Gladbeck. Was läuft falsch im Amateurfußball, was in der Jugendarbeit? Daniel Thiele, der Ex-Trainer von SG Preußen Gladbeck, redet Klartext.
Mehr als 20 Jahre lang war er im Amateurfußball aktiv. Daniel Thiele hat lange Zeit selbst gekickt, und bis zum vergangenen März stand er als Trainer von SG Preußen Gladbeck in der Verantwortung. Bekannt ist er als ebenso meinungsstarker wie kritischer Geist. Auch im Gespräch mit der WAZ nahm Thiele kein Blatt vor dem Mund. Es drehte sich um die Situation im Gladbecker Amateurfußball und um die Nachwuchsarbeit.
Daniel Thiele betont: „Ich habe jetzt eine Luxus-Situation, kann mir Fußballspiele heraussuchen, auf die ich Bock habe und mal ein wenig über den Tellerrand schauen.“ So schaute sich der Ex-Preuße in dieser Saison bereits das eine oder andere Kreisliga-Spiel an, war etwa bei der SSV Buer zu Gast oder auch bei zwei Partien des BV Rentfort an der Hegestraße.
Ist das Spielniveau in den Kreisligen schwächer geworden?
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Welchen Eindruck hat er als aktuell Außenstehender mit ein wenig Abstand vom Spielniveau in den Kreisligen gewonnen? Ist es, wie oftmals behauptet wird, tatsächlich schwächer geworden in den vergangenen Jahren?
Ein pauschales Urteil fällt Thiele nicht: „Egal, mit welcher Generation man spricht, jede sagt, dass früher alles besser war. Aber dem ist doch nicht so. Der Fußball entwickelt sich einfach weiter.“ Früher sei mit einer Schweineblase gespielt worden, dann mit Libero und Vorstopper und irgendwann mit Viererkette.
Für Thiele ist die Leistungsspanne zwischen den Teams zu groß
Ein großes Problem im Kreis Gelsenkirchen ist für Thiele, dass die Leistungsspanne zwischen den Teams zu groß sei. Dies sei vor einigen Jahren noch nicht der Fall gewesen, da habe ein Team aus dem Tabellenkeller auch mal eine der Topmannschaften schlagen können.
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Daniel Thiele lebt den Fair-Play-Gedanken
Thiele sagt: „Es gibt im Kreis Gelsenkirchen zwei A-Ligen und in jeder Liga spielen zwei, drei wirklich starke Teams. Warum legt man diese Klassen nicht zusammen. Dann hätte man in dieser Liga bereits sechs starke Mannschaften."
Thiele ist für die Zusammenlegung der A-Ligen
Eine Zusammenlegung der A1 und A2 hätte laut Thiele noch einen weiteren Vorteil. „Dann würde", betont der auch in der Fachschaft Fußball engagierte Gladbecker, "der Meister auch endlich aufsteigen.“
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Ausreden dafür gibt es für Thiele keine: „Da braucht mir niemand mit der Fahrzeit kommen. Wir sind im Ruhrgebiet und leben in einem engen Ballungsraum. Zum Partymachen kann man nach Düsseldorf fahren, aber für ein Spiel nicht nach Ückendorf? Das passt nicht!“
Die Bundesliga bezeichnet Thiele als Problem
Ebenso sei für den Amateurfußball die Bundesliga ein großes Problem. „Ich habe vor einigen Jahren mal den Antrag gestellt, meine Spiele alle freitags auszutragen. Sicherlich gibt es da auch Nachteile, aber so würde man wieder Zuschauer auf die Sportanlagen bekommen und die Vereine hätten Einnahmen.“
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Thiele weiter: „Der Antrag wurde nicht angenommen und ich hätte daher unsere jeweiligen Gegner um Spielverlegung bitten müssen, was wir ab und an auch gemacht haben. Zweckel und Rentfort machen das bei ihrem Derby ja auch. Und man sieht ja, was dann auf dem Platz los ist.“
Daniel Thiele gilt als Tausendsassa
