Mittersill. Schalke 04 hat den jungen Torwart Justin Heekeren von Rot-Weiß Oberhausen verpflichtet. Aktuell ist er die Nummer drei, das soll sich ändern.

Mit nur 21 Jahren hat sich Justin Heekeren einen großen Traum erfüllt. In diesem Sommer ist der junge Torwart vom Regionalligisten Rot-Weiß Oberhausen zu seinem Lieblingsklub FC Schalke 04 gewechselt. Schon als Kind hatte er diesen Wunsch geäußert. Nun soll er den etablierten Torhütern im Schalker Profikader Konkurrenz machen. Diese haben aktuell die Nase vorn. Alexander Schwolow und Ralf Fährmann sind unter Trainer Frank Kramer gesetzt. Daran möchte Heekeren langfristig etwas ändern, wie er im Interview mit dieser Redaktion während des Schalke-Trainingslagers in Mittersill verrät.

Kurz nachdem Ihr Wechsel von Rot-Weiß Oberhausen zu Schalke 04 bekannt wurde, ging ein Zeitungsschnipsel aus der NRZ durchs Internet. Im Alter von acht Jahren haben Sie gesagt: Ich will Schalke-Profi werden. Können Sie sich an diesen Tag noch erinnern?

Justin Heekeren: (schmunzelt) Ich war mit meiner Mutter in Xanten unterwegs. Einige Redakteure haben Kinder und Jugendliche gefragt, wo sie zur Schule gehen, was sie später mal werden wollen. Ich habe eben gesagt, dass ich Schalke-Fan bin und Fußballprofi werden möchte. Schon als kleiner Junge habe ich gesagt: Ich setze auf die Karte Profifußball.

Schalke-Fan mit acht Jahren - wie hat sich das geäußert, wie entstand das?

Meine ganze Familie besteht aus Schalke-Fans. Viele sagen ja immer augenzwinkernd, sie hätten in der Bettwäsche ihres Vereins geschlafen. Ich habe wirklich in Schalke-Bettwäsche geschlafen, das ist nicht nur irgendein Spruch. (lacht) Ich bin auch häufig im Stadion gewesen – zum Beispiel, als Julian Draxler 2011 sein erstes Tor geschossen hat, zum 3:2 im DFB-Pokal gegen Nürnberg. Draxler, Raúl, Klaas-Jan Huntelaar, die Zeit hat mich sehr geprägt.

Sie kommen aus Veen am Niederrhein – ist das nicht eher Mönchengladbach-Gebiet?

Nein, Gelsenkirchen ist nicht viel weiter weg von Veen als Mönchengladbach. Ich komme vom Land, mitten aus dem Nirgendwo. Wenn manche unserer Spieler dahinkommen würden, wo ich herkomme, würden die denken: Wo wohnst Du denn? (schmunzelt) Ich bin schon immer ein Land-Ei gewesen.

Wohnen Sie als Schalke-Profi noch auf dem Land?

Nein, ich lebe jetzt in Gelsenkirchen-Buer. Wenn es gut laufen würde und die Baustellen auf der A42 nicht wären, würde ich von daheim aus nur 45 Minuten brauchen. Durch die Baustellen habe ich aber keine Lust, mich jeden Morgen abzuhetzen.

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Sind Sie zum ersten Mal ausgezogen?

Ja, das ist auf jeden Fall ungewohnt. Aber ich freue mich, denn meine erste Wohnung ist wirklich schön. Ich fühle mich in der Umgebung wohl, mit den Mitspielern komme ich sehr gut klar. Wenn wir nicht trainieren, unternehmen wir auch manchmal etwas miteinander.

Als 2008 das Foto in der NRZ entstand, war Manuel Neuer Stammtorwart von Schalke 04. Waren Sie damals auch schon Torwart?

Als ich acht Jahre alt war, fing ich an, mich mit Manuel Neuer zu beschäftigen. Ich habe zu Beginn seine Paraden geliebt. Je älter ich wurde und je mehr ich von Fußball verstanden habe, desto mehr mochte ich seinen Spielstil. Für mich gibt es derzeit keinen besseren Torwart auf der Welt. Ich hatte leider noch nicht die Möglichkeit, ihn persönlich kennenzulernen, hatte ihn nur einmal fast am Telefon durch meinen Torwarttrainer Nuri Can in Oberhausen, der ihn kennt.

Warum nur fast am Telefon?

Ich habe nur mitgehört, als Nuri mit ihm gesprochen hat. Und ich war etwas baff, so nach dem Motto: Wie, der telefoniert gerade mit Manuel Neuer? (lacht) Ein Traum von mir ist es, gegen Neuer zu spielen.

Haben Sie von Manuel Neuer Ihren Stil?

