Duisburg. Inka Grings, die frühere Torjägerin der Nationalmannschaft und des FCR Duisburg sitzt heute als Trainerin auf der Bank des MSV Duisburg, dem Nachfolger des FCR. Im Interview spricht sie über ihre Karriere als Spielerin, ihren Traum von der Männer-Bundesliga und die Entwicklung im Frauenfußball.

Den Weg zu Inka Grings zu finden, ist nicht ganz einfach. Meiderich? Fehlanzeige. MSV-Arena in Wedau? Auch nicht. Das Trainingsgelände der Bundesliga-Fußballerinnen des MSV Duisburg liegt im Ortsteil Mündelheim, ein bisschen versteckt an einer Ausfallstraße. Es ist die alte Heimat des FCR Duisburg, für den Inka Grings mehr als ein Jahrzehnt lang gespielt und hunderte Tore geschossen hat. Nun sitzt sie auf der Terrasse am Klubheim - als Trainerin des alten FCR, der zum MSV geworden ist.

Frau Grings, Sie haben Ihr Leben lang Fußball gespielt, nun sitzen Sie seit zwei Spielen auf der Bank des MSV Duisburg. Zuckt der Fuß noch mit?

Inka Grings: Nein, das habe ich im Griff. Ich habe mir den Schritt ja gut überlegt. Als ich 2013 in die USA gegangen bin und in Chicago gespielt habe, da habe ich begonnen, darüber nachzudenken, was nach dem letzten Schlusspfiff kommen könnte. Trainerin, das ist jetzt meins. Vielleicht liegt es daran, dass ich mich im Fußball so wohl und sicher fühle.

Hand aufs Herz: Würde die junge Trainerin Inka Grings mit der alten Spielerin Inka Grings zurecht kommen?

Grings: Klar. Warum denn nicht? Ich wäre froh, den Typ Inka Grings in meiner Elf zu haben.

Dabei galten Sie nie als pflegeleicht oder angepasst.

Grings: Eben. Was soll daran verkehrt sein? Ich habe als Spielerin immer offen und ehrlich meine Meinung gesagt. Geradeaus gedacht, auch wenn ich damit manchmal bei einem Trainer oder einem Vorstand angeeckt bin. Wenn ich dann der Buhmann war, war ich’s gerne.

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Das soll man glauben? Sie haben auch in der Nationalelf Tore am Fließband gemacht, das Team ist zu ihrer Zeit zweimal Weltmeister geworden, aber Sie waren nicht dabei.

Grings: Moment mal. Ich weiß, dass das oft vermischt wird, aber zwei verpasste Weltmeisterschaften hatten ihre Gründe. 2004 war ich verletzt, das war einfach richtig übles Pech. 2007 war ich nicht in der Lage, die WM zu spielen.

Ihr Vater ist damals gestorben?

Grings: Ja, und das hat mir damals lange den Boden unter den Füßen weggezogen. Ich war in einer richtigen Lebenskrise.

Ihre letzte WM, 2011 im eigenen Land…

Grings: Aus im Viertelfinale. So ist der Fußball.

Inka Grings "wäre gerne, die erste Frau auf der Bank eines deutschen Männerteams" 

Gibt es den Typ Grings den heute noch?

Grings: Er ist selten geworden. Wahrscheinlich ist das eine Generationenfrage. Manchmal finde ich, dass den jungen Spielerinnen heute vieles zu leicht gemacht wird. Wir mussten uns mehr erkämpfen. Heute sind mir eigentlich zu viele Spielerinnen ein bisschen zu lieb, ein bisschen zu zurückhaltend auf dem Platz und in der Kabine.

Das klingt bei Ihnen immer noch so erfolgsorientiert. Was treibt Sie?

Grings: Vielleicht sind es die Eigenschaften, die mich auch als Spielerin ausgezeichnet haben. Ich habe mich auf dem Platz immer reingeworfen, ich konnte meine Mannschaften mitreißen. Jetzt würde ich sagen: Ich will als Trainerin nach oben kommen, so weit es geht.

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Von Thomas Kristaniak und Friedhelm Thelen

Sie coachen einen Frauen-Bundesligisten, viel mehr geht doch gar nicht.

