Wiesbaden. In Wiesbaden spielt Rot-Weiss Essen eine fast perfekte zweite Halbzeit und dreht das Spiel. In der Pause fallen deutliche Worte in der RWE-Kabine.

Fast ein halbes Jahr mussten die Profis von Drittligist Rot-Weiss Essen auf das Glücksgefühl warten, das ein Auswärtssieg bei Fußballern erzeugt. Nun kamen die RWE-Spieler zum zweiten Mal in den Genuss, drei Punkte vor einem vollen Auswärtsblock mit begeisterten Fans zu feiern. Nach dem 2:1-Erfolg in Bielefeld gelang den Essenern am Samstag beim SV Wehen Wiesbaden der nächste unerwartete Coup. Beim Zweitliga-Absteiger gewann RWE dank einer nahezu perfekten zweiten Halbzeit mit 3:1 (0:1) und machte einen weiteren Schritt in Richtung Klassenerhalt.

Dabei sah es zur Halbzeitpause nicht danach aus, als könnte RWE drei Punkte aus Hessen entführen. Tarik Gözüsirin hatte die Gastgeber kurz vor der Pause in Führung gebracht, weil die Gäste nach einem Einwurf im eigenen Strafraum nicht entschlossen genug verteidigt hatten. Das führte dazu, dass es in der Kabine der Essener anschließend ungemütlich wurde, verriet Klaus Gjasula nach dem Spiel. „In der Halbzeit haben wir uns die Meinung gegeigt, weil die fünf Minuten vor der Pause nicht gut waren. Das gehört auch mal dazu. Danach kamen wir gut raus. Die Mannschaft hat eine super Reaktion gezeigt.“

Rot-Weiss Essen nach der Halbzeit wie verwandelt

Die erste Halbzeit sei „zäh“ gewesen, befand Gjasula. Ahmet Arslan (49.), Tobias Kraulich (61.) und Julian Eitschberger (70.) brachten die Essener nach dem Seitenwechsel auf die Siegerstraße. Die Torschützen Arslan und Eitschberger prallten in der Anfangsphase mit den Köpfen zusammen und zogen sich blutende Kopfverletzungen zu. Beide machten mit einem Verband weiter und entschieden diese Partie für RWE. „Am Ende war es ein klar verdienter Sieg“, resümierte Gjasula. „Es war wichtig, dass wir zurückkommen konnten, das ist nicht selbstverständlich. Das zeigt, dass die Mannschaft hungrig ist.“

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Für einen zusätzlichen Adrenalinstoß sorgte der Umstand, dass die Essener in der zweiten Halbzeit auf die Gästekurve spielten, die mit 1500 laustarken RWE-Fans gut gefüllt war. Auch Gjasula, der in seiner ereignisreichen Karriere auf den Rängen schon viel gesehen und erlebt hat, ließ das nicht kalt. „Das war geil, so wünscht man sich das. Es war ein gefühltes Heimspiel. Dass wir dann noch die Tore vor der Kurve gemacht haben, war umso schöner.“

SV Wehen Wiesbaden - Rot-Weiss Essen
Klaus Gjasula (m.) und seine Kollegen von Rot-Weiss Essen feierten den Sieg in Wiesbaden mit den 1500 mitgereisten RWE-Fans. © FUNKE Foto Services | Thorsten Tillmann

Der Winter-Zugang der Essener zeigte sich in Wiesbaden im Vergleich zur Vorwoche deutlich verbessert. Gegen Unterhaching offenbarte der 35-jährige EM-Teilnehmer von 2024 ungewohnte Schwächen und wurde von Trainer Uwe Koschinat ausgewechselt. Beim SV Wehen war Gjasula wieder der Führungsspieler, den die Essener in dieser kritischen Phase dringend benötigen. In viel Spielen mit dem ehemaligen HSV-Profi auf dem Feld ist RWE ungeschlagen. Gjasula sei körperlich auf einem guten Weg, erklärte er nach dem Spiel. „Ich hatte vor dem Wiesbaden-Spiel zwei Spiele, in denen ich etwas gehandicapt war. Jetzt war es besser und ich hoffe, dass es von Woche zu Woche besser wird. Zeitnah bin ich hoffentlich bei 100 Prozent.“

Rot-Weiss Essen: Unterhaching stellt Saarbrücken ein Bein

Beim 1:1 gegen Unterhaching überwog die Enttäuschung über zwei verpasste Punkte. Der 2:0-Sieg der Bayern an diesem Sonntag gegen den 1. FC Saarbrücken zeigt, dass in der 3. Liga keine Punkte fest eingeplant werden können. So sieht es auch Gjasula. „Wir haben gegen Unterhaching kein gutes Spiel gemacht, hätten aber trotzdem 4 oder 5:1 gewinnen können oder müssen. Das ist ein Schritt nach vorne. In dieser Liga ist es für keine Mannschaft leicht.“

SV Wehen Wiesbaden - Rot-Weiss Essen
Klaus Gjasula gab auch in Wiesbaden den Takt vor. Rot-Weiss Essen gewann mit 3:1. © FUNKE Foto Services | Thorsten Tillmann

Der ehemalige albanische Nationalspieler freute sich nach dem Spiel für seinen Kollegen Ahmet Arslan. Dieser wurde nach dem Unterhaching-Spiel scharf kritisiert, in Wiesbaden avancierte der Essener Zehner zum Matchwinner. Gjasula verteidigte seinen Teamkollegen. „Kritik ist normal in unserem Geschäft, doch sie sollte in Maßen geäußert werden. Weder Amo, noch sonst irgendeiner spielt alleine. Klar, ist es immer am einfachsten, sich einen Führungsspieler herauszupicken, doch es gibt kaum einen Offensivspieler, der so marschiert wie er. Er bemüht sich, gibt alles und das ist das Wichtigste. Umso schöner, dass er all seine Qualitäten gegen Wiesbaden auf den Platz bringen konnte.“

Rot-Weiss Essen: Abstiegskampf in der 3. Liga brutal eng

Zehn Punkte aus den letzten vier Spielen sind eine sehr erfreuliche Bilanz für die Essener, Luft im Abstiegskampf hat sich RWE mit dem zweiten Auswärtssieg in Folge aber nicht verschaffen können. Denn bis auf Hannover 96 II punkteten alle Teams aus dem Tabellenkeller. Der Rat des erfahrenen Gjasula, der schon einige Abstiegskämpfe erlebt hat: „Es bringt nichts, jede Woche auf die Tabelle zu schauen. Es wird bis zum Schluss eng bleiben, da bin ich mir sicher. Wir müssen unsere Punkte holen, so wie wir es aktuell tun.“