Dortmund. Nach der 1:2-Niederlage gegen Frankfurt ist die Enttäuschung bei BVB-Sportdirektor Michael Zorc groß. Er übt deutliche Kritik an den Spielern.
Nein, meint Michael Zorc am Tag danach, Ernüchterung ist nicht ganz das richtige Wort. „Ich war enttäuscht über diesen Auftritt“, sagt der Sportdirektor von Borussia Dortmund im Gespräch mit dieser Redaktion über die 1:2-Niederlage gegen Eintracht Frankfurt. „Wir hätten einen wichtigen Schritt in Richtung Champions-League-Qualifikation machen können, das haben wir verbockt, weil wir nicht gut genug waren.“ Es sei eben kein Spiel gewesen, in dem der BVB einfach nur Pech gehabt und unglücklich verloren habe. „Wenn man die Leistung nicht abruft, die wir erwarten, die die Spieler von sich selbst erwarten und die man in so einem Spiel erwarten muss, ist es enttäuschend“, meint Zorc.
Seine Mannschaft hatte sich gegen Frankfurt das Spiel aufzwingen lassen, dass der Gegner so liebt: wild, rasant, mit schnellem Hin und Her und vielen langen Bällen. Weil die Dortmunder die Bälle zu schnell verloren, weil sie schlampig und unsauber im Passspiel waren, weil sie insgesamt nicht so auftraten, wie man es sich von einem Spitzenteam gespickt mit hochdotierten Stars erwarten würde. Und so stand am Ende die nicht unverdiente Niederlage, weil man den Frankfurter Kontern letztlich zu wenig entgegensetzen konnte. Das Eigentor von Nico Schulz (11.) nach Filip Kostic‘ Flanke konnte der BVB noch durch Mats Hummels egalisieren (45.). André Silvas später Treffer zum 2:1 (87.) dagegen blieb ohne Antwort.
BVB-Sportdirektor Zorc kritisiert seine Spieler: "Es wird zu wenig geleistet"
Und das bedeutet mehr als ein verlorenes Spiel. Es bedeutete, dass der BVB nun sieben Punkte Rückstand auf die Eintracht hat, die auf Platz vier liegt – dem Minimalziel der Dortmunder, weil er noch zum Einzug in die Champions League berechtigt. Doch die Chancen darauf sind nun ebenfalls minimal.
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„Ich bin Realist“, sagt Zorc. „Im Moment stehen wir weit weg von einem Champions-League-Platz und es sind nur noch sieben Spiele zu spielen.“ Natürlich werde man, solange es noch eine Chance auf Platz vier gebe, alles dafür tun. „Aber die Leistungen, die wir aktuell bringen, geben einem nicht das Gefühl, dass wir jedes Spiel bis Saisonende gewinnen“, meint ein desillusionierter Sportdirektor. Und mehr noch: „Die Leistung der meisten unserer Spieler hinkt den eigenen Ansprüchen und unseren Ansprüchen deutlich hinterher. Es wird zu wenig geleistet.“
Der Effekt des Trainerwechsels im Sommer ist zumindest tabellarisch verpufft, und deswegen wird sich auch Zorc fragen lassen müssen, was er falsch gemacht hat – das weiß er selbst: „In der Situation, in der wir uns gerade befinden, müssen sich alle Beteiligten Kritik gefallen lassen und sich der Kritik stellen“, sagt er. „Wir sind nicht da, wo wir hinwollen und haben nicht die Ergebnisse, die wir uns erhofft haben.“
BVB-Sportdirektor Zorc denk noch nicht an den Transfersommer
Wie ihm das den Transfersommer verkompliziert, darüber mag der Sportdirektor noch gar nicht nachdenken. „Der Sommer und mögliche Transfers sind jetzt nicht das Thema. Es geht darum, die Saison möglichst gut abzuschließen und vielleicht noch das kaum Mögliche zu schaffen.“ Klar ist aber, dass dem BVB mindestens 30 Millionen Euro fehlen werden – und ein wichtiger Anreiz, um Spieler zu locken oder zu halten.
Etwa Erling Haaland, dessen Vater Alf-Inge Haaland in der abgelaufenen Woche gemeinsam mit Berater Mino Raiola öffentlichkeitswirksam nach Barcelona und Madrid geflogen war – was den Sky-Experten Dietmar Hamann zu harscher Kritik veranlasst hatte: „Das wichtigste Spiel dieser Saison und sie sind nicht in der Lage, dieses Verhalten anzusprechen, weil man Angst hat, den Spieler zu verärgern. Die Dortmunder sollten sich Gedanken machen, warum ihnen immer die Spieler auf der Nase herumtanzen. Mir fehlt da Führung.“
Haaland-Transfer im Sommer kommt für den BVB nicht in Frage
Zorc lässt zumindest das kalt: „Ich weiß, was unsere Haltung ist und was wir mit Mino Raiola besprochen haben“, sagt er. „Das ist das Wichtige - und nicht, ob ein Berater nach Spanien oder England fliegt. Raiola kann fliegen, wohin er will. Wir können das nicht verbieten, und warum sollten wir auch? Das hat keinen Einfluss auf unsere Leistungen auf dem Platz.“
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Nach Informationen dieser Redaktion hatte die BVB-Führung schon vorher von dem Trip gewusst – und den Haaland-Beratern klar mitgeteilt, dass ein Wechsel in diesem Sommer nicht in Frage kommt. Erst 2022 greift in Haalands Vertrag eine Ausstiegsklausel über rund 75 Millionen Euro.