Region. Eine Treppe mit Stolperfallen führt der DFB bei den Lizenzen ein. Warum sie zum Trainerwandern und zum Nachteil von kleinen Klubs führen könnte.

Wenn sich die Deutsche Nationalmannschaft in den kommenden Wochen mit der Fußball-Elite der Welt in Katar misst, steht mit Hansi Flick ein Coach an der Seitenlinie, der die UEFA-Pro-Trainerlizenz absolviert hat, er ist also ein sogenannter Fußball-Lehrer.

Jahr für Jahr erwarben um die 30 Trainerinnen und Trainer in Deutschland diese höchste Lizenz – nun aber reformiert der Deutsche Fußball-Bund (DFB) sein Ausbildungssystem – und könnte dadurch die Schere innerhalb des Amateurfußballs verstärken.

Trennung zwischen Jugend- und Seniorenbereich

Kurz zusammengefasst und auf das – für den Profibereich – wichtigste reduziert, lässt sich sagen, dass der DFB in der neuen Entwicklungstreppe nach der B-Lizenz eine Trennung zwischen Seniorenfußball und Juniorenfußball vornimmt.

Trainer, die zum Beispiel eine U17-Jugend-Bundesligamannschaft trainieren wollen, müssten den Weg über die „B+- und A+-Lizenzen gehen, diejenigen, die in den professionellen Seniorenfußball wollen, den über die A- und die Pro-Lizenz. Zwar gibt es noch Möglichkeiten, zwischen beiden Wegen zu springen, dennoch seien die Aufgaben in beiden Bereichen grundsätzlich unterschiedlich.

Noten werden bei der C-Lizenz abgeschafft

Soweit so gut, nachvollziehbare Argumente für diese Trennung gibt es einige. Problematisch wird es aber auf Amateurebene. In 120 Lerneinheiten, davon ein Teil in Präsenz, ein Teil online und ein Teil in der Anwendung beim Heimatverein, erwerben die Anwärter begleitet von sogenannten Lernbegleitern ihre C-Lizenz. Schriftliche, mündliche und praktische Prüfungen sowie Noten, die über einen weiteren Weg zur B-Lizenz zuvor mitentscheidend waren, gibt es nicht mehr.

So sieht sie aus, die Entwicklungstreppe in der Trainerausbildung des DFB.
So sieht sie aus, die Entwicklungstreppe in der Trainerausbildung des DFB. © DFB

Die Entwicklung und nicht die Bewertung solle im Mittelpunkt der Ausbildung stehen. Eine Note gäbe nur einen Hinweis über eine Leistung zu einem bestimmten Zeitpunkt und sei kein sinnvolles Auswahlkriterium im Sinne des lebenslangen Lernens, sagt Steffen Barthel, Bildungsmanager beim DFB, auf Anfrage dieser Redaktion. Die C-Lizenz, die der DFB als das „Einmaleins des Fußballs“ bezeichnet und damit alle Trainer auf Kreis- und Bezirksebene ansprechen möchte, kann somit jeder erwerben.

Die Leistung bei der C-Lizenz ist nicht mehr relevant für die B-Lizenz

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Doch gerade die Stufe hin zur B-Lizenz, die die Basis für leistungsorientierten Fußball im Amateurbereich auf Landesebene darstellen soll, und die zum Trainieren aller Männermannschaften bis einschließlich der 5. Liga, allen Frauenteams mit Ausnahme des Profibereiches, allen Jugendmannschaften mit Ausnahme der A- und B-Junioren Bundes- sowie Regionalligen sowie allen Juniorinnen-Teams mit Ausnahme der B-Juniorinnen-Bundesliga berechtigt, könnte zu einer Stolperfalle werden.

Grund dafür sind die Zulassungsvoraussetzungen, die deutlich angehoben wurden. Neben den Kosten, der Vollendung des 17. Lebensjahres, der Nachweise über eine Vereinsmitgliedschaft, den Besitz der C-Lizenz und eines Erste-Hilfe-Scheines, einem erweiterten Führungszeugnis und einem ärztlichen Attest über die sportliche Tauglichkeit, braucht es den Nachweis über eine mindestens zwölfmonatige Tätigkeit als Trainer im Erwachsenen- oder Jugendbereich ab der U12 (FLVW) bzw. U13 (FVN) aufwärts im Amateurleistungsfußball.

B-Lizenz-Trainer müssen in einer gewissen Liga trainieren

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Das bedeutet, dass der B-Lizenz-Anwärter, der im Jugendbereich seinem Ehrenamt nachgeht, im FVN-Gebiet mindestens eine Jugendmannschaft in der Leistungsklasse trainieren muss oder im Mädchen- und Frauenfußball ein Team oberhalb der Kreisliga. Im FLVW-Bereich ist die Kreisliga A in der Jugend die Liga, bei der die Grenze gezogen wird.

