Witten. Das internationale Junioren-Turnier in Bremen gewann Jan Libuda in beeindruckender Manier. An welchen „Baustellen“ er noch arbeiten muss.
Vielleicht war‘s ja doch eine gewisse Genugtuung für die große Nachwuchs-Hoffnung der Judo-Abteilung von der Sport-Union Annen. Als es beim internationalen Junioren-Turnier „Bremen Masters“ an die Siegerehrung ging, da richteten sich die Augen vor allem auch auf ihn: Jan Libuda (17), kurz zuvor Deutscher Vizemeister bei den U-18-Talenten geworden, kletterte nach einem famosen Wettkampf aufs oberste Podest, durfte sich feiern lassen. „Er ist ein kleiner Rohdiamant“, sagt SUA-Trainer Marcel Haupt, „wir sind alle froh, dass er bei uns ist.“
Vor etwa vier Jahren, erinnert sich Haupt zurück, sei Libuda erstmals am NRW-Stützpunkt in Witten-Annen aufgetaucht. Natürlich noch ein wenig ungeschliffener als jetzt, doch schon damals deutete sich an, dass in dem jungen Iserlohner eine gewaltige Portion Potenzial für diesen Kampfsport steckt. „Jan ist mit Talent wirklich gesegnet“, macht der SUA-Coach aus seiner Bewunderung keinen Hehl. Er stellt aber im gleichen Atemzug auch fest, dass bei dem mittlerweile im 81-Kilogramm-Limit verorteten Judoka durchaus noch einiges an Struktur fehle, „und hier und da natürlich auch mal eine Ansage von uns Trainern“, so Haupt mit einem Schmunzeln.
Beim Turniersieg in Bremen musste das SUA-Talent nie über die volle Distanz
Ganz behutsam wolle man den technisch begabten Bewegungskünstler mit den pechschwarzen, geflochtenen Zöpfen, die ihm bei seinen Kämpfen bisweilen frech durchs Gesicht baumeln, für die kommenden Aufgaben aufbauen. Ihn für all das wappnen, was ihn als Leistungssportler auf der Matte noch erwartet. „Im vergangenen Jahr hat er bereits mehrfach sein Können gezeigt, war oft vorne dabei. Als er die Gewichtsklasse gewechselt hat, da war nicht gleich zu erwarten, dass das so reibungslos funktionieren würde“, sagt Marcel Haupt.
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Doch Jan Libuda ist nicht nur ein aufgeweckter Teenager mit einem stattlichen Schalk im Nacken, sondern auch ein akribischer, fleißiger Arbeiter. Er weiß ganz genau, was er in seinen Sport investieren muss, um an die nationale und später vielleicht auch an die internationale Spitze zu gelangen. „Wenn er weiter auch sich selbst gegenüber so kritisch ist, dann ist ihm ein großer Weg vorbestimmt“, so der SUA-Trainer, der Libuda mehrfach in der Woche im Dojo am Kälberweg betreut. Einmal wöchentlich fährt der Iserlohner zudem nach Köln an den Olympia-Stützpunkt, „mittwochs und freitags kommt noch Krafttraining dazu“, berichtet der 17-Jährige, der im kommenden Jahr sein Abitur bauen wird.
Dass er bei der Deutschen U-18-Meisterschaft seinen Finalkampf am Ende unnötig verloren hat, obwohl er das Geschehen lange bestimmt hatte, „das macht mich heute noch wütend und traurig. Das hat mich schon ziemlich geknickt.“ Doch für ihn müsse es darum gehen, auch aus solch einer Niederlage die richtigen Schlüsse zu ziehen. „Dann muss ich eben noch härter an mir arbeiten. Ich habe keinen Grund, aufzugeben“, sagt Jan Libuda trotzig.