Ja, ich interpretiere das Torwartspiel ein wenig wie er, auch weil Nuri Can mit ihm zusammengespielt hat. Ich spiele sehr gern weit hoch mit, man sieht mich häufig außerhalb des Strafraums. Ich bin wie ein Feldspieler und hasse es, wenn ich den Ball nicht bekomme. (lacht) Am liebsten hätte ich es, dass der Ball nach dem Anstoß direkt zu mir kommt und ich ihn verteilen kann.

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Sie waren elf Jahre alt, als Ralf Fährmann als Neuer-Nachfolger zu Schalke 04 zurückgekehrt ist. Kommt Ihnen jetzt surreal vor, dass Sie nun Tag für Tag mit ihm auf dem Platz stehen?

Je länger man dabei ist, desto mehr realisiert man, was gerade passiert. Allerdings gebe ich auch zu, dass es immer noch ein bisschen surreal für mich ist – aber es ist einfach geil. (grinst) In der vergangenen Saison saß ich vor dem Fernseher, habe Schalke geguckt und gehofft, dass der Aufstieg gelingt. Und jetzt bin ich selbst dabei. Das ist krass.

Bis zur U17 haben Sie für Borussia Mönchengladbach gespielt, zur U19 folgte der Wechsel nach Oberhausen zu einem kleineren Verein. Waren keine anderen Angebote da – oder war das eine bewusste Entscheidung?

Ich hätte auch in der U19 in Gladbach spielen können. Ich habe aber gemerkt, dass Gladbach auf zwei, drei andere Torhüter gesetzt hat und mich nicht so fördern wollte, wie ich es mir gewünscht hätte. Ich habe gedacht: Ein Schritt zurück kann manchmal zwei Schritte nach vorn bedeuten. Im Endeffekt war es auch so.

Wie lief der Wechsel ab?

Christoph Semmler, damals Torwarttrainer im Gladbacher Nachwuchs, hat den Kontakt zu RWO hergestellt. Dort habe ich ein Probetraining in der U19 absolviert, die Trainer von RWO haben sofort gesagt: Den wollen wir unbedingt. Ich wusste, dass ich ein gewisses Standing haben würde und habe direkt gesagt: Da will ich hin.

Wer waren Ihre großen Förderer?

Ich habe schon als U19-Torwart ab und an bei der Ersten Mannschaft mit Nuri Can trainiert. Schon in der Winterpause des letzten U19-Jahres habe ich einen Vertrag für die Regionalliga unterschrieben. Später holte RWO aber noch Daniel Davari, einen ehemaligen Bundesligatorwart. Zu Beginn habe ich mich schwergetan, weil ich es nur kannte zu spielen, und nicht auf der Bank zu sitzen. Die ganze Zeit ruhig zu bleiben und „Sitz“ zu machen – das war ungewohnt. Im Nachhinein war es aber mit das wichtigste Jahr für mich.

Schalke-Torwart Justin Heekeren (l.) im Gespräch mit Reporter Andreas Ernst.
Schalke-Torwart Justin Heekeren (l.) im Gespräch mit Reporter Andreas Ernst. © ffs | Tim Rehbein

Warum?

Davari hat mich fußballerisch so vorangebracht wie kein anderer. Auf der Linie war ich immer gut, fußballerisch konnte ich mir eine Menge abschauen.

Freuen Sie sich, dass er nicht nur Ihr Vorgänger, sondern auch Nachfolger bei RWO ist?

Als mir klar war, dass ich die Chance habe zu wechseln, wusste ich, dass das passiert. Ich finde das gut. Oberhausen hat einen super Torwart, mit den besten Torhüter der Regionalliga.

Wann gab es den ersten Kontakt zu Schalke? Simon Henzler, der Torwarttrainer, soll Sie persönlich beobachtet haben.

Den ersten Kontakt gab es schon ganz früh, Ende November 2021. Da fing es an mit dem Kommentar: Schalke beobachtet dich. Im März, April 2022 habe ich dann gedacht: Das wird sich im Sande verlaufen haben. Auf einmal hat Nuri Can mir gesagt: Simon Henzler kommt heute gucken, der Profi-Torwarttrainer. Ich war vor diesem Training aber nicht nervöser als sonst. Entweder man mag meinen Spielstil, oder man mag ihn eben nicht. Auf einmal ging es danach ganz schnell. Schalke hat Oberhausen angerufen, meine Gespräche mit Rouven Schröder waren super, ich habe gesagt: Das muss ich einfach machen. Ich bin nicht weit von zu Hause weg, und ich bin Schalke-Fan.

In Oberhausen werden sehr viele gute Dinge über Ihre Qualitäten erzählt. Ist es leicht, das auszublenden?

