Witten/Bochum. Ohne Fans ist alles anders beim VfL Bochum, auch für den Wittener Michael Wurst. Mit einer Aktion rührte er zuletzt Menschen zu Tränen.

Ein Stadionsprecher gehört zum unverzichtbaren Inventar eines sportlichen Großereignisses. In den Fußball-Profiligen gehen die Aufgaben eines Ansagers weit darüber hinaus, die Aufstellungen vorzulesen und die Torschützen zu verkünden.

Der Wittener Michael Wurst ist daher auch während des Lockdowns immer noch bei allen Spielen des Zweitligisten VfL Bochum im so gut wie menschenleeren Ruhrstadion.

Wittener Michael Wurst arbeitet weiter - die DFL fordert das vom VfL Bochum

Doch ein Stadionsprecher ohne Publikum, ohne Fans, ohne Personen, die anzupeitschen sind?

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Michael Wurst erklärt: „Es kann Notfall-Situationen im Stadion geben, von denen Trainer und Spieler nichts mitbekommen. Sollte es beispielsweise irgendwo im Stadiontrakt brennen, wäre es meine Aufgabe, das den Menschen auf dem Platz mitzuteilen und weitere Anweisungen zu geben. Daher hat es die Deutsche Fußball-Liga zur Auflage gemacht, dass es weiter Stadionsprecher geben muss.“

Der Enthusiasmus bleibt und der VfL Bochum liefert

Wurst ist von Kindheit an eingefleischter Fan des VfL Bochum: „Daher bin ich sehr glücklich, dass ich als einer wenigen Menschen in der Lage bin, die Spiele live im Stadion zu erleben.“ Er kann sich sogar einen Platz aussuchen, denn die Übertragung über die Stadion-Lautsprecher erfolgt drahtlos.

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Meist findet man den Wittener aber an seiner angestammten Stelle vor dem nun verwaisten Fan-Block. Sein Enthusiasmus bei den Ansagen leidet nicht im Geringsten: „Ich flippe bei jedem Tor in einem leeren Stadion genauso aus, als wenn es ausverkauft wäre.“

Doch ganz dasselbe ist es nicht: „Alle Ansagen, die eine Interaktion mit den Fans brauchen, fallen natürlich weg. In den 13 Jahren als Stadionsprecher habe ich sowas natürlich noch nie erlebt.“

Daher hat der 45-Jährige die ersten beiden Heimspiele in dieser Saison noch gut in Erinnerung. Da durften 4500 Zuschauer ins Stadion: „Als ich die Fangesänge gehört und die Reaktionen des Publikums erlebt habe, sind mir die Tränen in die Augen geschossen.“

Der Fan des Tages wird auch in Corona-Zeiten gekürt

Ein bisschen weniger Arbeit hat der Bochum Stadionsprecher durchaus: „Zu meinen Aufgaben gehört das Stadion-TV, das ab einer Stunde vor dem Anpfiff auf der Anzeigetafel übertragen wird. Das fällt natürlich weg.“

Einige Teile dieser Show werden aber dennoch produziert: „Wir stellen immer noch den Fan des Tages vor. Das produzieren wir aber im Laufe der Woche und stellen es online auf die Webseite.“

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Wurst kommt nun rund eine Stunde vor dem Spiel ins Stadion, erledigt alle Vorschriften der Hygienemaßnahmen, besorgt sich dann alle Infos wie Mannschaftsaufstellungen, spricht noch kurz mit seinen Teamkollegen, die für die Musik zuständig sind, und begibt sich dann schnurstracks zu seinem Arbeitsplatz.

Auch der FC Frohlinde und die Musik nehmen viel Platz ein

Michael Wurst ist schon als Fußballer recht erfolgreich gewesen: „Ich habe immer in der Oberliga und Regionalliga gespielt. Zu meiner Zeit in Wattenscheid und Erkenschwick war die Regionalliga noch die dritte Liga.“ Heute trainiert der Wittener den Landesligisten FC Frohlinde.

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Der Stadionsprecher hat sich in den letzten Jahren aber auch als Musiker einen Namen gemacht. Er singt in diversen Coverbands, schrieb Lieder für Schlagerstars wie Ireen Sheer, die immer noch regelmäßig im Radio gespielt werden, und im Januar wird seine erste Solo-CD herauskommen.

150 Konzerte mussten abgesagt werden

Wurst leidet wie alle Künstler sehr unter der Corona-Krise: „Bei mir sind über 150 Konzerte abgesagt worden. Ich weiß auch nicht, wie es im kommenden Jahr weitergeht.“

Zuletzt hat er vor einem Altenheim in Bochum ein Konzert gegeben, das ihm immer in Erinnerung bleiben wird: „Einige der Bewohner haben auf den Balkons gesessen und geweint, weil sie endlich wieder andere Menschen sahen.“

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Der zweifache Familienvater nutzt die freie Zeit, um sich um die beiden Kinder Sally (9) und Sam (14) zu kümmern. Da er zusammen mit seinem Vater, Onkel und Cousin noch eine Versicherungsagentur betreibt, ist Wurst ohnehin nicht arbeitslos.

Er geht aber davon aus, dass er bei den Spielen des VfL erst einmal weiter ins Leere spricht: „Die Rückkehr zur Normalität wird noch eine Zeit lang nicht stattfinden. Mein Enthusiasmus wird sich nicht ändern, doch ich werde die Zuschauer und die Fans weiter sehr vermissen.“

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