Ob er wegen der DM-Enttäuschung mit einer gewissen Portion Wut im Bauch in Bremen auf die Matte gegangen sei? „Das nicht unbedingt. Aber ich wollte da schon zeigen, was ich kann. Es war schön, das Turnier zu gewinnen. Auch wenn ich weiß, dass es da noch ein paar Baustellen gibt.“ In der Hansestadt gewann er die beiden ersten Kämpfe quasi mühelos in nicht mal einer Minute. Auch das Viertelfinale gegen den Niederländer Tom Oortwijn stellte keine große Herausforderung dar, und mit dem Semifinale gegen Davinjo Balubun (ebenfalls Niederlande) war Libuda nach nur zehn Sekunden durch. „Im Endkampf gegen den Belgier Pierre-Issa Buijle war es dann schon etwas anspruchsvoller, aber auch das hat Jan gut gelöst und im Haltegriff gewonnen“, so NWJV-Landestrainer Jens Malewany, der den Annener vor Ort betreute.
Nächste Europacup-Aufgaben warten schon in Teplice und Berlin
Was er denn noch verbessern müsse an seinem Kampfstil? „Ich muss im Griffkampf noch konsequenter sein, meinen Gegner da gewissermaßen kaputt kämpfen“, lässt Libuda wissen. Daran arbeite er vor allem mit Ex-SUA-Bundesliga-Akteur Malewany intensiv. „Werfen kann ich ja“, so der 17-Jährige verschmitzt. Am Wochenende nach Ostern geht‘s für ihn weiter beim Europacup in Teplice (Tschechien), danach steht ein großes Turnier in Berlin in seinem Kalender. „Zurzeit ist es schon ein wenig stressig, ich bin wenig zu Hause“, so der Judoka über die Schattenseiten eines aufstrebenden Nachwuchs-Topsportlers. „Zum Glück habe ich keine Probleme mit dem Abnehmen“, so der Halbmittelgewichtler. Langfristig sieht er sich aber selbst eher in der 90-kg-Klasse.
SUA-Talente im internationalen Einsatz
Neben Jan Libuda war mit Thies Funke noch ein weiterer U-18-Judoka beim Masters-Turnier in Bremen gefordert. Aufgerückt in die Klasse bis 73 Kilogramm gewann er zwei Kämpfe, verlor dann aber auch deren zwei. „Dennoch war es für ihn ein gutes Turnier. Thies war länger verletzt, dafür war das jetzt völlig okay“, so Landestrainer Jens Malewany.
Beim internationalen Turnier der Juniorinnen in Bad Blankenburg kämpfte Annens Klara Erten diesmal in der U-21-Konkurrenz, scheiterte aber gleich im ersten Kampf der 52-kg-Klasse. SUA-Bundesligastarterin Mathilda Niemeyer (Hattingen) erreichte in der 78-kg-Kategorie über die Trostrunde den Bronzekampf, verlor dort aber gegen die Bottroperin Eva Ronja Buddenkotte, gegen die sie das DM-Finale gewonnen hatte, nach 12:53 Minuten im „Golden Score“ - Rang fünf.
In dieser Saison gehört Jan Libuda, den manch einer bei den Unionern längst vergleicht mit Club-Ikone Daniel Gürschner, dem ehemaligen Europameister und inzwischen Nationaltrainer von Norwegen, zudem auch zum Aufgebot des Judo-Zweitligateams der SU Annen. „Er ist einer der Gründe, warum wir die zweite Mannschaft für diese Liga gemeldet haben. Unseren größten Talenten müssen wir dort auch schon eine Perspektive schaffen. Da dürfen die Jungs auch schon mal verlieren“, sagt Marcel Haupt. Gleichzeitig aber auch mit dem Hintergedanken, den Youngster dort reifen zu lassen, um ihn später mal ins Bundesliga-Team einbauen zu können.
„Mal sehen, ob ich es diese Saison schon schaffe, dort zu kämpfen - bei all den anderen Terminen und Verpflichtungen“, so Jan Libuda. „Aber irgendwann“, da ist er überzeugt, „will und kann ich dann auch gegen die ganz Großen kämpfen.“ Bis dahin allerdings wird der SUA-Rohdiamant am Kälberweg aber noch ein wenig geschliffen von seinen Trainern.
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