Bochum. Schalke hat den Abstiegskrimi beim VfL Bochum mit 2:0 (1:0) für sich entschieden und gibt die Rote Laterne an den VfL ab. Der Spielbericht.
Ein Eigentor von Torwart Manuel Riemann und ein Treffer von Marius Bülter haben dem FC Schalke 04 den zweiten Sieg in Folge und den ersten Bundesliga-Sieg in der Fremde nach 38 erfolglosen Versuchen seit November 2019 beschert. Die seit nun sechs Partien unbesiegten Königsblauen setzten sich in einem schwachen Revierderby beim erschreckend harmlosen VfL Bochum verdient mit 2:0 (1:0) durch.
VfL Bochum gegen Schalke 04: Das Derby im Live-Ticker zum Nachlesen
VfL - Schalke 04 0:2
Damit stürzten sie den VfL auf den letzten Tabellenplatz, Schalke ist nun Siebzehnter und geht selbstbewusst ins „große“ Derby kommende Woche gegen Borussia Dortmund. Beim ebenso enttäuschten wie enttäuschenden VfL dagegen schwinden vor dem Auswärtsspiel beim 1. FC Köln am nächsten Freitag nach nun vier Niederlagen ohne eigenes Tor die Hoffnungen auf den Klassenerhalt.
VfL-Trainer Thomas Letsch nahm nach dem 0:3 in Bremen vier Änderungen vor. Danilo Soares, Saido Janko, Patrick Osterhage und Philipp Förster spielten für Konstantinos Stafylidis, Vasileios Lampropoulos, Jordi Osei-Tutu und Pierre Kunde. Die Innenverteidigung bildeten Keven Schlotterbeck und Erhan Masovic. Ivan Ordets blieb auf der Bank, nachdem er ein paar Tage lang erkrankt gefehlt hatte.
Osterhage, noch einer der Besten beim VfL, feierte damit sein Startelf-Comeback nach fünf Monaten, zuletzt stand er beim ersten Saisonsieg, dem 3:0 gegen Frankfurt, von Beginn an auf dem Feld. Der 23-Jährige ersetzte Kapitän Anthony Losilla im Zentrum, das mit Kevin Stöger und Philipp Förster komplettiert wurde.
Bei Schalke nahm Trainer Thomas Reis zwei Änderungen vor. Rechtsverteidiger Cedric Brunner kehrte mit Maskenschutz in die Startelf zurück nach seinem Nasenbeinbruch, Balanta ersetzte den am Oberschenkel verletzten Außenangreifer Dominique Drexler.
„Durch Mut und Kampf für Stadt und Verein, sollt ihr heute Sieger sein!“ stand auf dem größten Banner in der Ostkurve. Das wurde zwischenzeitlich ersetzt von einem Anti-Reis-Banner: „Wenn du kein ehrenloser Bastard bist, wer dann?"
Als Schalkes Trainer und Ex-Bochumer Thomas Reis zum ersten Interview den Rasen betrat, gab es Pfiffe, die man aber auch ohne Ohrenschützer gut ertragen konnte. Zudem gab es die auch schon vorher und danach vielfach angestimmte Beleidigung „Jeder Schalker ist ein Hurensohn“.
VfL Bochum - Schalke: Thomas Reis bei Rückkehr übel beleidigt
Da war es deutlich lauter, als Riemann zum Aufwärmen schritt und die Feldspieler wenig später folgten, sowohl vor als auch nach dem Aufwärmen geschlossen zur Ostkurve gingen – anders als sonst. Die VfL-Fans hatten in ihrem Wohnzimmer die klare Mehrheit, rund 23.000 Bochumer gaben den Ton an gegenüber rund 3000 Schalkern – bis kurz vor der Pause.
Vor dem Anpfiff tauchten Schalke-Fans ihren Block in blau und schwarz, zündeten massiv Pyrotechnik, Rauchschwaden breiteten sich aus, verzögerten den Anpfiff.
Schalke legte auf dem frisch verlegten neuen Rasen, über den der Ball arg oft ins Holpern kam, etwas druckvoller los als der VfL, doch die erste Riesenchance hatte Bochum. Danilo Soares flankte scharf von links rein, Philipp Hofmann, der den ersten VfL-Angriff selbst initiiert hatte, schoss den halbhohen Ball aus vier Metern in Rücklage übers leere Tor (7.). Das hätte die VfL-Führung sein müssen.
VfL Bochum: Philipp Hofmann verpasst das 1:0
Bochum war nun drin in der Partie, die seinen erwarteten Verlauf nahm mit vielen hohen Bällen auf beiden Seiten, mit vielen intensiv, aber im fairen Rahmen geführten Zweikämpfen. Michael Frey, Schalkes Stoßstürmer, prüfte Riemann mit einem schlappen Schuss nicht ernsthaft, wurde dann – ohnehin im Abseits – nach einem Konter von ihm gestoppt.