Ich würde lügen, wenn ich sagen würde: Das freut mich nicht. Aber ich weiß, wie schnell das gehen kann. In Oberhausen in meinem zweiten Jahr haben alle nach zwei guten Spielen „Hurra, hurra“ geschrien. Auf einmal passiert ein Fehler und dann ist man der Buhmann. Ich kann das schon einschätzen.

Es ist nicht das erste Trainingslager Ihrer Karriere, aber das erste mit Bundesliga-Profis. Was ist anders?

In allererster Linie die Qualität. Alles ist wesentlich schneller und zielstrebiger hier. Bei jedem Einzelnen ist noch etwas mehr Wille vorhanden als bei meiner vorherigen Station. Alles ist professioneller aufgebaut, das ist doch klar.

In der Schalker Torwartgruppe sind vier Torhüter. Werden Sie dort als Konkurrent wahrgenommen?

Nein, ich wurde super aufgenommen. Konkurrenzkampf ist natürlich da, aber wir haben zu Beginn gesagt: Es bringt nichts, wenn wir uns gegenseitig niedermachen. Gegenseitiger Respekt muss immer da sein.

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Zu Beginn hieß es, vielleicht könnten Sie sogar die Nummer zwei angreifen. Jetzt hat Trainer Frank Kramer aber Ralf Fährmann vor Sie in der Hierarchie gesetzt. Enttäuscht Sie das?

Klar will ich mit dabei sein und irgendwann spielen. Aber bei den Gesprächen wurde mir klar gesagt, wie mit mir geplant wird. Ich gebe in jedem Training Vollgas, hoffe, dass ich schon Eindruck hinterlassen habe. Es ist die Entscheidung des Trainers. Wenn ich beleidigt wäre oder mich dumm anstelle, bringt mich das nicht weiter. Ich kann auf meine Chance warten – und dann muss ich da sein.

Sie werden häufig in der Regionalliga spielen. Sind die Einsätze in der U23 okay und keine Degradierung?

Das sind Chancen für mich! Jeder junge Spieler braucht Spielpraxis. Die Regionalliga West ist von der Qualität her nicht mehr so weit von der 3. Liga entfernt – zumindest die Mannschaften, die oben mitspielen. Ich wäre dumm, wenn ich sagen würde: Ich will die Spielpraxis nicht. Mein Hauptaugenmerk liegt natürlich bei den Profis. Ich bin nicht gekommen, um für immer in der U23 zu spielen. Ich möchte irgendwann einmal die Nummer eins bei Schalke 04 werden. Dafür werde ich hart arbeiten müssen.

Was halten Sie vom Vergleich mit Alexander Nübel, der überwiegend in der Westfalenliga für Paderborn II gespielt hatte, als er zu Schalke 04 kam? Nur wenige Jahre später ist er in Monaco.

Ich kenne seinen Werdegang. Daran kann man sehen, wie schnell es gehen kann. Man muss nur ruhig bleiben. Ich bin erst 21 Jahre alt, in der Torwartgruppe habe ich am wenigsten Druck. Ich warte auf meine Chance. Alexander Nübel ist das beste Beispiel, dass sich Geduld irgendwann auszahlt.

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Was sind konkret Ihre Ziele für die Saison?

Jeder Spieler will spielen. Ich gebe jeden Tag Gas, damit der Verein den größtmöglichen Erfolg hat.

Haben Sie sich den Moment schon ausgemalt, wenn Sie zum ersten Mal in eine ausverkaufte Arena einlaufen?

Natürlich habe ich mir vorgestellt, wie geil das hoffentlich mal sein wird. Aber ich bin vor dem Spiel eigentlich ein lockerer Typ. Wenn ich vom Aufwärmen wieder in die Kabine komme, mag ich es, wenn jemand zum Quatschen da ist. Was sowas angeht, bin ich recht locker.

Schalke-Torwart Justin Heekeren traut Ex-Klub viel zu

Was trauen Sie RWO in der Regionalliga zu?

Ich habe bereits ein, zwei Spiele gesehen, habe den engen Kontakt behalten. Ich habe den Verein ins Herz geschlossen, weil ich mich unfassbar wohlgefühlt habe. Die Mannschaft war wie eine Familie. Ich glaube, sie ist noch einen Tick besser als in der vergangenen Saison. Ich traue Oberhausen sehr viel zu. Ob es für den Aufstieg reicht, wird man während der Saison sehen, aber ich glaube, dass sie bis zum Ende oben mitspielen werden.

Wird es komisch, gegen RWO aufzulaufen?

Ja, aber es würde mich freuen, mal gegen Sven Kreyer zu spielen. (lacht) Das wird bestimmt lustig.