Bochum. Spätestens am Ende des Jahres gehen der Klub und der Sportchef getrennte Wege. Aber was kommt danach?

Unter der prallen Sonne brennt jeder Meter. In den Muskeln, auf der Haut. Flankenläufe hat Thomas Reis seinen Profis für Mittwochvormittag auf den Trainingsplan geschrieben. Immer wieder huschen die Spieler des VfL Bochum die Außenlinien entlang. Schnelle Pässe, scharfe Hereingaben, trockener Abschluss. So würde es der Trainer auch gerne am Samstag (15.30 Uhr/Sky) ein paar Meter weiter im Ruhrstadion sehen, wenn der VfL am ersten Bundesliga-Spieltag auf Mainz 05 trifft.

Auch Sebastian Schindzielorz ist ein interessierter Beobachter des Feinschliffs. Dann zückt er sein Telefon, wie so oft in diesen Tagen, dass es auch im Schatten glühen dürfte, den es an der Bochumer Trainingsanlage allerdings nur spärlich gibt. Der 43-Jährige muss viele Gespräche führen. Auf der einen oder anderen Position will sich der VfL bis zum Ende der Transferperiode noch verstärken. Priorität hat die Suche nach einem Innenverteidiger. So weit, so gewöhnlich für einen Sport-Geschäftsführer, der bis Ende August den Kader eines Bundesligisten zusammenstellen muss.

VfL Bochum: Erfolgsgeschichte mit Reis, Schindzielorz und Kaenzig

Ruft man selbst Schindzielorz an, sagt er aber auch: „Gut vier Wochen haben wir noch – da bleibt wenig Zeit, um sich darüber Gedanken zu machen, was dann später sein wird. Wir versuchen die Dinge so zügig, gründlich und professionell wie möglich abzuarbeiten. Da liegt der Fokus drauf.“ Dabei ist ja genau die Frage, was bald kommt, eine, die den VfL Bochum umtreibt – so sehr sich der Klub auch um Normalität bemüht.

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Sebastian Schindzielorz stellt zum letzten Mal einen VfL-Kader zusammen – zum ersten Mal allerdings einen für eine Saison, bei der der Sportchef schon vor dem ersten Spieltag weiß, dass er ihr Ende nicht in Amt und Würden erleben wird.

Im Dezember dieses Jahres wird sein Vertrag auslaufen und spätestens dann ein höchst erfolgreiches Kapitel Bochumer Vereinsgeschichte enden. Im Februar 2018 übernahm er den Posten als Sportchef von Christian Hochstätter. Die Verpflichtung von Thomas Reis erwies sich als Glücksgriff. Schindzielorz krempelte gemeinsam mit Ilja Kaenzig, dem Sprecher der Geschäftsführung, den VfL Bochum kräftig um und bescherte ihm etwas, das man an der Castroper Straße fast so lange vermisste hatte wie die Erstklassigkeit: Konstanz.

VfL Bochum profitiert von hohen Transfererlösen

Auf dieser Basis gelangen Klassenerhalt in der Zweiten Liga, der Aufstieg und der Klassenerhalt in der Bundesliga. Dazu erwirtschaftete man in diesem Sommer dank der Verkäufe von Armel Bella Kotchap, Maxim Leitsch und Sebastian Polter mit insgesamt 15 Millionen Euro die größten Transfererlöse der Vereins-Geschichte. Es scheint so, als würde es für den VfL Bochum noch immer nach oben gehen. Warum Schindzielorz den Klub ausgerechnet jetzt verlässt? „Das war keine Entscheidung, die ich kurzfristig getroffen habe – und das wollte ich in den vergangenen Monaten auch deutlich kommunizieren. Meine enge Verbindung zu Stadt und Klub ist bekannt“, antwortet er.

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Nichtsdestotrotz habe er den Eindruck, dass ein Zyklus nun zu einem Ende gekommen sei. Eine Sache aber ist ihm besonders wichtig: „Ich will die Aufgabe voller Professionalität und Hingabe beenden.“ Das sind wohl keine Phrasen. Wer sich an wichtigen Stellen im Verein umhört, bekommt bislang nur Gutes über den scheidenden Sport-Geschäftsführer erzählt.

VfL Bochum: Schindzielorz will später über Zukunft entscheiden

Was beide Parteien vereint, ist nicht nur ein Vertrag, sondern auch eine ungewisse Zukunft. Der VfL schlüpft wieder in die Außenseiter-Rolle. Der Glaube an den erneuten Klassenerhalt lebt, aber reicht auch das Können? Und falls nicht: Wie sicher ist das Fundament rund um den Klub auch ohne den erfolgreichen Sportchef, damit ein Abstieg nicht gleich zum Absturz würde? Einer, dem man im Verein jedenfalls die Nachfolge zutraut, ist Patrick Fabian. Der 34 Jahre alte Ex-Profi arbeitet derzeit als Assistent von Schindzielorz und ist der Favorit auf dessen jetzigen Posten.

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Schindzielorz dürften erstmal alle Türen offenstehen. Er tritt beim VfL auf dem Höhepunkt ab. Wer in Bochum mit vergleichsweise geringem Budget bundesligataugliche Kader zusammengestellt hat, kann auch an anderen Standort mit mehr Geld nach Höherem streben. Der VfL Wolfsburg etwa soll Interesse haben. „Wenn der 31. Dezember gekommen ist, dann schaue ich, ob es Projekte oder eine Situation gibt, mit der ich mich identifizieren kann und die zu mir passen könnte“, sagt er. Kurz darauf legt er auf. Es gibt noch viel zu tun.