Bochum-Linden. . Wegen angeblicher Ruhestörung darf das Lindener Büdchen erst ab 6 Uhr öffnen. Besitzer Refik Gülcü fühlt sich von der Stadt ungerecht behandelt.
Schlechter hätte das Jahr für Refik Gülcü nicht beginnen können: Weil im Ordnungsamt eine Beschwerde wegen Ruhestörung vorliegt, darf er sein Lindener Büdchen ab sofort erst um 6 Uhr öffnen. Der 41-Jährige sieht dadurch seine Existenz bedroht. „Denn jetzt fällt bei mir ein Viertel des Umsatzes weg.“ Belegte Brötchen, einen Kaffee zum Mitnehmen, die Tageszeitung – all dies holen sich Gülcüs Kunden jetzt woanders.
Bisher hatte das Lindener Büdchen offiziell ab 5 Uhr geöffnet. Gülcü: „Die Brötchen bekamen wir immer um halb Fünf. Dann wurde geschmiert. Und wenn dann schon mal jemand geklopft hat, wurde er natürlich auch bedient.“ Laut sei es dabei nie zugegangen.
Vom Ordnungsamt war niemand vor Ort
Verstehen kann Refik Gülcü, der das Lindener Büdchen zusammen mit seinem Partner Rocco Furiano seit Juni 2017 betreibt, die Beschwerde daher nicht. „Wir haben mit niemandem in der Nachbarschaft Probleme. Im Gegenteil: Die Leute hier wundern sich selbst.“ Auch werde vor seinem Kiosk nicht groß gequatscht oder getrunken. Gülcü: „Die Leute holen sich, was sie benötigen, und fahren dann wieder.“
Verwundert ist Gülcü über das Vorgehen der Stadt. „Niemand vom Ordnungsamt hat sich die Situation vor Ort angesehen. Entschieden wurde vom Rathaus aus.“ Und mehr noch: „Die Bitte um ein persönliches Gespräch mit der zuständigen Sachbearbeiterin wurde abgelehnt.“
Gülcü: Auch Vorbesitzer öffneten früher
Wer auch immer ihn angeschwärzt hat – Refik Gülcü hätte sich im Vorfeld gewünscht, direkt angesprochen zu werden. „Dann hätte ich ja mit den Kunden reden und sie bitten können, leiser zu sein.“ So sei er nun vor vollendete Tatsachen gestellt worden.
Irritiert ist Refik Gülcü zudem, dass seines Wissens auch die Vorbesitzer des Lindener Büdchens wohl immer schon vor 6 Uhr geöffnet hatten. „Von Probleme habe ich da nie etwas gehört. Dabei herrschte vor dem Büdchen damals sogar noch mehr Betrieb zu den Stoßzeiten.“
Als üblich bezeichnet die Stadt ihr Vorgehen in diesem Fall. „Auf die Beschwerde hin haben wir ein Standardschreiben mit dem Hinweis auf die gesetzlichen Grundlagen an den Kiosk-Besitzer geschickt“, sagt Charlotte Meitler vom Presseamt auf WAZ-Anfrage. Darin beruft sich das Ordnungsamt auf das Landesimmissionsschutzgesetz von 1975, nach dem in der Zeit von 22 bis 6 Uhr alle Betätigungen verboten sind, die die Nachtruhe stören.
Eine Ausnahmeregelung habe für das Lindener Büdchen laut Charlotte Meitler nicht bestanden. „Auch hier darf erst ab 6 Uhr geöffnet werden. Die Betriebszeit hat das Bauordnungsamt speziell für diesen Kiosk so ausgesprochen. Und zwar schon 1989.“ Von daher habe man im Rathaus auch keine Veranlassung gesehen, die Situation vor Ort zu überprüfen.
Betreiber will nun Ausnahmeregelung beantragen
Für Refik Gülcü besteht nun die Möglichkeit, eine Ausnahmeregelung für sein Lindener Büdchen zu beantragen. Ein Formular liegt ihm bereits vor, richtig schlau wird er daraus bislang noch nicht.
„Ich werde mir jetzt Expertenrat holen“, kündigt Gülcü an, aktiv zu werden – auch wenn das alles wieder mit zusätzlichen Kosten verbunden sei. „Denn das Kiosk-Geschäft ist ein hartes“, sagt Gülcü, der nebenbei mittags noch Essen ausfährt, um über die Runden zu kommen. „Jedes Brötchen, jeder Kaffee, den ich morgens verkaufen kann, ist da Gold wert.“