Grings: Ich beklage mich doch nicht, ganz im Gegenteil. Ich bin dem MSV Duisburg total dankbar für meine Chance. Aber man muss sich Raum für Träume lassen.

Und?

Grings: Vielleicht schaffe ich ja irgendwann den Sprung in den Männer-Fußball.

Das trauen Sie sich zu?

Grings: Also bevor jetzt alle sagen, die Grings spinnt, muss ich vorausschicken: Im Moment bin ich sicherlich noch nicht so weit. Aber grundsätzlich sage ich: Warum soll ich mir das nicht zutrauen? Die Zeit ist vielleicht noch nicht reif, ich bin vielleicht noch nicht reif dafür, aber wieso soll das nicht gehen? Das kann mir keiner erzählen, dass das prinzipiell nicht funktionieren kann.

Denn?

Grings: Ich hab’ auf dem Platz alles erlebt, ich war der Held, ich war der Depp. Ich weiß, was Abseits ist, ich weiß, wie man sich als Fußballer fühlt. Das habe ich mir übrigens fest vorgenommen: auf der Bank nie zu vergessen, wie man sich auf dem Feld fühlt. Das Fachwissen habe ich, und mit der Zeit kommt die Erfahrung, die richtige Mischung aus Chef und Kumpel. Nochmal: Jetzt bin ich noch nicht so weit, der MSV ist meine erste Station.

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Ich bin ja nicht größenwahnsinnig. Aber prinzipiell bin ich überzeugt davon, dass wir irgendwann in Deutschland im Fußball die erste Frau auf der Bank eines Männerteams erleben werden. Und die wäre ich gerne.

Und welche Liga trauen Sie sich im Prinzip zu?

Grings: Die Bundesliga. Warum denn nicht, wenn die Zeit irgendwann reif dafür ist?

Im Moment sind Sie sogar in der Frauen-Bundesliga die einzige Trainerin. Das macht nicht gerade Mut, oder?

Grings: Stimmt, es könnten ein paar Trainerinnen mehr sein. Aber auch das ist eine Frage der Entwicklung.

Trotz Niederlagen zum Saisonstart ist Grings in Bezug auf den MSV optimistisch 

Das hört man immer wieder. Vor allem nach der WM 2011, aber auch nach jedem Titel der Nationalelf ist über den großen Schub für die Frauen-Bundesliga gesprochen worden. Wieso ist er nie gekommen?

Grings: Das geht nicht mit einem Schub. Es ist ein Prozess. Die Liga hat einen Namenssponsor, das ist neu. Eurosport überträgt an jedem Spieltag eine Partie live, das ist neu und das ist eine Riesensache. Nur so gewinnt man große Sponsoren. Ich sehe doch auch, dass wir vor niedrigen vierstelligen Kulissen spielen, manchmal vor dreistelligen. Aber die Entwicklung ist da, der Rahmen wird immer größer.

Hilft nur nichts, wenn es in den Vereinen nicht stimmt. Der FCR Duisburg, für den Sie fast 16 Jahre lang gespielt haben, ist untergegangen.