Wer macht den ersten großen Fehler? Kevin Stöger, viel unterwegs und mit vielen Fehlern wie in den letzten Wochen schon, eroberte sich zentral den Ball, bediente Christopher Antwi-Adjei. Der Flügelstürmer lief auf Ralf Fährmann zu, legte sich den Ball rechts am Torwart zu weit vorbei, scheiterte beim Schuss aus spitzem Winkel an ihm (21.).
Es wurde etwas ruppiger, noch zerfahrener. Bochum hatte zwar ein Übergewicht zwischen den Strafräumen, aber kein Team fand ein spielerisches Mittel gegen gut formierte Defensivreihen. Die Schalker Konterversuche brachten Thomas Reis zur Rage, die Bochumer Bemühungen blieben meist vor der gefährlichen Zone hängen bei Moritz Jenz und Co. Zu oft landeten die (Fehl-)Pässe und langen Schläge direkt beim Gegner. Abstiegskampf pur vor prickelnder Derby-Atmosphäre.
Erst in Minute 43 mal wieder ein Abschluss, wieder für den etwas besseren VfL: Janko setzte sich durch, Takuma Asano nahm Fahrt auf, scheiterte mit einem 18-Meter-Schuss an Fährmann. Ein dankbarer Torwart-Ball.
Wer macht den ersten Fehler? Bochum! Wie aus dem Nichts der Schock für den VfL – und das Tor passt zur Saison der schlimmen Patzer. Riemann kam nach einer Flanke von Rodrigo Zalazar, der sich gegen Danilo Soares durchgesetzt hatte, nicht an den Ball. Marius Bülter stolperte den Ball Richtung Tor. Riemann hechtete zurück, und weil Erhan Masovic auf der Torauslinie nicht durchzog, bugsierte Riemann den Ball mit dem Arm ins Tor (44.). Ein Eigentor, das es mit Sicherheit in Arnd Zeiglers WDR-Rubrik „Kacktor der Woche“ schafft. Schalke jubelte sich mit einem glücklichen 1:0 in die Pause.
Die Gäste konnten sich nun noch mehr auf seine zuletzt ja überragende Defensivarbeit stützen (nur ein Gegentor in den letzten fünf Spielen), die Partie verlagerte sich zunächst in Schalkes Hälfte. Aber der VfL fand keine Lücke, spielte zu langsam, zu unpräzise, die Partie war ein einziges Stückwerk hüben wie drüben, immer wieder unterbrochen von Fouls.
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Es fehlte dem VfL an Kreativität, an Durchschlagskraft, an Tempo, auch Power -- an allem. Es gab viele leichte Ballverluste, und die schwachen Standards von Stöger sorgten für ein Raunen bei den Fans. Der Funke vom Rasen auf die Ränge sprang so nicht über. „Wir wollen euch kämpfen sehn“ rief die Ostkurve nach 65 Minuten – das hatte man im Ruhrstadion sehr lange nicht gehört, nicht hören müssen. Schalke, griffiger im Zweikampf, hatte wenig Mühe, ohne selbst größere Akzente zu setzen.
Dann vergab Antwi-Adjei den Ausgleich, bedient von Stöger scheiterte er erneut an Fährmann. Immerhin eine erste Chance im zweiten Durchgang – ein Wachmacher nach 69 Minuten? Nein.
Trainer Letsch brachte Jordi Osei-Tutu und Stürmer Moritz Broschinski für Janko und Asano. Bei Schalke kam nach Tobias Mohr (für Balanto) der Ex-Bochumer Simon Terodde für Frey. Auch Silvere Ganvoula kam noch für den schwachen Stöger. „All in“ mit drei Stoßstürmern – es ging schief.
Schalke hat in der Schlussphase VAR-Glück: Schlotterbeck-Tor zählt nicht
Schalke war griffiger, wacher. Riemann faustete einen Terodde-Kopfball noch zur Ecke, die für die Vor-Entscheidung sorgen sollte. Nach einer flach an den Elfmeterpunkt getretenen Ecke von Rodrigo Zalazar netzte Marius Bülter ein. 0:2 – das war’s?
Nicht ganz. Keven Schlotterbeck traf nach einem Freistoß im Getümmel. Doch der Kölner Keller griff ein, Schiedsrichter Felix Brych entschied auf Abseits. Wieder Jubel im Schalker Block – und erste freudvolle Einstimmungen auf das BVB-Derby dröhnten durch das Ruhrstadion. Bochum am Boden.