Bochum. Hinter Alice-Salomon-Berufsschülern liegt eine bewegende Reise nach Auschwitz. Künftig sollen mehr als tausend pro Jahr fahren, plant die Schule.
Diese Tage werden die Schülerinnen und Schüler des Alice-Salomon-Berufskollegs in Bochumnicht mehr vergessen. Vergangene Woche sind 37 von ihnen zusammen mit einigen Lehrkräften nach Auschwitz gereist. „Wir haben uns im Unterricht zuvor viel informiert, doch das alles vor Ort zu sehen, ist noch mal eine ganz andere Nummer“, sagt Schüler Shirwan Kadlo (20).
Bochum- Berufskolleg hält jüdisches Leben auch online wachSonntagabends um 22 Uhr geht es für die Reisegruppe los. Vor ihnen liegen 15 Stunden Fahrt – der Beginn einer Reise, die in Erinnerung bleibt und etwas nachhaltig in den jungen Männern und Frauen verändert. Für die Berufsschülerinnen und -schüler aus dem Bereich Gesundheit stehen Besuche im Stammlager Auschwitz (Auschwitz I) und dem Arbeits- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau (Auschwitz II), Führungen und Gespräche mit einem Zeitzeugen auf dem Programm.
Bochumer Schüler sind zurück aus Auschwitz: „Das war sehr bedrückend“
„Was ich besonders emotional fand: Die Haare der Verstorbenen im Stammlager zu sehen. Das war einer der krassesten Punkte, da bekomme ich noch immer Gänsehaut“, erzählt Schülerin Jacqueline Lippe (20) nur wenige Tage nach der Rückkehr aus Polen. „Das war sehr bedrückend“, ergänzt Mitschüler Tjark Wiezoreck (18). „Es bleibt Unverständnis, wie man so etwas so vielen Menschen antun kann.“
In verschiedenen Projekten hatten sich die Schülerinnen und Schüler des Alice-Salomon-Berufskollegs im vorherigen Schuljahr intensiv mit der Zeit des Nationalsozialismus auseinandergesetzt. Die Gedenkstättenfahrt nach Auschwitz war der Abschluss dieses Unterrichtsschwerpunktes, der Impuls kam vom Bochumer Landtagsabgeordnete Serdar Yüksel (SPD).
„Nachfolgende Generation trägt Verantwortung, Demokratie zu erhalten“
Bochumer Nordbahnhof war „Drehscheibe des Terrors“„Die nachfolgenden Generationen sind nicht dafür verantwortlich, was in der NS-Zeit geschah, aber sie tragen die Verantwortung dafür, die Demokratie zu erhalten, damit die Würde des Menschen unantastbar bleibt“, sagte er in einer Rede bei einem Vorbereitungstreffen mit dem Internationalen Bildungs- und Begegnungswerk (IBB) aus Dortmund, das Fördermittel vergibt.
Das nehmen die Schülerinnen und Schüler von der Reise mit: „Jedes Menschenleben ist wertvoll. Egal, welche Religion oder welche Herkunft jemand hat. Wichtig ist, dass der Charakter stimmt“, sagt Schülerin Emily Emrich (18). Der Besuch des Konzentrationslagers habe die Schülerinnen und Schüler sensibler gemacht – ihnen wurde klar: Hass und Rassismus dürfen nicht toleriert werden.
Sie sind froh, dass sie an der Fahrt teilnehmen durften. Denn: Ob sie wirklich fahren können, stand noch fünf Tage vor Beginn in den Sternen. Der Grund: Corona. „Der Termin war sehr spontan“, berichtet Lehrerin Carolin Ritter, die die Organisation mit Michaela Gehring und Barbara van Geldern übernommen.
Das Berufskolleg entscheidet sich schließlich zu fahren. Für die Schülerinnen und Schüler war das die richtige Entscheidung. „Das Risiko durch die Pandemie nimmt man für diese Erfahrung in Kauf“, reflektiert Tjark Wiezoreck.
Bochumer Berufskolleg will pro Jahr mit mehr als tausend Schülern nach Auschwitz fahren
Mit dabei war auch Schulleiter Johannes Kohtz-Cavlak: „Die Schülerinnen und Schüler haben erkannt und verinnerlicht, dass jegliche Form von Radikalismus nicht sein darf. Das ist eine Einstellung, die bleibt“, sagt er. Diese Fahrt nach Auschwitz soll die erste von vielen weiteren sein. Für den Schulleiter gibt es ein klares Ziel: Ein Großteil der Schülerinnen und Schüler soll künftig das Konzentrationslager in Auschwitz besuchen. „Wir wollen das ausbauen und zwar dauerhaft“, so Kohtz-Cavlak.