MSV gegen SGS Essen

Saisonstart der 1. Frauen Bundesliga : MSV Duisburg gegen die SGS Essen im PCC Stadion in Duisburg-Homberg. Vor dem Spiel wurde Weltmeisterin Gaelle Thalmann vom MSV geehrtFotos: Stephan Eickershoff / WAZ FotoPool
Saisonstart der 1. Frauen Bundesliga : MSV Duisburg gegen die SGS Essen im PCC Stadion in Duisburg-Homberg. Vor dem Spiel wurde Weltmeisterin Gaelle Thalmann vom MSV geehrtFotos: Stephan Eickershoff / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
Auch die Essener Weltmeister-Spielerinnen wurden geehrt.
Auch die Essener Weltmeister-Spielerinnen wurden geehrt. © WAZ FotoPool
vorne v.l.: Julia Debitzki (MSV) gegen Lea Schüller (Essen)
vorne v.l.: Julia Debitzki (MSV) gegen Lea Schüller (Essen) © WAZ FotoPool
MSV Torwart Gaelle Thalmann in Aktion
MSV Torwart Gaelle Thalmann in Aktion © WAZ FotoPool
Jubel der Essenerinnen zum 0:1
Jubel der Essenerinnen zum 0:1 © WAZ FotoPool
Im Foto r.: Jennifer Oster (MSV)
Im Foto r.: Jennifer Oster (MSV) © WAZ FotoPool
Im Foto v.l.: Geldona Morina (MSV) gegen Lea Schüller (MSV)Foto: Stephan Eickershoff / WAZ FotoPool
Im Foto v.l.: Geldona Morina (MSV) gegen Lea Schüller (MSV)Foto: Stephan Eickershoff / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
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MSV Trainerin Inka Grings
MSV Trainerin Inka Grings © WAZ FotoPool
Foto l.: Sofia Nati (MSV)
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Foto Mitte: Rahel Kiwic (MSV)
Foto Mitte: Rahel Kiwic (MSV) © WAZ FotoPool
MSV Torhüterin Gaelle Thalmann in Aktion
MSV Torhüterin Gaelle Thalmann in Aktion © WAZ FotoPool
Foto r. Lucie Vonkova (MSV)
Foto r. Lucie Vonkova (MSV) © WAZ FotoPool
Jennifer Oster (MSV)l
Jennifer Oster (MSV)l © WAZ FotoPool
Foto v.l.: Jennifer Oster (MSV) und Trainerin Inka Grings
Foto v.l.: Jennifer Oster (MSV) und Trainerin Inka Grings © WAZ FotoPool
MSV Trainerin Inka Grings
MSV Trainerin Inka Grings © WAZ FotoPool
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Foto r. Jacome Silva (MSV)
Foto r. Jacome Silva (MSV) © WAZ FotoPool
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MSV Trainerin Inka Grings
MSV Trainerin Inka Grings © WAZ FotoPool
Foto v.l.: Torhüterin Lisa Weiß (Essen) und Jennifer Oster beim Ausgleich zum 1:1
Foto v.l.: Torhüterin Lisa Weiß (Essen) und Jennifer Oster beim Ausgleich zum 1:1 © WAZ FotoPool
Jennifer Oster jubelt über den  Ausgleich zum 1:1
Jennifer Oster jubelt über den Ausgleich zum 1:1 © WAZ FotoPool
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Foto v.l.: Dominique Janssen (Essen) gegen Jacome Silva und Jennifer Oster (MSV)
Foto v.l.: Dominique Janssen (Essen) gegen Jacome Silva und Jennifer Oster (MSV) © WAZ FotoPool
Dominique Janssen (Essen)
Dominique Janssen (Essen) © WAZ FotoPool
Foto l.: Geldona Morina (MSV)
Foto l.: Geldona Morina (MSV) © WAZ FotoPool
MSV Trainerin Inka Grings
MSV Trainerin Inka Grings © WAZ FotoPool
Foto v.l.: Lea Schüller (Essen) gegen Jacome Silva (MSV)l
Foto v.l.: Lea Schüller (Essen) gegen Jacome Silva (MSV)l © WAZ FotoPool
Carole da Silva Costa beim Kopfball
Carole da Silva Costa beim Kopfball © WAZ FotoPool
Foto  v.l.:  Jacome Silva (MSV) , Jacqueline Klasen (Essen) und Jennifer Oster (MSV)
Foto v.l.: Jacome Silva (MSV) , Jacqueline Klasen (Essen) und Jennifer Oster (MSV) © WAZ FotoPool
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Die Mauer des MSV hält
Die Mauer des MSV hält © WAZ FotoPool
Foto vorne v.l.: Henrike Sahlmann (Essen) gegen Jacome Silva (MSV)
Foto vorne v.l.: Henrike Sahlmann (Essen) gegen Jacome Silva (MSV) © WAZ FotoPool
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Grings: Er ist im MSV Duisburg aufgegangen. Und dafür können wir alle nur dankbar sein. Die Saison ist durchfinanziert, wir haben die Mannschaft verstärken können, alles kein Vergleich mehr zum letzten Jahr.

Trotzdem sind Sie mit zwei Niederlagen gestartet…

Grings: Ich will einen anderen Fußball sehen als im Vorjahr. Mutiger, offensiver. Das geht nicht von heute auf morgen. Aber der MSV hat viel für uns getan, das wollen wir jetzt zurück geben.