Bochum-Langendreer. Vor 75 Jahren befreite die russische Armee das KZ Auschwitz. Der Bochumer Verein Lakulturm erinnert daran mit Porträts der Künstlerin Sonja Weis.

Das Schicksal von Anne Frank ist dank ihres Tagebuchs bekannt und erschüttert bis heute. Aber was ist mit den Millionen von anderen jüdischen Mitbürgern in Deutschland und europaweit, die Opfer der antisemitischen, nationalsozialistischen Rassenideologie wurden? Die 2009 verstorbene Künstlerin Sonja Weis setzte ihnen ein symbolisches Denkmal mit Ihrer Bild-Ausstellung „Leben wollt ich!“. Zu sehen sind an historisches Bildmaterial angelehnte Porträts von Anne Frank und weiterer Opfern des Holocaust.

Der Verein Lakulturm, der kulturelle Veranstaltungen in die Christuskirche bringt, organisiert diese Ausstellung in Langendreer. „Anlass für unsere Ausstellung ist der 75. Jahrestag der Befreiung von Überlebenden des Konzentrationslagers Auschwitz durch die russische Armee am 27. Januar 1945“, erklärt Martin Hendler, 2. Vorsitzender von Lakulturm. Seit 1996 ist dieses Ereignis zudem ein Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus in Deutschland.

Thomas Kersten half beim Aufhängen der Porträts seiner verstorbenen Frau Sonja Weis.
Thomas Kersten half beim Aufhängen der Porträts seiner verstorbenen Frau Sonja Weis. © FUNKE Foto Services | Olaf Ziegler

„Dabei geht es uns ebenso wie der Künstlerin darum, weiterhin an möglichst jeden einzelnen dieser - zum Teil jetzt schon namenlos gewordenen - Menschen zu erinnern, die die nationalsozialistische Diktatur aufgrund ihrer Ideologie ermordete“, so der Pfarrer und Religionslehrer weiter.

Erinnerung an jeden einzelnen Menschen

Hendler besuchte Thomas Kersten, den Witwer von Sonja Weis, um mit ihm die Ausstellung zusammenzustellen.

In der Christuskirche werden nun 14 Bleistiftzeichnungen sowie zwei Ölbilder zumeist bekannter Opfer gezeigt. Hinzu kamen zwei Arbeiten, die symbolisch für die Opfer des Warschauer Ghetto-Aufstandes in 1942 sowie für den Transport von Millionen an Menschen stehen, deren Leben und Geschichte in den Todeslagern ausgelöscht wurde.

25 Jahre ist es nun her, dass Weis dieses Ausstellungsprojekt erarbeitete und dann zum ersten Mal in Unna zeigte.

Porträts blicken den Betrachter an

„Der 50. Jahrestag der Befreiung der Konzentrationslager war der Anlass dafür“, berichtet Thomas Kersten. „Dabei ging es bei den Porträts darum, den Charakter der abgebildeten Personen herauszuarbeiten“, so der 66-jährige Fotodesigner weiter. Historische Fotos sowie Biografien unterstützten ihr Anliegen. Kersten: „Darüber hinaus wollte sie, dass die Porträts den Betrachter als Gegenüber anschauen, um persönliche Nähe zu schaffen.“

Konzert mit Organist

Die Bild-Ausstellung „Leben wollt ich!“ ist zu sehen bis Samstag, 28. März in der Christuskirche, Alte-Bahnhof-Straße 14.

Öffnungszeiten sind: dienstags und freitags von 10 bis 12 Uhr (Offene Kirche) sowie vor und nach den Sonntagsgottesdiensten und den Veranstaltungen. Gruppenbesichtigungen auf Wunsch außerhalb der Öffnungszeiten: kulturm@t-online.de.

Das nächste Konzerte von Lakulturm gestaltet Organist Detlef Steffenhagen mit dem Programm „Pomp und Cicumstance“ am Sonntag, 16. Februar, ab 17 Uhr. Eintritt 12 Euro.

Im Vorverkauf und ermäßigt 10 Euro. Karten gibt es im Gemeindebüro, Alte Bahnhofstraße 28-30, während der Öffnungszeiten (Di, Do & Fr 8 - 12 Uhr, Mo 14.30 - 16.30 Uhr), bei „Blumen Brendel“, Alte Bahnhofstraße 10, sowie per Vorbestellung kulturm@t-online.de.

Ziel blieb bis heute, nicht nur das Erinnern an die von den Nazis verfolgten Menschen. Es ging auch darum, gegen Ideologien zu sensibilisieren, die noch heute Antisemitismus und Rassismus auf ihre Fahne schreiben. Zu den Porträtierten zählen unter anderem wie erwähnt Tagebuchautorin Anne Frank, deren Schwester Margot Frank, die Kinderbuchautorin Else Uri sowie die spätere Literaturnobelpreisträgerin Nelly Sachs. Letztere überlebte die Vernichtungslager, indem sie noch im Mai 1940 ins neutrale Schweden auswandern konnte.

Mit Waisenkindern ins Todeslager gebracht

Der Reformpädagoge und Schriftsteller Janusz Korczak, an dessen Fürsorge Weis mit einem Ölbild erinnert, hatte nicht so viel Glück. Er wurde am 5. August 1942 mit Waisenkindern aus dem Warschauer Ghetto ins Todeslager Treblinka verschleppt und starb zwei Tage später.

Treibende Kraft für die Ausstellung hatte Lakulturm-Mitglied Benno Hammerschmidt. Er sah die Porträts im Februar 2019 an der Bartholomäus-Kirche in Lütgendortmund und verspürte den Wunsch, sie auch in Langendreer zu zeigen.