Essen. Rot-Weiss Essen hat im Abstiegskampf der 3. Liga ordentliche Ausgangslage. Dennoch brodelt es an der Hafenstraße. Das sagt der Vorsitzende Uhlig.
Der Wind hat sich gedreht und bläst Rot-Weiss Essen ins Gesicht. Auf der Zielgeraden der Drittliga-Saison sind weitere Sturmböen nicht ausgeschlossen, nachdem in der vergangenen Saison noch eitel Sonnenschein an der Hafenstraße herrschte. „Ja, die Gemengelage ist schwierig und es gibt Stimmungskiller“, räumt der RWE-Vorsitzende Marcus Uhlig ein.
Fast exakt vor einem Jahr fieberte ganz Rot-Weiss voller Enthusiasmus dem letzten Spieltag in der Regionalliga entgegen. Rivale Preußen Münster hatte in Wiedenbrück (0:0) gepatzt, und RWE mit einem 3:0 beim SV Rödinghausen die Tabellenführung übernommen. Eine Woche später, am 14. Mai 2022, war der ersehnte Aufstieg perfekt, ganz Essen feierte.
Die Euphorie kannte keine Grenzen, die RWE jedoch direkt zum Saisonstart aufgezeigt wurden. Die Fans blieben trotz der sieglosen Auftaktphase geduldig und gewährten ihren Jungs großzügig Kredit. „Wir sind nur ein Aufsteiger, der sich etablieren möchte“, heißt es auch heute noch. Und mit sieben Punkten Vorsprung auf die Abstiegszone ist bei drei ausstehenden Spielen der Klassenerhalt greifbar.
Fans von Rot-Weiss Essen haben Trainer Dabrowski als Sündenbock ausgeguckt
Übrigens hatte RWE auch zum Ende der Hinrunde diese sieben Zähler Vorsprung. Nur jetzt fühlt es sich anders an. Die einen sagen stabil, andere kritteln: keine Entwicklung. Mit dem Klassenerhalt wäre jedenfalls das Saisonziel erreicht. Die Frage ist nur, wie zufrieden ist man tatsächlich mit dem Gesamtauftritt?
Lesen Sie hier: So lief das Spiel von RWE in Meppen – der Bericht.
Denn nach einem zwischenzeitlichen Hoch in der Hinrunde, herbeigeführt durch die personellen Nachbesserungen (Wiegel, Fandrich, Götze), ist mit jedem Misserfolgen in der Rückserie der Unmut der Fans gewachsen. Und einige haben sich Trainer Christoph Dabrowski als Sündenbock ausgeguckt und fordern nach jeder weiteren Enttäuschung dessen Ablösung. Zu schwach waren manche Auftritte in der jüngeren Vergangenheit, zu ärmlich die spielerischen Darbietungen, viel zu zahm und harmlos die Offensive. Und ja, die Gerüchteküche brodelt. Hat „Dabro“ noch die Mannschaft hinter sich?
Uhlig jedenfalls nimmt die Fußballer in die Pflicht. „Die Mannschaft ist jetzt gefordert. Gegen 1860 München erwarte ich am Sonntag ein Ergebnis und eine Leistung, die das Publikum mitnimmt und für einen Stimmungsumschwung sorgt.“ All das auch mit Blick auf das Verbandspokalfinale am 3. Juni gegen RW Oberhausen (16.15 Uhr, Hafenstraße).
Misserfolge haben bei Rot-Weiss Essen Dissonanzen ausgelöst
Mit den Misserfolgen schlichen sich Dissonanzen ein. Da können die Verantwortlichen noch so einfordern, dass man die Ziele nur gemeinsam schaffen werde. Die Emotionen im Umfeld sind nach einem solchen Debakel wie in Meppen, vor allem in den ersten 45 Minuten, nur schwer zu kontrollieren.
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Sportdirektor Jörn Nowak, im Vorjahr als ein Vater des Aufstiegs gefeiert, wurde freigestellt. „Unterschiedliche Auffassungen“ in der Gestaltung der Zukunft heißt es. Die Trennung ging noch relativ geräuschlos vonstatten, der Abschied von Publikumsliebling Felix Herzenbruch erregte da mehr die Gemüter. In der vergangenen Woche wurde Zeugwart Peter Sommer, seit 2009 die gute Seele in der Kabine, überraschend ausgemustert. „Wir haben festgestellt, dass es zuletzt einige problematische Themen in der Kabine und Unruhe gab“, begründet der RWE-Vorsitzende Marcus Uhlig gegenüber Reviersport.
Die Stimmung an der Hafenstraße ist aufgeheizt - in allen Bereichen. Und nun auch noch die Trainerdebatte, die nach jedem Frust-Erlebnis neue Nahrung bekommt, obwohl es sie offiziell ja gar nicht gibt. Man sei hundertprozentig überzeugt von Dabrowskis Arbeit, hieß es Anfang April nach dem 2:0 Heimsieg gegen SC Freiburg II. Das beteuerte der Aufsichtsrat, und Uhlig stellte damals rigoros fest: „Es gibt keine Trainerdiskussion.“ Basta! Ein offensives Statement, das ihm noch auf die Füße fallen könnte.
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RWE muss Entscheidungen für eine bessere Zukunft treffen
Seither hat RWE drei Mal (Dresden, Mannheim, Meppen) verloren, ein 0:0 an der Hafenstraße gegen Abstiegskandidat Oldenburg erarbeitet. Den 2:0-Sieg gegen Zwickau gab’s nach Spielabbruch vom Sportgericht geschenkt. Die Kurve zeigt nach unten, zum Glück machen es die direkten Konkurrenten nicht besser. Angesichts der Leistungen und der Ergebnisse ist es nur schwer vorstellbar, dass nicht auch Trainer Dabrowski auf dem Prüfstand steht. Es geht darum, die richtigen Entscheidungen für eine bessere Zukunft zu treffen.
Es soll es ja vorangehen mit Rot-Weiss Essen, und das schon in der nächsten Saison, weil man dann ja auch kein Neuling mehr ist, sondern vor allem ein ambitionierter, potenter Traditionsklub. Der Druck wird nicht weniger.