Bochum-Stiepel. Heimatverbundene Bürger aus Bochum-Stiepel wollen zwei alte Häuser retten. Diesen droht der Abriss. Die Politik kommt ihnen dabei zu Hilfe.
Zwei alten Häusern im historischen Dorfkern von Bochum-Stiepel droht der Abriss. Die Rede ist von der ehemaligen Vikarie der evangelischen Gemeinde, direkt am Fußweg zur Trauerhalle, und dem Fachwerkhaus daneben. Beide liegen an der Brockhauser Straße, unweit der Dorfkirche. Mitglieder des Stiepeler Vereins für Heimatforschung sind seit Jahren darum bemüht, die Gebäude zu retten. Bisher vergeblich. Doch jetzt springt ihnen die Politik zur Seite.
Bochum: Zwei alten Häusern in Stiepel droht der Abriss – die Politik schreitet ein
Weil alle bisherigen Unternehmungen nicht von Erfolg gekrönt waren, haben SPD und Grüne in der jüngsten Sitzung der Bezirksvertretung Bochum-Süd beantragt, dass für die besagten Grundstücke an der Brockhauser Straße 63 und 65 ein Bebauungsplan aufgestellt wird. „Wir wollen damit erreichen, dass die Häuser nicht abgerissen, sondern im Bestand saniert werden“, erklärt Helmut Breitkopf (SPD).
Auch der Bezirksbürgermeister möchte verhindern, dass im Stiepeler Dorfkern noch weitere „Legohäuser“, wie er sie nennt, gebaut werden. Er spielt damit auf die kastigen Gebäude an der Ecke Kemnader Straße/Brockhauser Straße an, für die bereits ein altes Fachwerkhaus weichen musste. „So etwas passt eher nach Querenburg, aber nicht nach Stiepel. Hier sollte die dörfliche Struktur erhalten bleiben.“
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SPD und Grüne sehen in dem Aufstellen eines Bebauungsplanes eine gute Lösung, um das Ortsbild des Stadtteils positiv zu beeinflussen. Die Stiepeler Heimatforscher freuen sich über die Unterstützung durch die Politik. „Der Antrag lässt zumindest hoffen, dass hier nicht von einem Tag zum anderen der Abrissbagger vor der Tür steht“, sagt Rita Jobs, ehemalige SPD-Ratsfrau, die zusammen mit dem Arbeitskreis Geschichte des Stiepeler Vereins für Heimatforschung um die Häuser kämpft.
Den Initiatoren geht es dabei vor allem um den Erhalt der alten Vikarie, die 1835 erbaut wurde. Hier sei die erste Schule im Dorf als Vorgängerin der Volksschule untergebracht gewesen, mit einer Klasse, sagt Wilhelm Hensing, dem nicht bekannt ist, dass in Bochum sonst noch irgendwo ein Gebäude dieser Art existiere. Im benachbarten Fachwerkhaus sei zuletzt die Stellmacherei Monstadt gewesen.
Stadt Bochum: Zu Denkmalschutz reicht es beiden Häusern nicht
Inzwischen sind beide Grundstücke verkauft. „An einen Bochumer Bauunternehmer“, sagt Rita Jobs, aus deren Sicht die Zeit inzwischen wirklich drängt. „Der gesamte Gartenbereich der beiden Häuser mit schönen alten Bäumen wurde vor vier Wochen völlig plattgemacht.“
Umso wichtiger ist aus ihrer Sicht, dass die Politik nun Fakten schaffen will. Zumal alle Anstrengungen der Heimatforscher zuvor ins Leere liefen. Über die Denkmalbehörde hatte man versucht, die Gebäude unter Denkmal stellen zu lassen. Erfolglos. Da habe man gemerkt, „dass nicht alles, was alt ist, auch automatisch denkmalwürdig ist“, sagt Andreas Finke vom Arbeitskreis Geschichte.
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Für Denkmalschutz sei in der Vergangenheit zu viel an den Räumen baulich verändert worden, teilte die Stadt mit. Einzig bei dem Fachwerkhaus sei noch historische Bausubstanz vorhanden, die zumindest das Prädikat „erhaltenswert“ bekäme. Doch für Denkmalschutz reicht es aus Sicht der Stadt auch hier nicht.
Sorge um weiteres Gebäude
Wilhelm Hensing vom Stiepeler Verein für Heimatforschung sieht mit Bedauern noch ein weiteres geschichtsträchtiges Gebäude verfallen: das Hasenkampsche Bruchsteinhaus von 1768. Dieses stehe immerhin unter Denkmalschutz.
Es steht am Weg zur DLRG, von der Kemnader Straße aus zu erreichen, und „verrottet und zerfällt langsam“, schildert Hensing den Zustand. Es müssten dringend einige Schindeln ausgewechselt und die Fenster verschlossen werden. Hensing zufolge gehört das Gebäude der Stadt.
Gegen den entsprechenden Bescheid hatte Rita Jobs 2019 Widerspruch eingelegt, da ihrer Meinung nach die alte Vikarie „bedeutend für die Geschichte der Menschen, für Städte und Siedlungen“, wie es in Paragraf 2 des Denkmalschutzgesetzes stehe“, ist. Ebenfalls erfolglos.
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Man habe noch überlegt, eine Dorferhaltungssatzung anzustreben, sagt Wilhelm Hensing. „Doch niemand weiß, wann diese zum Tragen käme. Bis dahin wären die Häuser schon dreimal abgerissen.“ Von daher freut ihn der Vorstoß der Politik umso mehr.
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Nun haben die Heimatforschung ein bisschen mehr Hoffnung, die Häuser, die „das Gesicht vom Dorf prägen“, retten zu können. Rita Jobs will auch noch weitergehen: „Eins dürfte sicher sein“, sagt sie, „es wird hier eine Bürgerinitiative geben. Eine städtebauliche Entwicklung wie an der Ecke Kemnader Straße/Brockhauser Straße kann und darf es hier nicht geben. Städte, die ihr historisches Erbe nicht bewahren, sind geschichtslose und gesichtslose Städte.“