Bochum. . Bei einem Einbruch in Bochum wurde Hans-Günter K. (68) brutal erstickt. Seine Kinder erzählen vom Wohnwagen in Holland und Ängsten im Dunkeln.

Kurz vor dem Ende des Interviews klingelt das Handy: die Kriminalpolizei. Es gibt zwei Festnahmen. Gerade haben Ralf K. und seine Schwester Michaela A. mit WAZ-Redakteurin Karoline Poll über diesen schrecklichen Nachmittag vor zwölf Wochen gesprochen, an dem ihnen von zwei brutalen Einbrechern der Vater geraubt wurde. Die Männer hatten das komplette Gesicht des 68-Jährigen mit Klebeband umwickelt, der Rentner erstickte. Im Gespräch sprechen die Geschwister über die Stunden danach und über die schönen Erinnerungen an Opa „Logo“.

Jetzt ging es doch ganz schnell: Die Polizei hat zwei Tatverdächtige festgenommen. Sind Sie erleichtert?

Ralf K. Nein, sind wir nicht. Ich möchte jetzt vor allem eines wissen: Warum? Ich will den Tätern ins Gesicht schauen und sie das fragen.

Ihr Bruder und Sie wohnen ganz in der Nähe des Tatortes, ihrem Elternhaus. Wann haben Sie an diesem Montag Anfang Februar mitbekommen, dass im Hause ihres Vaters etwas nicht stimmt?

Ralf K.: Ich saß auf der Couch und habe überall Sirenen gehört. Dann habe ich meine Latschen angezogen und bin raus.

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Ich habe sofort gesehen, wie die Sanitäter zum Vater reingerannt sind. Ab da ging der Wahnsinn los. Von der anderen Seite kam mein Bruder angelaufen. Die Polizei hat uns sofort ein bisschen abgeschirmt. Mein Bruder musste noch einmal mit ins Haus. Da hat er schon gesehen, dass es nicht mehr viel Hoffnung gibt.

Journalisten verfolgten Angehörige bis zum Arzt

Zu dem Zeitpunkt waren auch schon viele Journalisten vor Ort.

Ja, dann ging das Theater los. Wir sind nach Hause gelaufen und gegen eine Scheinwerfer-Wand gerannt. Bis sechs Uhr morgens saß ein Reporter in seinem Auto bei mir vor der Wohnung. Wir sind bis zum Arzt verfolgt worden. Unsere Nachbarn wurden ausgefragt, wir waren alle fix und fertig.

Die bisherige Berichterstattung zu dem Verbrechen in Hordel

Wie haben Sie die Polizei erlebt?

Wir haben bis heute viel Unterstützung von der Mordkommission bekommen. Weil im Totenschein „unnatürlicher Tod“ steht, stellen sich viele Versicherungen quer. Die Polizei hilft uns da sehr. Wir hatten auch Kontakt mit dem Weißen Ring und mit Psychologen. In den Tagen nach der Tat waren wir andauernd bei der Kripo. Meistens haben sie am Tag vorher angerufen. Dann habe ich wieder eine Nacht nicht geschlafen.

Auf der Beerdigung Ihres Vaters waren mehr als 300 Trauergäste. Haben Sie das als Unterstützung oder als Belastung empfunden?

Ralf K.: Das war eine Unterstützung. Wir waren aber auch sehr abgeschirmt.

Michaela A.: Für uns war es wichtig, dass wir die Zeit hatten, uns alleine zu verabschieden.

Trödel-Fan mit Liebe für Schützen und seine Enkel

Haben Sie das Ganze realisiert?

Michaela A.: Nein, auch gerade für unsere Kinder ist das schwer. Das verarbeitet man nicht einfach so. Ihr Opa war ja nicht alt und krank.

Ralf K.: Er hat uns noch kurz angerufen und gefragt, ob wir auf dem Hof waren, weil das Tor offen stand.

Was ist Ihr Vater denn für ein Typ gewesen?

Michaela A.: Er hat viele Faxen gemacht, hatte Spaß am Leben. Aber er konnte auch strenger sein. Im Schützenverein fehlt er auch unglaublich. Der Papa war 54 Jahre im Bürgerschützenverein Hofstede-Riemke, er hat für ihn gelebt. Bei den meisten wird mein Papa in Uniform in Erinnerung bleiben.

Ein Bild aus dem Familienalbum: So wird ihr Vater den Kindern in Erinnerung bleiben.
Ein Bild aus dem Familienalbum: So wird ihr Vater den Kindern in Erinnerung bleiben. © Dietmar Wäsche

Ralf K.: Er war hilfsbereit. Man hat ihn etwas gefragt und er hat sofort geholfen. Und er war Trödel-Fan. Egal was du wegschmeißen wolltest, er konnte es immer noch gebrauchen. Bekannt war der Vater auch für sein Lied: Lore Lore. Das hat er häufig gesungen, wenn er mal etwas getrunken hat. Ach ja, mit Technik kam er gar nicht klar. Alles, was mit Computer, Handy kam, das ging gar nicht.

Michaela A.: Sein Spitzname war Logo.

Ralf K.: Das war sein Spruch. Der Vater war auf der Brauerei Schlegel Kraftfahrer, bis ihm ein Fass auf die Schulter gefallen ist. Dann hat er nur noch drinnen gearbeitet.

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Wie geht es für Sie und Ihre Geschwister jetzt weiter?

Ralf K.: Wir haben gerade Vaters Wohnwagen in Holland verkauft. Nach dem Schützenverein und den vier Enkelkindern war das sein Leben.

Michaela A.: Wir sind alle auch auf dem Campingplatz groß geworden, haben abends immer gemeinsam die beleuchtete England-Fähre angeschaut. Das haben wir jetzt ohne den Vater auch noch einmal gemacht. Und eine Pommes in Papas Pommesbude gegessen. Das war unser Abschied.

Ralf K.: Das Haus ist immer noch beschlagnahmt. Aber es muss weitergehen.

Fühlen Sie sich heute unsicher in Hordel?

Ralf K.: Im Dunklen gehe ich nicht mehr raus. Und wenn hier ein Auto lang fährt, das hier nicht her gehört, dann sind wir schon misstrauisch. Aber wir Nachbarn unterstützen uns gegenseitig. Trotzdem: Es ist alles anders.

Bilder: Mord an 68-Jährigem in Bochum-Hordel

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© FUNKE Foto Services | Ingo Otto
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