Essen. Thomas Böttcher ist als Vorsitzender der Moskitos Essen wiedergewählt. 800.000 Euro musste er bisher aufbringen, um Löcher in der Kasse zu stopfen

  • Thomas Böttcher wurde als Vorsitzender der Moskitos Essen wiedergewählt
  • Die Infrastruktur am Eishockeystandort Essen habe sich nicht nachhaltig verbessert
  • Der Verein braucht zwei, drei Großsponsoren, um aufsteigen zu können

Eigentlich müsste die Stimmung bei Thomas Böttcher bestens sein. Die Moskitos Essen haben in den vergangenen Wochen eine unglaubliche Serie hingelegt, sich vorzeitig das so wichtige Heimrecht in der ersten Playoff-Runde gesichert. Bei den beiden Heimderbys gegen Herne und Duisburg pilgerten zuletzt jeweils über 3000 Zuschauer in die Eissporthalle am Westbahnhof. Schon vor der Mitgliederversammlung am Mittwoch war die Stimmung beim Moskitos-Boss aber nicht ausgelassen, die Euphorie bei den Fans hat sich bislang nur bedingt auf Böttcher übertragen.

Seit fast fünf Jahren ist der 60-Jährige inzwischen im Amt als Vorsitzender, musste aber vor seiner Wiederwahl festhalten: Nachhaltig habe sich mit Blick auf die Infrastruktur am Eishockey-Standort Essen in dieser Zeit nichts wesentlich verbessert.

Moskitos Essen müssen weiterhin jeden Euro umdrehen

„In der Form und der Intensität der vergangenen fünf Jahre werde ich das nicht noch einmal fünf Jahre schaffen“, sagt der Vereinsvorsitzende und Geschäftsführer der Spielbetriebs GmbH und Co. KG. Er sei in den vergangenen Monaten nicht mehr derselbe gewesen wie zuvor, die Belastung immer höher geworden.

Moskitos Essen: Die Ergebnisse der Wahlen auf der Mitgliederversammlung

Vorstand: Thomas Böttcher (Vorsitzender), Timo Struwe (stellvertr. Vorsitzender), Simone Wettstein (Schatzmeisterin).

Vorstandsbeirat: Grit Makowsky (Geschäftsstelle), Martin Spicker (Presse- und Öffentlichkeitsarbeit), Uwe Stevens (Verbandsarbeit), Jörn Maritzen (Jugend), David Goßen (Sponsoring und Werbung), Thomas Böttcher (Herrenabteilung Skaterhockey).

Aufsichtsrat: Thomas Schiemann, Frank Skrube, Robert Gunz.

Alle Wahlen waren einstimmig.

Aber es ist nicht nur die Vergangenheit, die die Essener immer wieder einholt und auf das Vereinsportmonnaie drückt. Insgesamt rund 800.000 Euro habe er seit seinem Amtsantritt zusätzlich aufbringen müssen, um alte Löcher aus den Jahren zuvor zu stopfen, erklärt Böttcher. Die Verantwortlichen müssen weiterhin jeden Euro umdrehen, sich genau fragen, welche Bereiche sie zuerst mit eigenen finanziellen Mitteln optimieren.

Auch interessant

Eine merkbare Weiterentwicklung des Vereins sei unter den derzeitigen Voraussetzungen kaum möglich, weil die nötigen Bedingungen in der Eissporthalle fehlen. Den Moskitos steht am Westbahnhof nur ein vergleichsweise kleiner Bereich für Sponsoren und VIP-Gäste zur Verfügung. Ein Beispiel: Beim Heimderby gegen Herne vor knapp vier Wochen hatten die „Mücken“ 70 zusätzliche Anfragen, die sie aber nicht bedienen konnten, weil schlichtweg der Platz fehlt. Dadurch musste der Verein auf eine zusätzliche Einnahme von knapp 10.000 Euro verzichten.

