Santo André. Unser WM-Reporter hat Brasilien als ein Land kennengelernt, in dem das Zwischenmenschliche selten zu kurz kommt. Weil immer viele Menschen an etwas beteiligt sind, an dem eigentlich nicht so viele Menschen beteiligt sein müssten. Zum Beispiel beim Überqueren eines Zebrastreifens. Das WM-Tagebuch.
Arbeit wird in Brasilien sehr sorgsam verteilt und der Eindruck ist, dass es immer einer mehr als in Deutschland ist, der die Arbeit verrichtet. Was allerdings nicht immer dazu führt, dass alles auch viel schneller vonstatten geht.
Zum Beispiel stehen in vielen gut besuchten Verkaufsständen mindestens zwei Menschen hinter der Theke. Der eine nimmt die Bestellung auf und das Geld entgegen, tippt gelassen etwas in die Kasse ein, sucht das Rückgeld heraus und reißt dann den Kassenbon mit der Bestellung darauf ab, um ihn dem Kunden zu geben.
Der marschiert dann ein, zwei Meter die Theke entlang, wo mindestens noch ein, zwei Menschen darauf warten, den Kassenbon mit der Bestellung entgegenzunehmen, ihn aber inhaltlich auf wunderbare Weise zu missachten und erneut freundlich zu fragen, was es denn sein dürfe. Das ist vielleicht nicht das effizienteste System, aber es sorgt doch dafür, dass man in stetem Austausch bleibt.
Lotsen für den Zebrastreifen
Überhaupt kommt das Zwischenmenschliche in Brasilien selten zu kurz. Es gibt hier zum Beispiel auch Zebrastreifen-Lotsen. Die sind wirklich super. Eine kleine Straße, insgesamt zwei Spuren, ein paar Streifen, ein Lotse. Die sitzen da auf Plastikstühlen. Immer. Den ganzen Tag. Und warten, dass ein Zebrastreifengänger ihre Hilfe in Anspruch nimmt, was – wenn mich mein Eindruck nicht täuscht - in etwa so häufig der Fall ist wie Holland Weltmeister wird.
Ich ging hin, es kam kein Auto, wir kreuzten die Straße. Sicher wie nie. Wir gaben uns die Hand zum Abschied. So entstehen Freundschaften.