Gelsenkirchen. Obwohl Schalke im Spiel gegen Hertha BSC 14 Spieler fehlen, war die Leistung okay. Am Ende gab es aber doch die nächste Niederlage - diesmal 1:2.

Beschweren wollte sich Dimitrios Grammozis nicht. Der Trainer des feststehenden Bundesliga-Absteigers FC Schalke 04 hätte aber gestern Abend jeden Grund gehabt. Das Nachholspiel gegen Hertha BSC, das sein Team unglücklich mit 1:2 (1:1) verlor, wurde trotz größter Personalnot angepfiffen – und von Ergebnissen wie diesem hängt auch davon ab, ob er über die Saison hinaus bleiben darf.

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Am Morgen vor dem Spiel hatten die Schalker verkündet, dass drei an Covid-19 erkrankte Profis ebenso fehlen wie vier Spieler, die vom Gesundheitsamt in Quarantäne geschickt wurden. Dazu kamen der gesperrte Mark Uth und zahlreiche Langzeitverletzte – insgesamt musste Grammozis 14 Spieler ersetzen. „Das war“, sagte er, „eine außergewöhnliche Spielvorbereitung, weil wir vier- oder fünfmal die Anfangself ändern mussten.“

Schalke: Bundesliga-Debüt für Blendi Idrizi

Dass das Spiel angepfiffen wurde, kritisierte Grammozis aber nicht: „Da bin ich der falsche Ansprechpartner.“ Die Personalnot verhalf U23-Amateur Blendi Idrizi zum Bundesliga-Debüt. Der 23-Jährige war der 40. Spieler, den Schalke in dieser Saison einsetzte. Trotz der ungewöhnlichen Umstände zeigte Schalke eine couragierte Vorstellung. „Die Jungs haben das ordentlich gemacht“, lobte Grammozis und ergänzte: „Am Anfang sind die Dinge, die wir uns vorgenommen haben, gut aufgegangen.“ Selbstverständlich war das nicht – auf dem Platz standen etliche Profis, die Schalke am Saisonende verlassen.

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Einer von ihnen erzielte schon früh das 1:0 – Amine Harit traf in der sechsten Minute mit einem sehenswerten Linksschuss. Die Berliner wirkten ein wenig beeindruckt – denn auch sie waren stark ersatzgeschwächt. Neun Profis fehlten Trainer Pal Dardai im dritten Spiel innerhalb von sechs Tagen.

Vor dem Spiel hatte Dardai angegeben: ein Punkt okay, ein Sieg „ein Traum“. Seine Mannschaft trat in einem langweiligen Fußballspiel behäbig auf, konzentrierte sich allein auf die gute Ausführung von Standardsituationen. In der 18. Minute traf Dedryck Boyata im Anschluss an eine Ecke zum 1:1, im weiteren Verlauf köpfte Boyata nach einer Ecke an den Pfosten (63.). Schalkes Schwäche bei ruhenden Bällen bleibt bizarr - Boyatas wuchtiger Kopfball war das 30. Gegentor nach einer Standardsituation in dieser Saison. "Wir müssen noch aggressiver, noch zielstrebiger den Ball gewinnen wollen", sagte Innenverteidiger Shkodran Mustafi. Und doch: Es schien alles auf ein Remis hinauszulaufen, als die wilde Schlussphase begann.

Zukunft von Schalke-Trainer Grammozis weiter offen

Zunächst traf Jessic Ngankam (73.) zum 2:1 für Hertha BSC. Kurz vor Schluss sah der Berliner Dodi Lukebakio aber Gelb-Rot (88.). Schalke startete eine Schluss-Offensive, in der Nachspielzeit trafen Shkodran Mustafi und Benito Raman innerhalb weniger Sekunden den Pfosten. „Diese Situation spiegelt unsere ganze Saison wider“, seufzte Grammozis. Es blieb beim 1:2, der 23. Niederlage im 31. Saisonspiel. Und doch tat sie besonders weh - Schalke hatte sich bis zur letzten Sekunde gewehrt und dann einfach Pech.

Die Berliner feierten den Sieg, als hätten sie beim nach Tasmania 1900 (Saison 1965/1966) wohl zweitschlechtesten Absteiger der Bundesliga-Historie ein Fußball-Wunder vollbracht. „Wir müssen eigentlich das 3:1 erzielen, Kontermöglichkeiten hatten wir. Am Ende hatten wir diesmal etwas Glück“, sagte Dardai. Der Klassenerhalt für sein Team ist nun ganz nah.

Die Stimmung der Schalker war – mal wieder – melancholisch. Die Stadion-Regie ließ vom Lied-Klassiker „Königsblauer S04“, der traditionell unmittelbar nach Abpfiff gespielt wird, nur die instrumentale Version laufen. Die Text-Zeile „Deutscher Meister kann nur Schalke sein“ ist zu unpassend geworden.

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Es geht erst einmal in der kommenden Saison nur um den direkten Wiederaufstieg. Darf Grammozis dieses Vorhaben leiten? Seine Bilanz: ein Sieg, ein Unentschieden, sieben Niederlagen. „Intern“, sagt Grammozis, „haben wir eine offene und ehrliche Kommunikation. Es geht zusammen in die neue Saison, das ist der Stand.“

Doch angesichts aller Sorgen ist es nicht unwahrscheinlich, dass in den letzten beiden Spielen noch zwei Niederlagen hinzukommen.