La Manga. Kaum ein anderer BVB-Profi verkörpert die Dortmunder Erfolgsstory so wie Marcel Schmelzer. Verletzungspech machte dem Nationalverteidiger in der Hinrunde schwer zu schaffen. Dass Erik Durm während seiner Abwesenheit zu einem ernstzunehmenden Konkurrenten heranreifte, beunruhigt “Schmelle“ nicht.

Eigentlich genügt ein Wort: Kniffel. „Früher habe ich das immer mit Nelson Valdez gespielt, aber der ist ja leider nicht mehr dabei“, sagt Marcel Schmelzer. Seine Leidenschaft für das Würfelspiel ist daher etwas abgekühlt, zumindest wenn er sich im Kreise seiner Kollegen Berufsfußballer aufhält. So wie derzeit im Trainingslager von Borussia Dortmund im spanischen La Manga.

Schmelzer weiß auch, dass es aufregendere Freizeitbeschäftigungen gibt als Kniffeln oder mittlerweile ein Kartenspiel. Aber das hat so etwas rührend Entschleunigendes in Zeiten von Spielkonsolen und technischer Dauerberieselung.

Es muss für ihn nicht immer größer, teurer, cooler sein. Er fährt keine grell lackierten Ferraris, er ist alles andere als ein Sprücheklopfer und leistet sich auch ansonsten keine Extravaganzen. Wobei es in diesem exaltierten Showgeschäft Fußball genau genommen fast schon extravagant ist, so zu sein wie er: ehrgeizig, bodenständig, authentisch. Neben Kevin Großkreutz ist er der wohl beste Botschafter für den BVB und die Art, wie er groß geworden ist.

Schmelzer steht wie ein Symbol für den Weg, den Borussia Dortmund unter Trainer Jürgen Klopp eingeschlagen hat: mit Willen von unten nach ganz oben. Klopp beorderte den gebürtigen Magdeburger aus der zweiten Reihe der zweiten Mannschaft zu den Profis. In Klopps erstem Spiel als Trainer der Borussia 2008 in Leverkusen kam Schmelzer für den verletzten Brasilianer Dede ins Spiel. Er verdrängte sein Idol, den Publikumsliebling – und machte über Jahre fast jedes Spiel. Bis zum vergangenen Sommer.

Es war kein gutes zweites Halbjahr 2013. „Das war nicht ideal, weil es wegen der der vielen Verletzungen schwierig war, richtig in den Tritt zu kommen. Sobald ich eine Rückkehr wagen wollte, habe ich mir wieder etwas zugezogen“, sagt er rückblickend. Neun Bundesligaspiele stehen in der Hinrunde zu Buche – und die gehörten nicht zu seinen besten. Diese Kritik lässt er gelten. Schwerer wiegt die, die ihm in der Nationalmannschaft zuteil wurde.

Löw ging ihn an wie keinen anderen

Dort vermisst er noch immer die richtige Wertschätzung. Nach dem 3:3 im Testspiel gegen Paraguay stürzten sich viele Medien wieder auf Schmelzer, den Mann, den selbst der Bundestrainer Joachim Löw mal öffentlich anging wie keinen anderen. „Ich bin mit meinen Länderspielen zufrieden, damit meine ich insbesondere auch das Paraguay-Spiel, nach dem ich aus meiner Sicht zu Unrecht in die Kritik mit einbezogen wurde“, sagt er: „Fachlich war ich an keinem der drei Gegentore beteiligt.“

Schmelzer, der etwas andere Fußball-Profi, griff zum Telefon und rief den Boulevard-Reporter an, der ihn harsch kritisiert hatte. „Ich habe nachgefragt, warum ich in die Fehlerkette einbezogen wurde. Seine Antwort war, dass er es nicht wüsste und sich die Situation dann noch mal anschauen müsste.“ So etwas ärgert ihn: „Wenn in einer Abwehrformation mit mir und anderen Spielern, die wegen ihrer Erfolge vielleicht etwas höher angesehen werden, etwas falsch gemacht wird, muss man aber doch trotzdem bewerten, was passiert ist, und nicht das schwächste Glied für alles verantwortlich machen.“

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In Dortmund will er nun wieder angreifen, sich für die WM im Sommer empfehlen. Schmelzer hat jetzt mit dem Jungspund Erik Durm einen ernst zu nehmenden Konkurrenten auf seiner Position bekommen. Doch die beiden verstehen sich. „Es macht ja keinen Sinn, dass wir, wenn wir es endlich geschafft haben, unsere Mannschaft in der Breite stärker zu machen, unter Konkurrenten um eine Position immer Streit haben oder Neid empfinden“, sagt er. Er meint das auch so. „Früher habe ich Dede um Rat gefragt, jetzt kommt Erik manchmal zu mir. Da merke ich, dass ich keine 21 mehr bin.“ Marcel Schmelzer lacht. Er ist fast 26 Jahre alt. Und Deutscher Meister. Und DFB-Pokalsieger. Und Champions-League-Finalist. Und einer, der gern kniffelt.