Der DFB begründet diese Anhebung der Zulassungsvoraussetzungen damit, dass die B-Lizenz auf Trainer im ambitionierten Jugend- und Erwachsenenfußball ausgerichtet sei und dass die Begrenzungen homogene Lerngruppen und somit eine höhere Qualität der Ausbildung ermöglichen würden. Trainer im unteren Amateurfußballbereich hätten andere Herausforderungen als Trainer im höheren Amateurfußballbereich. Dies träfe auch auf die unterschiedlichen Altersstufen zu. Es sei nicht mehr das Ziel, schnell zur nächsthöheren Lizenz zu kommen, sondern auf der bisherigen Ebene Weiterbildungen wahrzunehmen und die Lehrinhalte im regelmäßigen Spiel- und Trainingsbetrieb sinnvoll anzuwenden.

Jugendtrainer des TuS Hattingen dürften sich fortbilden, die der SG Welper nicht

Wissen zum Training von Mannschaften, die ein höheres Leistungsvermögen als die aktuell vom Trainer selbst betreute haben, wird demnach nicht gefördert.

Ein Fallbeispiel: Die Trainer der A- bis C-Junioren des TuS Hattingen dürften die B-Lizenz angehen, da ihre Teams in der Kreisliga A oder höher spielen, der C-Jugend-Trainer der SG Welper oder des SC Obersprockhövel aber nicht, da die Mannschaften in der Kreisliga B spielen. Beim SuS Niederbonsfeld dürfte kein Trainer der A- bis C-Jugend in die B-Lizenz gehen, die A- und B-Jugend-Trainer der SF Niederwenigern, die in der Leistungsklasse spielen, aber schon.

Simon Kopp trainiert die B-Jugend der SF Niederwenigern in der Leistungsklasse. Er dürfte aktuell noch einen B-Lizenz-Lehrgang angehen.
Simon Kopp trainiert die B-Jugend der SF Niederwenigern in der Leistungsklasse. Er dürfte aktuell noch einen B-Lizenz-Lehrgang angehen. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Wenn nun aber zum Beispiel die B-Jugend der SF Niederwenigern in der kommenden Saison die Leistungsklasse um ein Punkt oder auch nur ein Tor unglücklich verpassen würde, dürfte der entsprechende Trainer dann wiederum keine B-Lizenz in diesem Jahr ablegen. Wenn er dies trotzdem möchte, müsste er sich nun entscheiden, ob er ein Jahr wartet – in der Hoffnung, dass in der kommenden Saison seine Mannschaft den Sprung in die Leistungsklasse schafft – oder er wechselt den Verein und wird woanders Cheftrainer einer Mannschaft in der Leistungsklasse.

Der DFB verneint einen Einfluss auf die Trainerbeschäftigung

Auf die Frage, ob diese neue Regelung nicht die Schere zwischen besserem und schlechterem Jugendfußball vergrößern und größere Vereine gegenüber kleineren Klubs bevorteilen würde, antwortet Steffen Barthel schlicht und etwas kompliziert: „Zielgruppenspezifischere Angebote sollen für eine höhere Qualität der Trainer – unabhängig vom Niveau der Mannschaft oder der Größe des Vereins – sorgen. Die Trainer sollen gemäß dem Alters- und Leistungsniveau ihrer Mannschaft die passenden Kompetenzen erwerben. Inhalte, Methoden und Formate der Ausbildung wurden konsequent nach diesen Zielen ausgerichtet.“

Beim Einwand, dass höher qualifizierte Trainer so aber seltener bei Vereinen mit niedriger spielenden Teams agieren und ein Trainerwandern im Jugendbereich hin zu Vereinen mit Teams in der Leistungsklasse bzw. Kreisliga A provoziert werden könnte, sagt Barthel: „Unser Anspruch und Ziel ist es, alle Trainer – unabhängig der Leistungs- und Altersklasse – besser zu machen. Auf die Beschäftigung haben wir keinen Einfluss.“

Da jedoch macht es sich der DFB dann doch etwas einfach.

Info: Die C-Lizenz-Ausbildung kostet abhängig vom Kreis zwischen 200 und 300 Euro. Die B-Lizenz liegt zwischen 1500 und 2070 Euro (Lehrgangs- und Prüfungsgebühren, Ausbildungskosten sowie Vollpension. Danach steigt es enorm. Die A-Lizenz kostet aktuell 6.000 Euro plus Kosten für Unterkunft und Verpflegung, die B+-Lizenz liegt bei 1900 Euro plus Kosten für Unterkunft und Verpflegung. Die A+-Lizenz kostet 20.5000 Euro (hier sind Unterkunft und Verpflegung schon hereingerechnet, die reine Lehrgangsgebühr liegt bei 12.000 Euro. Die UEFA-Pro-Lizenz liegt bei 19.000 Euro, plus Unterkunft- und Verpflegungskosten, und dauert zwischen zwölf und 15 Monate.

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