Witten. Künstler haben derzeit wenig zu tun. Sänger Michael Wurst aus Witten hat sich daher etwas einfallen lassen. Mit Gitarren – aber nicht mit Musik.
Die Langeweile während des Lockdowns hat ja viele seltsame Blüten getrieben. Die von Michael Wurst finden sich nun auf dem Innenleben von Gitarren wieder. Zusammen mit seiner Nachbarin Birgit Zietlow hat der Sänger und VfL-Stadionsprecher ungewöhnliche Kunstwerke geschaffen, die nicht mehr den Ohren, sondern den Augen gut tun.
„Ich kam eines Tages die Treppe runter und da stand eine alte kaputte Gitarre“, erzählt der Wittener. „Da dachte ich mir, da kann man doch was draus machen...“ Er fragte seine Nachbarin, die vor zwei Jahren schon sein Kinderbuch „Der kleine Engel“ illustriert hatte, ob sie nicht für ihn Gitarren bemalen wolle. Birgit Zietlow wollte. „Ich bin gerade in Rente gegangen, da ist das ein schöner Zeitvertreib“, sagt die frühere Ardex-Sekretärin. Klar sei die Idee eher ungewöhnlich. „Aber das bin ich gewohnt, Ideen von Michael sind immer abgefahren.“
Schwiegervater Kalle nimmt die Gitarren auseinander
Also machten sich die beiden an die Arbeit: Von Schwiegervater Kalle ließ Michael sich die Saiten entfernen und die Decke des Instruments absägen, dann konnte Birgit Zietlow mit dem Malen im Gitarrenbauch loslegen. Beim Motiv ließ der Sänger ihr freie Wahl. „Ich habe einen Nachthimmel gemalt und davor die dunklen Silhouetten von Bochumer Gebäuden, durch deren Fenster die letzten Sonnenstrahlen fallen“, erzählt die 63-Jährige. „Und sein geliebtes VfL-Stadion natürlich.“
Das Ergebnis beeindruckte den Reality-TV-Star sehr. „Ich fand, die sah mega aus“, sagt der 45-Jährige. Er war so begeistert, dass er einen Aufruf startete, um mehr alte Gitarren zu bekommen. 27 hat er inzwischen schon beisammen, neun sind fertig. Birgit Zietlow hat heulende Wölfe in die Instrumente gezeichnet, Turnschuhe, Landschaften und eine Rockerfaust. „Aber da hab ich ihn geärgert, auf dem Finger sitzt nämlich ein Schmetterling“, sagt die Malerin lachend. Und ein Motiv darf auf keinem Instrument fehlen: der kleine Engel, den Michael Wurst vor elf Jahren mit Geschichten und Musik zum Leben erweckt hat. Zietlow betont: „Der ist ein Muss.“
„Schreiben Sie bloß nicht Künstlerin!“
Die Annenerin macht keinen Hehl daraus, dass sie nur zu ihrer Freude malt. „Schreiben Sie bloß nicht Künstlerin!“ Dennoch kommen die Werke der Hobby-Malerin offenbar gut an. Sechs Gitarren-Bilder waren ratz-fatz verkauft. Die übrigen – und die kommenden – bietet Wurst auf seiner Facebook-Seite für rund 100 Euro pro Stück an.
1000 Euro für den Kinderhospizdienst
Eine Gitarre hat das Bochumer Hannibal-Center gekauft und dafür 1000 Euro gezahlt. Das Geld soll dem Kinderhospizdienst Ruhrgebiet zugute kommen. Als Motiv wählte Birgit Zietlow dafür passenderweise die Zeche Hannibal mit ihrem markanten Förderturm, eine Lore, das Center, einen Elefanten und – natürlich – den kleinen Engel.
Michael Wurst hofft, dass sich noch mehr Unternehmen finden, die mit dem Kauf einer Gitarre etwas für den guten Zweck tun wollen.
Wenig Geld für viel Aufwand. Bis zu zwei Wochen sitzt Birgit Zietlow an einem Stück. Sie malt die Motive meist mit Acrylfarbe auf Holzplatten, die in den Korpus eingeklebt werden, passt dann die Seitenteile an. „Michael meint ja, die könnten so bleiben, das wäre Shabby-Chic. Aber das geht mir gegen den Strich.“
Was das schwierigste an ihrer Arbeit ist? Da muss die Annenerin nicht lange überlegen. „Das Aussägen, aber das macht ja Kalle. Wenn ich was verhunze, dann male ich einfach noch mal drüber.“
Auch interessant