Gladbeck. Eigentlich war Neele Schuten (TV Gladbeck) für die Bob-Weltcupsaison gar nicht vorgesehen. Dann durfte sie ran. Das war ihr ursprüngliches Ziel.
„Ich realisiere langsam, was passiert ist.“ Das sagt Neele Schuten und lächelt. Es ist zuletzt nämlich sehr viel passiert im Leben der Anschieberin des TV Gladbeck Kufe, die vor der gerade zu Ende gegangenen Bobsaison vermutlich höchstens Insider kannten und einige Leichtathletik-Experten. Nun stehen für die 23-Jährige drei Weltcupsiege zu Buche, der Gewinn der Europameisterschaft und der der Anschub-WM.
Eine eindrucksvolle Bilanz - vor allem, wenn man bedenkt, dass Neele Schuten eigentlich gar nicht für Einsätze im Weltcup vorgesehen war. Doch nach der DM in Altenberg im vergangenen November, bei der sie mit Pilotin Maureen Zimmer (BRC Thüringen) Platz zwei belegt hatte, nominierte Bundestrainer René Spies die angehende Bundespolizistin für die Rennen in Übersee.
„Ich habe davon profitiert, dass andere Anschieberinnen verletzt waren“, sagt Neele Schuten im Gespräch mit der WAZ. Passen mussten bei den Auftaktrennen in Kanada und den USA Deborah Levi, die mit Laura Nolte in Peking Olympia-Gold gewonnen hatte, und auch Schutens TVG-Teamkameradin Kira Lipperheide.
Ihr Heimtrainer Heiner Preute bekannte seinerzeit: „Damit haben wir nicht gerechnet. Geplant war eigentlich, dass Neele im Europacup mit Maureen performt und an den Junioren-Weltmeisterschaften teilnimmt.“
Neele Schuten hat sich vor der Saison keine Ziele gesetzt
Bevor Spies sich entschied, Neele Schuten zu nominieren, hielt er noch Rücksprache mit dem Gladbecker Trainer. Die Frage, ob er seiner Athletin die Starts in Übersee zutraut, beantwortete Heiner Preute kurz und knapp mit „Ja!“ Und dann verwies er darauf, dass Neele Schuten ihre DM-Silbermedaille im Hürdensprint in Berlin vor 30.000 Zuschauern errungen habe.
Welche Ziele hatte sich Neele Schuten nach ihrer Berufung ins erfolgsverwöhnte deutsche Weltcupteam gesetzt? „Gar keine“, verrät sie, „ich wusste ja, dass ich mit einer Pilotin (Lisa Buckwitz, d. Red.) fahre, die auf allen drei Bahnen auch noch gar keine Erfahrung gesammelt hatte.“ Erst einmal ankommen wollte die Gladbeckerin in der Elite des Bob- und Schlittenverbandes für Deutschland und „zeigen, was ich draufhabe“.
Das war eine ganze Menge. Oder, in den Worten Neele Schutens: „Es lief ganz gut.“ Mut machten dem Weltcup-Neuling aus Gladbeck die Ergebnisse in Park City und schließlich die Push-WM in Lake Placid, die sie mit Lisa Buckwitz zu ihren Gunsten entscheiden konnte. Dabei verwiesen die Deutschen Teams aus Kanada und den USA auf die Plätze.
Olympiasiegerin Laura Nolte lobt Neele Schuten
Der Traum ging weiter, Anfang des Jahres beim Heimweltcup in Winterberg durfte Neele Schuten erstmals den Schlitten von Olympiasiegerin Laura Nolte auf Touren bringen. Laura Nolte und Neele Schuten - das passte. Sie siegten in Winterberg, in Innsbruck und am vergangenen Sonntag in Sigulda, womit die Winterbergerin auch den Gesamtweltcup gewann.
Laura Nolte fand für ihre Anschieberin nach den Rennen in Sigulda einmal mehr nur lobende Worte: „Ich bin auch richtig stolz auf Neele, sie hat es sehr sehr stark gemacht. Sie ist erst gestern angereist, war noch nie hier auf der Bahn und dann hatten wir im zweiten Lauf auch noch Startbestzeit – das war richtig krass. Sie hat mich gut angeschoben und damit den Grundstein gelegt, dass wir gewinnen konnten.“
Es lief aber nicht alles rund für Nolte/Schuten: Ausgerechnet bei den Weltmeisterschaften Anfang Februar in St. Moritz riss die Erfolgsserie des Teams. Zunächst stürzte es im Training im berühmt-berüchtigten Horseshoe schwer und danach noch einmal an gleicher Stelle im dritten Lauf. Damit war die WM vorzeitig beendet. Neele Schuten vergoss bittere Tränen.
Jetzt gönnt sich Neele Schuten eine vierwöchige Auszeit
Mit etwas Abstand sagt Neele Schuten: „Beim Trainingssturz habe ich mir die Schulter verbrannt. Ich war froh, dass wir irgendwann stehengeblieben sind. Der Schock saß zunächst tiefer als die eigentliche Wunde.“ Probleme, wieder an den Start zu gehen, habe sie nicht gehabt. „Das Mentale hat mich nicht gestört, ich mache mir nicht so viele Gedanken, das war übrigens schon in der Leichtathletik so.“
Am WM-Aus habe sie knabbern müssen. Doch Neele Schuten und Laura Nolte meldeten sich umgehend in Innsbruck und Sigulda mit Erfolgen im Weltcup zurück.
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Und nun? Neele Schuten gönnt sich erst einmal eine vierwöchige Auszeit. „Die tut jetzt gut.“ Anschließend setzt sie ihre Ausbildung an der Bundespolizeisportschule Bad Endorf fort. Bis Ende Juli wird sie in Bayern wieder die Schulbank drücken und sich parallel vorbereiten auf die neue Saison. „Und dann“, sagt die Gladbeckerin, „findet schon der zentrale Leistungstest statt und geht alles wieder von vorne los.“
Ziele setzt sie sich (noch) nicht. Mit dieser Herangehensweise ist Neele Schuten wahrlich nicht schlecht gefahren in ihrer ersten Weltcupsaison . . .
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