Paris. Lance Armstrong hat seinen Kampf gegen die Doping-Vorwürfe aufgegeben. Das könnte Jan Ullrich und Andreas Klöden vier Titel bei der Tour de France bescheren. Ullrich äußert sich noch sehr zurückhaltend. Er sei stolz auf seine zweiten Plätze bei der Tour de France.
Der ehemalige Radprofi Lance Armstrong hat seinen jahrelangen Kampf gegen die Dopingvorwürfe verloren: Die US-Anti-Doping-Agentur USADA wird den Amerikaner am Freitag mit einer lebenslangen Sperre belegen, wie USADA-Chef Travis Tygart ankündigte. Zudem sollen Armstrong alle seine sieben Tour-de-France-Titel aberkannt werden. Zuvor hatte der Radsportler angekündigt, den Rechtsstreit um die Dopingvorwürfe nicht länger weiterzuverfolgen. Der Weltradsportverband (UCI) wollte sich im Laufe des Tages zu dem Vorfall äußern.
Bislang hatte die UCI Armstrong gegenüber der USADA den Rücken gestärkt. "Er (der UCI) haben keine andere Wahl, als die Titel abzuerkennen", sagte Tygart. Gleichzeitig bedauerte er den Schritt. "Dies ist ein trauriger Tag für alle, die den Sport und Athleten lieben", erklärte er. "Es bringt keinen Erfolg, wenn man betrügt, um zu gewinnen."
Verhaltene Reaktion von Ullrich auf Armstrong-Rückzug
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Nutznießer könnten Jan Ullrich und Andreas Klöden werden. Ullrich könnten im Falle einer Aberkennung der Tour-Siege Armstrongs die Titel von 2000, 2001 und 2003 zufallen. Klöden wäre Sieger der Tour 2004. Beide waren hinter Armstrong jeweils Zweiter geworden. Ullrich reagierte am Freitag verhalten auf eine mögliche Aberkennung der Titel von Armstrong. "Ich weiß, wie damals die Reihenfolge auf der Ziellinie war", ließ er über seinen Berater ausrichten. Im Übrigen sei er auch auf seine zweiten Plätze "extrem stolz".
Am Samstag wird der 38-Jährige, der 2007 seinen Rücktritt erklärte, den Ötztaler Radmarathon für Hobbyfahrer mit einer Pressekonferenz in Sölden eröffnen und zweifellos wiederholen, dass er nicht auf vergangene Titel schaue.
Die neue Bilanz für Ullrich sähe so aus: Vier Tour-Siege (1997 unbestritten, 2000, 2001 und 2003 ursprünglich hinter Armstrong) und zweimal Zweiter (hinter Riis 1996 beziehungsweise Pantani 1998). Der Dritte Platz von 2005, als Armstrong den letzten seiner sieben Siege einfuhr, wurde Jan Ullrich bereits nach dem Urteil des Welt-Sportgerichts im Februar 2012 aberkannt.
Armstrong ist "fertig mit diesem Unsinn"
Die USADA wirft Armstrong vor, Steroide und Blutdopingmittel genommen zu haben, um von 1999 bis 2005 sieben Mal in Folge die Tour de France zu gewinnen. Armstrong hat die Einnahme von Dopingmitteln immer wieder bestritten. Er wirft der USADA vor, gar nicht dafür zuständig zu sein und zudem mit dem Verfahren seine verfassungsmäßigen Rechte zu verletzen.
Am Donnerstag erklärte Armstrong jedoch, nicht länger gegen die Dopingvorwürfe ankämpfen zu wollen. "Im Leben eines jeden Mannes kommt der Punkt, an dem er sagen muss: 'Genug ist genug'", erklärte er und ergänzte: "Ich muss mich mit den Anschuldigungen gegen mich seit 1999 beschäftigen. Das fordert Tribut - auch von meiner Familie und meiner Stiftung. Das alles hat mich zu dem Punkt geführt, an dem ich sage: 'Ich bin fertig mit diesem Unsinn.'"
Der 40-Jährige zeigte keinerlei Einsicht, vielmehr sieht er sich als Opfer einer Verschwörungskampagne. So heißt es in seiner Erklärung: "Von Anfang an ging es bei dieser Untersuchung nicht um die Wahrheit, sondern darum, mich um jeden Preis zu bestrafen. (...) Die USADA hat gegen ihre eigenen Gesetze verstoßen. Zu jedem Zeitpunkt hat die USADA versucht, all jene einzuschüchtern, die die Anschuldigungen gegen mich kritisch hinterfragten - und das Ganze auf Kosten der Steuerzahler. (...) Zudem hat die USADA Deals mit anderen Fahrern gemacht, solange diese die Anschuldigungen gegen mich bestätigten."
Armstrong-Trainer Bruyneel spricht von "ungerechtem Verfahren" gegen Armstrong
Auch sein ehemaliger Trainer Johan Bruyneel sprach am Freitag von einem "ungerechten Verfahren" gegen seinen früheren Schützling. Es tue ihm für Armstrong leid, und er sei enttäuscht, schrieb er auf seiner Internetseite.
Der Präsident der Welt Anti-Doping Agentur (WADA), John Fahey, wertete Armstrongs Entscheidung als Zeichen dafür, dass die Vorwürfe gegen ihn substanziell seien. "Er hätte ein Recht, weiter gegen die Vorwürfe vorzugehen. Dass er dies nicht tut, zeigt, dass die Anschuldigungen Substanz haben. Somit können jetzt Sanktionen verhängt werden", sagte Fahey. Auch zeigte sich der Australier am Freitag "zuversichtlich", dass die USADA ganz im Sinne des WADA-Codes gehandelt habe. (dapd)