Bochum. Schalke-Trainer Thomas Reis wird bei seiner Rückkehr ins Ruhrstadion von Fans des VfL Bochum übel beleidigt. Das kommentierte er anschließend.

Thomas Reis genoss den Triumph an alter Wirkungsstätte still. Der Trainer des FC Schalke 04 war vor dem Spiel bei seinem langjährigen Klub VfL Bochum ausgepfiffen und beleidigt worden, doch bei den beiden Toren, die Schalke den 2:0 (1:0)-Auswärtssieg brachten, blieb der sonst so emotionale Trainer ruhig. Er vergrub seine Hände in den Hosentaschen, drehte sich zu seiner Bank um und klatschte nur mit wenigen ab. „Auch wenn man es nicht glaubt, aber man hat doch Respekt vor dem Verein, für den man drei Jahre gearbeitet hat“, sagte der 49 Jahre alte Trainer ganz sachlich nach einem Revierderby im Tabellenkeller, das viel Brisanz auf den Rängen bot, fußballerische Klasse aber oft vermissen ließ. Abstiegskampf eben.

VfL Bochum gegen Schalke: Reisbeutel und Beleidigungen

Schon Tage vor dem Anpfiff hatte das Derby-Ballyhoo begonnen – was nicht nur an der Rückkehr von Reis lag. Vor 13 Jahren waren die Revierrivalen zuletzt im Bochumer Ruhrstadion aufeinander getroffen, und die Tabellensituation sorgte für eine besondere Note: Der Vorletzte Bochum traf nach drei Niederlagen in Folge auf das zuletzt fünfmal hintereinander unbesiegte Schalke.

Bochums Fans konzentrierten sich vor dem Anpfiff auf Reis’ Rückkehr. „Wir sind Bochumer und du nicht“, riefen sie und rollten ein Plakat mit deftigem Inhalt aus: „Wenn du kein ehrenloser Bastard bist, wer dann?“ Sie spielten auf einen Spruch von Reis kurz vor dessen Rauswurf im September 2022 an, als er gesagt hatte: „Wenn ich kein Bochumer bin, wer dann?“ Reis nahm es locker: „Es ist, wie es ist. Die Worte hätte man sicher etwas anders wählen können, aber irgendwie gehört das dazu.“

VfL Bochum: Fans zeigen Stinkefinger – Förster vermisst Respekt

Die Stimmung im mit 26.000 Zuschauern ausverkauften Ruhrstadion war exzellent, einem Derby klar angemessen – auf dem Rasen allerdings passte sich das Niveau der Tabellensituation an. Die Schalker fanden in der ersten Hälfte fast gar nicht zu ihrem Spiel, vor allem durchaus vielversprechende Kontersituationen verpufften durch haarsträubende Fehler schnell. Für den ersten Höhepunkt aus Schalker Sicht sorgte Rodrigo Zalazar in der 39. Minute, als er eine Ecke ausführen wollte und mit einem Reisbeutel beschmissen wurde. Er hob ihn auf, küsste ihn und warf ihn dann weg. „Zuerst wollte ich den Reis in die Tasche stecken und am Abend essen“, sagte er nach dem Spiel und lachte danach.

Die Bochumer hinterließen den besseren Eindruck, ohne aber zu glänzen. Auf vier Positionen hatte Trainer Thomas Letsch seine Mannschaft geändert, taktisch im Vergleich zur niederschmetternden 0:3-Niederlage bei Werder Bremen vor einer Woche neu sortiert. Beinahe wäre das in der siebten Minute aufgegangen. Danilo Soares hatte sich auf der linken Seite bis zur Grundlinie durchgetankt, seinen Querpass grätschte Philipp Hofmann aus kurzer Entfernung weit über das Tor – dabei hatte er keinen Gegenspieler mehr. Welch eine Chance! Kleinere Möglichkeiten ließen Christopher Antwi-Adjej (21.) und Takuma Asano (42.) ungenutzt, beide scheiterten an Schalke-Torwart Ralf Fährmann. „Es war ein Fight mit wenigen Chancen – die besseren hatten wir“, resümierte Bochums Trainer Thomas Letsch die erste Halbzeit. „Wenn du deine wenigen Chancen nicht nutzt, musst du es schaffen, mit einem 0:0 in die Pause zu gehen.“

Schalke-Sieg in Bochum: Warum Marius Bülter nach seinem Tor zu Markus Gellhaus rannte

Das aber gelang nicht, und das lag an einem Doppel-Blackout von VfL-Torwart Manuel Riemann wenige Augenblicke vor der Pause. Riemann konnte eine Flanke von Zalazar nicht festhalten und schaffte es dann, den auf den Boden fallenden Ball mit dem Kopf ins eigene Netz zu bugsieren – ein Eigentor zum 0:1, die schwachen Schalker konnten das kaum fassen. „Wir hatten in dieser Saison nicht so oft Glück. Wir brauchen das auch mal“, sagte Stürmer Marius Bülter.

Der erwartete Bochumer Sturmlauf nach der Pause fand dann aber nicht statt. Im Gegenteil: Von Minute zu Minute wurde der VfL unsicherer und behäbiger. Souverän verwaltete Schalke die Führung. In der 66. Minute riefen die Bochumer Anhänger sogar lautstark: „Wir wollen euch kämpfen sehen!“ Das hatte es in dieser Saison noch nicht gegeben. Eine schlechtere Phase sei das gewesen, gestand Letsch. „Wir haben es nicht geschafft, das Momentum auf unsere Seite zu ziehen“, seufzte er zusätzlich.

Erfolgreicher Eckentrick führt zu 2:0 für Schalke

Die Schalker entschieden das Spiel hingegen zum richtigen Zeitpunkt. Nachdem Stürmer Simon Terodde in der 77. Minute die erste Schalker Chance aus dem Spiel heraus vergeben hatte, entschied sich Zalazar bei der anschließenden Ecke für eine kurze Variante auf Bülter. Pass und Abschluss passten perfekt – 2:0, die Entscheidung. Bülter rannte sofort zu Co-Trainer Markus Gellhaus, zusammen hatten sie den Eckentrick während der Woche ausgeheckt.

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Die Bochumer hatten nur noch einmal die Chance, ins Spiel zurückzukehren – doch ein Tor von Keven Schlotterbeck (83.) wurde wegen Abseits aberkannt. Nach dem Abpfiff wurden die Profis böse beleidigt. „Scheißdrecksgefühl“, sagte Schlotterbeck. „Es geht nicht, dass uns Stinkefinger gezeigt werden“, erklärte Philipp Förster.

Schalke feiert eine große Party

Die Schalker Profis feierten hingegen eine große Party – es war der erste Bundesliga-Auswärtssieg nach 38 sieglosen Versuchen in Folge. Auch das genoss Reis in aller Ruhe.