Essen. Rot-Weiss Essen hat den anvisierten dritten Sieg in Serie gegen Unterhaching verpasst. Uwe Koschinat gefällt die erste halbe Stunde nicht.
Am Ende fühlte es sich so an wie auf einer Party, die mühsam in Schwung kam und auf der plötzlich die Musikanlage ausgefallen war. Man ging mit einem ambivalenten Gefühl auf den Nachhauseweg. Rot-Weiss Essen 1, Unterhaching 1 - nicht das, was die Essener Fans im Vorfeld erwartet hatten, schließlich sollte der überraschende Auswärtssieg in Bielefeld vergoldet werden.
„Wir müssen geduldig sein, auch wenn es zur Pause 0:0 stehen sollte“, hatte RWE-Trainer Uwe Koschinat vor der Partie angekündigt. Dass es gar 0:1 nach 45 Minuten stand, war so nicht eingeplant. Nur 0:1, muss man hinzufügen, die Unterhachinger hatten in ihrer starken Anfangsphase sogar die Möglichkeit, noch weiter davonzuziehen. „Das war heute ein Beispiel dafür, was kurzfristiger Erfolg auch verändern kann. Das ist dann nicht nur immer ausschließlich positiv. Ich glaube, dass wir heute in der ersten halben Stunde sehr sehr stark darunter gelitten haben. Dass wir diese Klarheit im Zweikampfverhalten, diese klare Körperlichkeit haben absolut vermissen lassen“, analysierte Koschinat messerscharf.
Rot-Weiss Essen in den ersten 30 Minuten schwach
Und so kam es, dass die Gastgeber dem Schlusslicht in vielen Situationen hinterhereilen mussten, um Schlimmeres zu vermeiden. So sprang für die wirklich agilen Bayern nicht mehr heraus als dieses sehenswerte Freistoßtor von Fabio Torsiello, bei dem Jakob Golz im Tor nicht den Hauch einer Chance hatte. Das Spiel der Essener hingegen geriet viel zu langsam, besonders Klaus Gjasula merkte man in diesem Spiel die fehlende Geschwindigkeit im Mittelfeld an, da hilft auch kein routiniertes Stellungsspiel. „Die Chance wurde heute in den ersten 30 Minuten verpasst, das Spiel in unsere Richtung zu lenken - diesen Moment haben wir verpasst“, bedauerte Hachings Trainer Heiko Herrlich hinterher. Der eine Punkt hilft dem Tabellen-Schlusslicht im 19. erfolglosen Spiel in Folge kaum weiter.
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Dass es nach dem Wechsel kaum noch die Möglichkeit für die Gäste dazu gab, lag auch an der Einstellung der Rot-Weissen, die ganz anders aus der Kabine kamen, in der es zur Pause auch richtig laut geworden sein soll. Plötzlich ging auch die Ordnung der Hachinger in der Defensive verloren, die sich von Beginn an wie eine Handballmannschaft um den eigenen Strafraum aufgebaut hatte.
Rot-Weiss Essen: Koschinat von Wucht der Hafenstraße beeindruckt
Nun flog Ecke um Ecke in den Gästestrafraum, Torhüter Eisele hielt das meiste, der Rest flog knapp an seinem Kasten vorbei oder blieb in irgendeinem Hachinger Abwehrbein hängen. Aber nun stimmte die Essener Power und Unermüdlichkeit wenigstens. „Deswegen muss ich der Mannschaft ein Riesenkompliment machen, was sie heute an Energie, an Sprintfähigkeit, an Zweikampfintensität in der letzten halben Stunde auf den Platz gebracht hat, das war phantastisch“, war denn auch der RWE-Coach zufrieden.
Der zum ersten Mal so richtig die Wucht der Hafenstraße erlebt haben will, die schon zur Halbzeit ihre Enttäuschung im Zaum gehalten hatte: „Es war unglaublich, wie die Mannschaft angeschoben wurde, wie jeder gewonnene Zweikampf abgefeiert wurde. Das Team hat dem Publikum gezeigt, dass wir in jeder Situation bereit sind, in Zweikämpfe reinzufliegen, dem Gegner einen echten Fight zu liefern.“ Nun gehe es aber auch darum, die vielen guten Aktionen rund um den Strafraum erfolgreich abzuschließen. Stichwort: ein körperlich starker Mittelstürmer, der wieder mal vermisst wurde.
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Da es diesen bei RWE leider in dieser Rückrunde wohl nicht geben wird, muss das Glück aus der zweiten Reihe her. Und es kam mit der Einwechselung von Torben Müsel, der die Kugel mit seiner feinen Technik etwas entfernt vom Strafraumeck in den Winkel zirkelte (78.). So folgte noch eine heiße Viertelstunde, indem die Essener ihr Powerplay gegen vor sich hintaumelnde Gäste noch einmal intensivierten, aber im Abschluss einfach die 1b-Lösung wählten. Fast hätte Müsel noch den Nachmittag mit seinem Direktabnahme-Schuss aus kurzer Distanz gerettet, der aber über die Latte flog.
Rot-Weiss Essen: Sieben Punkte aus drei Spielen „sehr okay“
„Am Ende kann es keine zwei Meinungen geben, dass es nur noch einen Sieger hätte geben können, das waren wir“, resümierte Koschinat, der dennoch nicht von einem Rückschritt in der Entwicklung sprechen wollte. Bei sieben Punkten aus den letzten drei Spielen erübrigt sich so eine Diskussion. „Wir müssen jetzt mit dem Punkt leben, auf der anderen Seite sind die Sieben, die wir in den letzten drei Spielen geholt haben, vielleicht ein bisschen komisch verteilt, aber am Ende wahrscheinlich auch sehr sehr okay“, so Koschinats Schlussworte, der noch einen kleinen Seitenhieb auf seine Routiniers los wurde: „Wir müssen es aufarbeiten, da geht es vor allem um die Führungsspieler, die andere Zeichen zu Beginn eines Spiels setzen müssen.“
Damit die Party beim nächsten Mal nicht so abrupt endet.
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