Bochum. Bochums OB Eiskirch fordert, dass Eltern ihre Kinder möglichst nicht zur Kita bringen. Trotzdem sollen sie Beiträge zahlen. Das sorgt für Ärger.
„An Eltern appellieren wir, dass die Kita-Kinder - wenn es irgendwie machbar ist - zu Hause bleiben sollten“, sagte Bochums Oberbürgermeister Thomas Eiskirch am Freitag (26. März) im WAZ-Interview. Einen Vater aus Wattenscheid verärgert diese Aussage – schließlich soll er weiterhin Kita-Beiträge zahlen.
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„In dieser Woche erreichte mich eine Mahnung wegen nicht gezahlter Beiträge für die Betreuung unseres Sohnes in einer Kita in Bochum. Da wir ähnliches bereits von anderen Eltern mitbekommen haben, bin ich wenig überrascht“, schreibt Fabian Schneider in einer Mail an Oberbürgermeister und Jugendamt, die der Redaktion vorliegt.
Kind geht seit zwei Monaten nicht in die Kita – Eltern sollen trotzdem zahlen
Sein Kind war seit zwei Monaten nicht mehr in der Kita – während die Beiträge für Januar erlassen wurden, soll er für Februar zahlen. „Mittlerweile haben wir Ende März und in Bochum ist anscheinend immer noch keine Entscheidung darüber gefallen, was passieren soll“, beklagt Schneider.
NRW-Familienminister: „Erlass hat keine Priorität“
NRW-Familienminister Joachim Stamp (FDP) hat mehrfach erklärt, dass der - auch von der Opposition geforderte - Erlass der Kita-Gebühren für die Landesregierung derzeit keine Priorität habe.
Vorrangig gehe es jetzt darum, wie es mit den Corona-Tests weitergehe und wie die Impfung der Erzieher in Gang komme, hieß es Anfang März. Danach prüfe die Regierung, ob es Spielräume für eine rückwirkende Kompensation der Februar-Gebühren gebe.
Für das Land würden bei hälftiger Teilung der Gebühren mit den Kommunen laut Stamp Kosten von etwa 32 Millionen Euro entstehen. (dpa)
„Die Stadt Bochum wartet – wie alle anderen NRW-Kommunen auch – im Hinblick auf die Fragestellung der Elternbeiträge derzeit auf weitere Verabredungen mit dem Land“, teilt Sprecherin Charlotte Meitler mit. Bisher wurden die Finanzausfälle durch fehlende Elternbeitragszahlungen zwischen Land und Kommunen geteilt. Derzeit stehe die Entscheidung des Landes über den Umgang mit Elternbeitragszahlungen leider noch aus.
In Wuppertal wurden Kita-Gebühren für Februar bereits erlassen
„Warum wird so etwas, schnelle Hilfe für zahlreiche Familien, nicht auf einem kurzen Dienstweg entschieden? Das wäre tatsächlich mal etwas, das helfen würde!“, meint Familienvater Schneider. Er ärgert sich, dass er die Beiträge weiterhin zahlt, obwohl sein Sohn zuhause betreut wird. Gleichzeitig mussten Eltern, die ihr Kind im Januar in die Kita geschickt haben – ohne Nachweis, dass sie in einem systemrelevanten Beruf arbeiten – ebenfalls keine Kita-Beiträge zahlen.
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Anders sieht es in Wuppertal aus: Der Rat hat in seiner Sitzung am 1. März beschlossen, dass die Elternbeiträge in den Tageseinrichtungen für Kinder sowie im Offenen Ganztag auch für Februar entlassen werden. Auch wenn bislang seitens des Landes lediglich eine Zusage der hälftigen Übernahme der ausfallenden Elternbeiträge für den Monat Januar vorliegt, sei „die Betreuungssituation mit der im Januar vergleichbar“, heißt es in einer Pressemitteilung der Stadt Wuppertal.
Auslastung in Bochums Kitas ist geringer – aber sehr unterschiedlich
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Seit Beginn der Woche zeigt sich, dass tatsächlich weniger Kinder in den Kitas sind: „Die Auslastung ist geringer. Dies kann auf die Osterferien aber auch auf den Appell des Oberbürgermeisters zurückzuführen sein“, sagt Michael Both, Geschäftsführer der Kindergartengemeinschaft im Kirchenkreis Bochum. Inwieweit die Entwicklung der Coronazahlen und die Erkenntnis, dass zunehmend auch Kindergarten-Kinder betroffen sind, mitwirken, könne er nicht einschätzen. „In etwa haben wir in der Woche vor Ostern eine Auslastung von ca. einem Drittel“, so Both.
„Die Auslastung in den sieben Caritas-Kindertageseinrichtungen in Bochum und Wattenscheid ist aktuell deutlich geringer als sonst und liegt teilweise nur bei 30 Prozent“, sagt Sprecherin Annette Borgstedt. In die Kitas des Paritätische kamen zwischen 60 und 90 Prozent der Kinder. Der Kita-Träger Awo kann keine sicheren Zahlen nennen. Es seien weniger Kinder gebracht worden, auch hier aber möglicherweise ferienbedingt. Beim Kita-Zweckverband schwanken die Zahlen: Am Montag habe die Auslastung noch bei 83, am Dienstag dann bei 49 Prozent gelegen. Der überwiegende Teil der städtischen Kitas betreue in dieser Woche zwischen rund 50 und 75 Prozent der Kinder in der jeweiligen Einrichtung.
Keine Kita trotz Gebühren: Akzeptanz in Bochum sinkt
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Fabian Schneiders Sohn ist längst nicht der einzige, der derzeit zuhause bleibt. Auch andere Eltern sind verärgert: „Dann sollte die Stadt und auch die Träger die Gelder erlassen von den Eltern die darauf verzichten!“, schreibt ein Bochumer Vater in einer Facebook-Umfrage. Eine Mutter meint: „Kein Problem. Ich zahle auch gerne die Beiträge weiter! Und nein unser Kind ist seit Dezember zu Hause!“, die ironische Aussage ergänzt sie durch einige Smileys.
Die Akzeptanz der Eltern in Bochum sinkt: „Mein Sohn geht weiter hin, irgendwie muss ich ja arbeiten. Zum Steuer bezahlen z. B. oder kann ich da dann ans Finanzamt appellieren?“, schreibt eine Bochumerin ebenfalls bei Facebook. „Meine Kinder gehen vielleicht ein bis zweimal die Woche. Anders geht es nun mal nicht und es ist für die Kinder auch nicht mehr zumutbar darauf zu verzichten“, sagt eine weitere Mutter.