Doch die Menschen seien generell bequemer geworden. „Ich habe mich mit vielen anderen Trainern unterhalten, selber viel beobachtet“, erklärt Thiele, der als Tausendsassa gilt und auch schon bei „Wer wird Millionär“ auf dem Stuhl bei Günther Jauch saß. „Fußball ist für viele nicht mehr das Hobby Nummer eins. Es werden Prioritäten anders gesetzt.“
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Das gilt natürlich auch für den Gladbecker Amateurfußball. Thiele kann sich noch gut an bessere Zeiten erinnern. „Als ich in die Senioren kam", so der Ex-Preuße, "hatten wir Stadtmeisterschaften mit 13 Mannschaften, und wir hatten bei Kreisliga-Spielen teilweise bis zu 200 Zuschauer.“
Für Thiele spielen im Jugendbereich die Eltern eine zentrale Rolle
Die Gründe, warum dies alles nicht mehr so ist, die seien allen bekannt und Thiele möchte nicht alles darauf schieben, dass einige Vereine einen Kunstrasen haben und andere nicht. Er sagt: „Ich habe gut reden, war 20 Jahre in einem Verein, der nun auf Kunstrasen spielt. Aber man sieht doch zum Beispiel an Wacker Gladbeck, dass man sich auch auf Asche eine Jugendabteilung aufbauen kann, wenn man nur innovativ und modern denkt.“
Apropos Jugendarbeit. Im Nachwuchsbereich spielen für Thiele die Eltern eine entscheidende Rolle. Früher seien die Eltern beim Training und bei den Spielen dabei gewesen, hätten Abschlussfahrten organisiert, kurzum, es habe eine Gemeinschaft gegeben.
Es gibt viele Gründe für den Vereins- und Mannschaftssterben
„Es gilt", betont Thiele, "daran wieder aufzuknüpfen und alles lebendig zu machen. Ich beobachte derzeit, dass vor dem Training Autos vorfahren, die Kinder aus den Autos gelassen und nach Trainingsende wieder abgeholt werden.“
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Dennoch weiß Thiele auch, dass das nicht der einzige Grund für den Vereins- und Mannschaftsschwund im Gladbecker Amateurfußball ist: „Wir sind im demographischen Wandel, es gibt weniger Kinder, die nachrücken, die Prioritäten sind anders gesetzt und es gibt zu viele andere Sachen, womit sich Kinder und Jugendliche vielleicht auch lieber beschäftigen.“
Thiele spricht sich für Gründung von Spielgemeinschaften aus
Um den Gladbecker Jugendfußball nach vorne zu bringen, schlägt Thiele schon länger die Gründung von Spielgemeinschaften vor: „Es macht Sinn, in jeder Altersstufe eine starke Mannschaft in Gladbeck zu haben. Doch ich kann auch verstehen, wenn das nicht den Philosophien der Vereine entspricht. Dennoch müssen wir dort moderner denken.“
Thiele: „Aber wir sind uns doch alle einig, dass es so nicht weiter gehen kann, wenn Stadtmeisterschaften im Jugendbereich teilweise gar nicht erst ausgetragen werden können, weil es zu wenig Teams gibt.“
Thiele kann sich vorstellen, wieder als Trainer tätig zu werden
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Seit März ist Daniel Thiele nun nicht mehr aktiv im Amateurfußball. Wie sieht's aus, werden wir ihn bald irgendwo in Gladbeck wieder am Seitenrand sehen? Seine Antwort fällt zunächst flapsig aus: „Derzeit ist kein Fußball, also kann ich derzeit auch kein Trainer sein.“
Tatsache ist, dass Daniel Thiele nach seinem Engagement bei SG Preußen mit drei Vereinen lose Gespräche geführt hat. „Da war aber nichts bei, wo ich gesagt hätte, da hätte ich richtig Bock drauf. Bei einer sehr, sehr interessanten Aufgabe hätte ich bestimmt zugesagt.“ Und er betont: „Ich kann mir, obwohl ich die Zeit genieße, definitiv vorstellen, wieder Trainer zu werden.“
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