in einem Container untergebracht. Der Lärmpegel ist extrem. Jetzt war die Tinnitus-Liga vor Ort.

Ein dauerhaftes Klingeln oder Pfeifen im Ohr bezeichnen Mediziner als „Tinnitus“. Etwa drei Millionen Deutsche, meist im Erwachsenenalter, leiden laut Schätzungen an dieser Volkskrankheit, die extrem an den Nerven zerrt. Damit schon Kinder lernen, dass Krach krank machen kann, ist die Deutsche Tinnitus-Liga mit Sitz in Wuppertal oft an Schulen und Kitas unterwegs, um sogenannte Lärmprävention zu betreiben. Jetzt war der Verein zu Besuch in der evangelischen Kindertagesstätte an der Eislebener Straße in Bochum – denn dort nervt die enorme Lautstärke ganz besonders.

Der Grund: Seit Ende 2014 ist die Kita in einem Container untergebracht, weil sich der Neubau und die Sanierung der ehemaligen Kita direkt nebenan schon seit Jahren hinzieht. Die 75 Kinder und vor allem auch die Erzieher haben seither das Problem, dass der Lärm in dem Container ohrenbetäubend ist: „Der Lärmschutz ist in jeder Kita ein Problem“, sagt die Leiterin Silke Höhner. „Aber bei uns ist das schon heftig, weil die ohnehin typische laute Geräuschkulisse hier noch um ein Vielfaches verstärkt wird.“

Der evangelische Kindergarten Eislebener Straße ist seit 2014 in einem Container untergebracht. Vor allem der hohe Lärmpegel macht den Mitarbeitern zu schaffen.
Der evangelische Kindergarten Eislebener Straße ist seit 2014 in einem Container untergebracht. Vor allem der hohe Lärmpegel macht den Mitarbeitern zu schaffen. © FUNKE Foto Services | Olaf Ziegler

Tinnitus-Liga kämpft gegen den Lärm

Durch einen Flyer wurde Nicole Bakir, stellvertretende Kita-Leiterin, auf die Angebote der Deutschen Tinnitus-Liga zur Lärmprävention aufmerksam. „Wir möchten die Kinder, aber auch unsere Kollegen für dieses Thema sensibilisieren“, sagt sie.

Vier Tage lang war die Sozialpädagogin Alina Pouryamout zu Besuch in der Kita, um gemeinsam mit den Kindern im Alter von vier bis sechs Jahren Themen wie Hören und Lärm spielerisch zu erfassen. Anhand eines Ohrmodells lernten die Kinder etwa, wie ein Ohr aufgebaut ist. Mit Spielen und Experimenten konnten sie kindgerecht den Hörsinn erfahren. So stand auch eine „Lärmampel“ auf dem Plan: Sie leucht rot, wenn die Kinder zu laut sind, und zeigt auch einen Geräuschpegel „im grünen Bereich“ an, wenn jeder mal für eine Minute den Mund hält.

Kita hat beim Schallschutz nachgerüstet

Besonders gut kam bei den Kindern die Schnecke Tili an: Die Handpuppe aus Stoff stellt eine Hörschnecke dar, auch Cochlea genannt, die das sensorische Hörorgan und die Haarzellen enthält.

Was ist die Deutsche Tinnitus-Liga?

Die Deutsche Tinnitus-Liga ist eine gemeinnützige Selbsthilfeorganisation, die die Interessen von Patienten mit Tinnitus, Hörsturz und Morbus Menière (eine Erkrankung des Innenohres) vertritt. Mit rund 12.000 Mitgliedern ist die DTL der größte Tinnitus-Zusammenschluss in Europa.

Über 800 Fachleute gehören der DTL als Partner und Mitglieder an, darunter Wissenschaftler, HNO-Ärzte, Hörakustiker und Psychologen. Alle Infos: www.tinnitus-liga.de.

Für die Kita hat sich die Aktion gelohnt: „Im Alltag fällt oft gar nicht auf, dass Lärm ein Krankmacher sein kann. Das war den Kindern vorher nicht klar, und auch uns als Erziehende ist das nochmals deutlich geworden“, erzählt Nicole Bakir. Im Teamgespräch gab Alina Pouryamout nützliche Tipps und ging anschließend mit den Mitarbeitern durch die Räume, um zu schauen, welche Lärmquellen mit einfachen Mitteln minimiert werden können.

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„Beim Schallschutz haben wir schon etwas nachgerüstet“, sagt Leiterin Silke Höhner. „Trotzdem ist es hier noch immer lauter als woanders.“ Was natürlich auch an der Lautstärke der Kinder liegt: „Nur so aus Spaß schreien sich manche gegenseitig in die Ohren. Das ist schon ein beliebtes Spiel geworden.“ Merklich leiser ist es nach dem Besuch der Tinnitus Liga an der Eislebener Straße also nicht geworden, und doch ist die Kita von dem Projekt überzeugt: „Für uns war das wirklich sinnvoll.“

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