Essen. Sollte Lance Armstrong verurteilt werden, darf sich Jan Ullrich viermaliger Sieger der Tour de France nennen. Ullrich wurde erst im Februar vom Sportgerichtshof des Dopings erneut schuldig gesprochen. Es wäre die Krönung in Absurdistan. Ein Kommentar.

Die guten Wünsche des Toursiegers begleiten das Peloton auf seiner Rundfahrt durch Frankreich. „Ich wünsche mir, dass der Radsport zur Ruhe kommt“, hat Jan Ullrich dieser Tage gebarmt.

Wir können ihm zurufen: Hat schon wieder nicht geklappt. Lance Armstrong, der Rekordsieger der Frankreich-Schleife, kämpft gerade mit juristischen Winkelzügen verzweifelt gegen eine rechtskräftige Verurteilung als Doper, ein Fahrer des Doping-erprobten Rennstalls Cofidis wird im Teamhotel verhaftet – und in Gelb fährt bei der Tour ein Mann, über dessen Leistungsexplosion sich nur Naivlinge unbekümmert freuen können.

Der faszinierende Sport kann und will sich nicht von der Geißel Doping lösen

Es ist ein Graus, dass sich dieser faszinierende Sport nicht lösen kann, nicht lösen will von der Geißel Doping. Ein Sport, dessen Reiz nicht darin liegt, dass hochgezüchtete Athleten mit einem Schnitt von 40km/h fahren, sondern im – geschwindigkeitsunabhängigen – Duell Mann gegen Mann, dem Unbill des Wetters, dem eigenen Leiden ausgesetzt.

Auf Jan Ullrich (li.) und Andreas Klöden käme bei einer Armstrong-Verurteilung ein nachträglicher Titelregen bei der Tour de France zu.
Auf Jan Ullrich (li.) und Andreas Klöden käme bei einer Armstrong-Verurteilung ein nachträglicher Titelregen bei der Tour de France zu. © Imago

So aber leidet der Betrachter nur an der jüngsten Wendung, die eine hübsche Pointe bereit hält. Sollte Armstrong verurteilt werden, darf sich Jan Ullrich, einst positiv getestet, erst im Februar vom Sportgerichtshof des Dopings erneut schuldig gesprochen, dieser vielfache Zweite Jan Ullrich darf sich dann viermaliger Tour-Sieger nennen. Es ist die Krönung in Absurdistan. Und jetzt Ruhe, bitte.