Moskitos Essen müssen auf potenzielle Einnahmen verzichten - die Gründe

„Die Eissporthalle hat einfach nicht die Voraussetzungen, die heutzutage nötig sind. Die Füchse Duisburg und der Herner EV haben da andere Möglichkeiten“, erklärt Böttcher. „Wir sind eingeschränkt, das ist ein klarer Wettbewerbsnachteil für uns.“

Thomas Böttcher (vorne) steht vor seiner Wiederwahl als Vereinsvorsitzender der Moskitos Essen.
Thomas Böttcher (vorne) steht vor seiner Wiederwahl als Vereinsvorsitzender der Moskitos Essen. © FUNKE Foto Services | Michael Gohl

Auch Wünsche von Partnern können in vielen Fällen nicht erfüllt werden, mit ausreichenden VIP-Kapazitäten könnte der Verein in einer Saison locker 100.000 Euro mehr erwirtschaften, erklärt Böttcher. Die Nachfrage sei da – auch für Nachmittagsspiele, die die „Mücken“ nur in Ausnahmefällen durchführen können. Auch auf Einnahmen durch die Gastronomie in der Halle müssen die „Mücken“ verzichten, sie ist bereits seit Jahren extern vermietet.

Auch interessant

„Um auf lange Sicht mehr Einnahmen generieren zu können und sich professioneller, breiter aufstellen zu können, ist das für uns zwingend erforderlich“, sagt der Geschäftsführer. Weitere Punkte, die Böttcher in der Halle fehlen: Es gibt keine LED-Banden, auch noch immer kein funktionierendes WLAN für die Livestream-Übertragungen, die Beschallungsanlage macht seit Jahren Probleme.

Moskitos Essen: DEL2-Aufstieg wäre finanziell kaum realisierbar

Ändern dürfte sich an vielen Punkten in naher Zukunft aber nichts: Eine Machbarkeitsstudie hat ergeben, dass die Eishalle derart marode sei, dass eine Sanierung aus wirtschaftlicher Sicht keinen Sinn mehr mache, nur ein Abriss und ein Neubau in Frage komme. Bis dahin dürfte nur noch das Nötigste an der Halle gemacht werden. Böttcher muss also kreativ werden, auf anderen Wegen die Einnahmen steigern. Um perspektivisch auch sportlich die nächsten Schritte gehen zu können, müssen sich die „Mücken“ laut ihrem Vorsitzenden auch im Sponsoring (knapp 500.000 Euro in dieser Saison) noch breiter aufstellen.

Geschäftsführer Thomas Böttcher von den Moskitos Essen sorgte nach dem Derbysieg gegen Herne für einen Eklat.
Geschäftsführer Thomas Böttcher von den Moskitos Essen sorgte nach dem Derbysieg gegen Herne für einen Eklat. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

„Wir brauchen zwei, drei Großsponsoren um wirklich mit den Top-Teams – gerade im Süden – mithalten zu können. Sie haben ganz andere Etats als wir“, erklärt Böttcher. „Um hier ambitioniert weiterdenken zu können und vielleicht mal um den sportlichen Aufstieg spielen zu können, brauchst du mindestens eine halbe Millionen mehr.“ Doch Großunternehmen, von denen viele in Essen beheimatet sind, für den Sport zu gewinnen, gestaltet sich in der Stadt bekanntlich schwierig. Zwar haben die Moskitos fristgerecht einen Antrag auf das Lizenzprüfungsverfahren für die DEL2 gestellt, zu realisieren wäre der Sprung in die zweite Liga bei einem sportlichen Aufstieg finanziell aber kaum. Es sei denn, aus dem Nichts würden sich große Geldgeber für ein Engagement bei den Moskitos entscheiden.

Moskitos: Mitglieder wählen neuen Vorstand und Aufsichtsrat

„Ich muss funktionieren: Von morgens bis abends, mache das immer noch ehrenamtlich – habe da Bock drauf“, sagt Böttcher. „Ich bin der Meinung, dass wir an dem Standort noch ganz viele Möglichkeiten haben. Wir müssen aber echt hart dafür arbeiten, weil hier wirklich jeden Cent brauchen.“

Die Wahlen auf der Mitgliederversammlung liefen derweil wie erwartet: Thomas Böttcher ist als Vorsitzender einstimmig im Amt bestätigt worden und hat in Timo Struwe einen neuen Stellvertreter, der ihn bereits in den vergangenen Monaten in kommissarischer Funktion unterstützt hatte. Zurück ist Simone Wettstein: Die Schatzmeisterin war bereits von Dezember 2019 bis März 2023 für die „Mücken“ tätig und hat sich nun erneut zur Wahl stellen lassen. Im Aufsichtsrat gibt es keine Veränderungen, das Gremium besteht weiterhin aus Thomas Schiemann, Frank Skrube und Robert Gunz - alle Ergebnisse der Wahlen auf der MV lesen Sie oben im Infokasten.

Alle Hintergründe zu den Moskitos Essen: