Bottrop. Alles anders, trotzdem toll: In der Kolumne „1911 Freunde“ berichtet Lukas Schneider, wie Kreisliga-Training mit Corona-Abstandsregeln abläuft.
„Du bist 7 Minuten zu spät“, höre ich den Trainer in meine Richtung sagen. Eine passende Ausrede fällt mir spontan nicht ein. Ich hätte nicht gedacht, dass das erste Training nach der durch Corona bedingten Pause so ernst genommen wird. Zumal wir doch eh nicht richtig trainieren können.
„Lauf wenigstens schneller und mach dich fertig“, knurrt Coach Carter weiter. Vielleicht war die Portion Spaghetti Bolognese doch zu groß dafür, dass ich sie eine halbe Stunde vor Trainingsbeginn vertilgt habe. Nach Bewegung war mir nämlich gerade nicht zumute. Aber nach Fußball. Endlich wieder Fußball.
Coronavirus: Die Trainingsbeteiligung zeigt die Sehnsucht nach dem Lieblingssport
Die Späßchen beim Umziehen in der Kabine fallen aus, da die Kabinen noch gesperrt bleiben müssen und alle Spieler direkt umgezogen am Platz erscheinen.
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Mein Torwartoutfit muss auch nur noch um die Fußballschuhe komplettiert werden. Da das Auto ja nicht dreckig werden darf und die Asche vom letzten Training vor der Zwangspause immer noch unter den Stollen hängt, geht es nicht anders. An die 20 Leute haben es heute zum Training geschafft. Die ungewohnt hohe Trainingsbeteiligung lässt Rückschlüsse auf die Sehnsucht nach dem Lieblingsballsport ziehen.
Das Warmlaufen in einer Reihe erstreckt sich über die ganze Länge des Platzes, da der Mindestabstand von 1,5 Metern eingehalten werden muss. Nach fünf Minuten sehe ich mehr rote und keuchende Gesichter, als man sie wohl beim Rentneryoga erblicken könnte.
Schnell zeigt sich, wer sich in der freien Zeit fit gehalten hat
Die Bitte des Trainers, sich während der trainingsfreien Zeit fit zu halten, wurde also genauso befolgt, wie die, dass am Abend vor jedem Spiel kein Alkohol getrunken werden soll.
Gar nicht.
Es folgen diverse Passübungen. Auch hier steht eher das Laufen im Fokus. Bei der dritten Übung scheint das durch den hohen Blutdruck bedingte Ohrenrauschen bei manchen Spielern so stark zu sein, dass sie die Anweisungen des Trainers nicht mehr hören.
Die Torschussübung erinnert am ehesten an ein Fußballspiel
„Du sollst den Ball klatschen lassen und dann um das Hütchen laufen!“, brüllt der Übungsleiter einen seiner Schützlinge an. Durchtrieben von Flashbacks zuckt die Hälfte aller Spieler zusammen, um sich kurz danach innerlich zu freuen, dass sie dieses Mal nicht gemeint sind.
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„Das ist die fehlende Konzentration, die wir jeden Spieltag an den Tag legen“, fasst er genervt zusammen. Jeder hier weiß, dass er Recht hat. Trotzdem kann man sich ein Grinsen nicht verkneifen. Es hat sich einfach nicht viel geändert in der fußballfreien Zeit. Und das ist auch gut so. Bei der abschließenden Torschussübung fühlt es sich dann trotz Mindestabstand immerhin ein bisschen nach Fußball an.
Trauriges Ende one Getränke – und ein Handtuch über dem Fahrersitz
Das Ende des Trainings ist trotzdem traurig. Kurz gehaltene Gespräche ersetzen die ausgedehnten Konversationen unter Einfluss gekühlter hopfenhaltiger Getränke. Dreckig und ungeduscht begebe ich mich zu meinem Auto.
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Ich lege ein Handtuch über meinen Fahrersitz, um ihn vor der Asche zu schützen und fahre nach Hause. Alles anders, trotzdem toll.
Die Kolumne: Lukas Schneider ist Bottroper und leidenschaftlicher Amateurfußballer. Der 24-Jährige ist Torhüter des SV 1911 Bottrop und teilt mit uns in seiner Kolumne „1911 Freunde“ den Blick auf das nicht selten skurril komische Innenleben des kleinsten Bottroper Kreisliga-Vereins.