Bottrop. Der Auftakt für den SV ging daneben. Früh aufstehen, mit Sonnenbrand zurückfahren und dann noch verlieren. Aber immerhin die Beschallung stimmte.
Der Wecker klingelt. 8 Uhr. Keiner weiß, warum der Coach das Spiel so früh ansetzen lässt. Zusätzlich findet die Partie auch noch in Essen statt, wodurch die Anfahrt über 30 Minuten vom heimischen Platz aus dauert. Dennoch ist jeder der im Kader ist sichtlich motiviert.
Um 9 Uhr - der ausgemachte Treffpunkt an der heimischen Anlage - beginnt Coach Carter mit seiner Kabinenansprache. Es geht gegen den GTSV Essen. Letztes Jahr gewann man das Testspiel dort 7:6, nachdem man 1:6 zurücklag. „Keine Ahnung wie wir das gemacht haben, aber wir wissen also, dass die was können“, ermahnt der Übungsleiter seine Truppe.
Mannschaftsbesprechung bei den 1911 Freunden noch vor der Abfahrt
Die Spieler sehen zum Teil sehr müde aus. Immerhin hat keiner am Vorabend über die Stränge geschlagen, da diese Uhrzeit selbst für die geübten Hopfentrinker zu wenig Ausnüchterungszeit bedeutet hätte. Dennoch verspricht der Trainer ihnen, dass diese Uhrzeit nicht nochmal vorkommen wird. Aufstellung: Schneider, Marc, Tim, Lou, Oskar, Marcel, Zwieback, Elias, Tadda, Chris und Lippi. Gerade in der Offensive fehlen ein paar gewohnte Stammkräfte, aber das ist bei einem Testspiel nicht weiter schlimm. Denn vielleicht setzt sich ja auch wer anders durch. „Lasst uns das machen, was wir in den letzten Trainingseinheiten geübt haben“, wünscht sich Daniel „Pedda“ Pietryszek von seinen Ascheathleten.
An der Magnettafel zeigt er nochmal die letzten Anweisungen in puncto Verschieben und Anlaufen. „Henne? Hast du noch was?“, beendet er sein Plädoyer. Sein Co-Trainer stimmt ihm im vollen Umfang zu. Abfahrt.
Die Musikbox bekommt die gleiche Aufmerksamkeit wie der Ball
An der gegnerischen Anlage angekommen, liegt die Aufmerksamkeit der 11er erstmal auf etwas ganz anderem. Die neue Musikbox. „Die leuchtet ja sogar“, hört man es durch die Kabine schallen. Während der Bass der neu erworbenen Anlage die Trommelfelle einer Zerreißprobe unterzieht, bekleiden sich die Spieler mit ihrem Spieldress.
Neu-Kapitän Marcel leitet im Anschluss das Aufwärmtraining, während Benne die Handschuhe von Torhüter Schneider zum Glühen bringt. Anpfiff. Die 11er starten stark. Sie setzen genau das um, was ihr Trainer sich gewünscht hat. Frühes Anlaufen, starkes Pressing und schnelle Passkombinationen. Nach 17 Minuten steht es 2:0 durch die Tore von Elias und Chris. Auch defensiv stehen die Gäste sehr gut. Zweikämpfe werden gewonnen und sämtliche Situationen werden spielerisch gelöst, weil sie den Ball einfach gut laufen lassen.
Ein Fehler bringt Unruhe in die Truppe des SV Bottrop
21. Minute: Die Zweikämpfe werden nicht mehr gewonnen, nachdem Schneider die Situation spielerisch lösen wollte und den Ball in Richtung Chris schlägt. Dieser erreicht den Ball nicht, Konter: 2:1. „Passiert! Weitermachen wie vorher, lasst euch nicht aus der Ruhe bringen“, motiviert Co-Trainer Henne seine Jungs. Die 11er lassen sich allerdings weiter aus der Ruhe bringen und kassieren nach einer erneuten Einladung der Defensive das 2:2 in der 35. Minute.
Hinten werden weiter vogelwilde Bälle gespielt, sodass in der Nachspielzeit der ersten Hälfte das 3:2 durch die Gastgeber erzielt wurde. „Wieso lassen wir uns alle durch einen Fehler so aus der Fassung bringen?“, stellt Coach Carter die richtige Frage in der Halbzeit. „Lasst uns da weiter machen, wo wir nach 20 Minuten leider mit aufgehört haben.“
Niederlage und zu allem Überfluss auch noch Sonnenbrand
Zwei Wechsel folgen und die Partie verläuft ausgeglichen. Dennoch bringen Fehler die Spieler des GTSV Essen immer wieder vor das Tor. Selber vergibt man vorne allerdings auch einige Torchancen. Chris ist es zu verdanken, dass diverse Bälle vom benachbarten Parkplatz geholt werden dürfen. So plätschert die Partie in dem Rhythmus weiter, bis die Gastgeber nach einem erneuten Fehlpass die Entscheidung zum 4:2 (85.) erzielen.
„Vier Gastgeschenke von uns. Toll!“, meckert Coach Carter. Vielleicht ist er auch einfach nur genervt, weil er vergessen hat, sich vernünftig einzucremen und er sich mal wieder einen Sonnenbrand zugezogen hat. Abpfiff. Wichtige Ansätze wurden bei Bier und Bratwurst festgehalten. Akteur des Tages: Die Musikbox.
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Lukas Schneider ist Bottroper und leidenschaftlicher Amateurfußballer. Der 24-Jährige ist Torhüter des SV 1911 Bottrop und teilt mit uns in seiner Kolumne „1911 Freunde“ den Blick auf das nicht selten skurril komische Innenleben des kleinsten Bottroper Kreisliga-Vereins.